Das Münchener Annstlerhaus.
U
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523. Münchener Aünstlerhaus; Gesellschaftsraum („Lenbachzimmer"). Architekt Gabr. Seidl.
Den maßgeblichen Ton des großen Saales
schlägt zweifellos das eigenartig leuchtende, leicht
goldige Roth jener imitirten Gobelins an, die uns wohl
eine in's Wärchenhafte umgearbeitete Legende von
der h. Jungfrau mit dein Einhorn erzählen, wenn
wir sie nicht mit Seidl als symbolische Darstellungen
von Stärke und Schönheit betrachten wollen. Reiz-
voll wie der jedenfalls etwas räthfelhafte Inhalt
ist auch der Gesammtton, und die zierlich-steifen
Bewegungen des burgundischen Edelfräuleins mit
ihrer gehorsamen Thierwelt auf dem kleinen Wiesen-
plane, stimmen uns so sympathisch in einer Zeit, in
der wieder einmal die romantische Sehnsucht ganz
leise erwachte.
Der Plafond ist lichtgrau gefärbt und durch
die weißen Sterne und Rosetten in den Aasseiten
wird die höhe der Wölbung und die weihevolle
Stimmung des ganzen Saales verstärkt.
Die etwas schwere Wirkung der Gallerie an
der Längswand wird durch die tieferliegende,
schmälere, welche die Fenster der Schmalseite über-
schncidet, auch durch den reizvollen, balkonartigen
Aufgang fast ausgeglichen. (Vergl. Tafel \0.)
Ueberdies ist ja der Saal, das sagt das voll-
harmonische Ganze mit all seinen Einzelheiten, nicht
für ausgelasfene Lustbarkeiten geschaffen; nein, eine
gewisse maßvolle Freude spricht sich in dein Saale
aus. Es ist mehr festlich daherschreitender Thor als
lustiger Tanz. Ein Possenspiel ist hier unmöglich,
das hat inan am ersten Tage gefühlt, als nach dem
Festspiel lisch ein Narrenstück aufgeführt werden
sollte. Das kommt eben von der feierlichen, leicht
retardirenden Stimrnung. Aufsteigende Linien fehlen
ja fast ganz. Ueberall tritt die horizontale hervor,
wenigstens wird diese weit seltener unterbrochen als
die Vertikalen, z. B. bei der reichen Umfassung der
Eingangsthür, beim Gebälk des Triumpsbogens,
und bei den Flächen zwischen den hohen Fenstern.
Beachtenswerth ist besonders hier, wie Seidl die
beiden Räume gegenseitig zum Gesammtausdruck
eines Gedankens kommen läßt. Der kleinere Raum
wirkt bei Tageslicht wie bei künstlicher Beleuchtung
immer ruhiger, konzentrirend, der andere weiter, ver-
breitend. Zn beiden ist mit der Lichtwirkung auf's
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523. Münchener Aünstlerhaus; Gesellschaftsraum („Lenbachzimmer"). Architekt Gabr. Seidl.
Den maßgeblichen Ton des großen Saales
schlägt zweifellos das eigenartig leuchtende, leicht
goldige Roth jener imitirten Gobelins an, die uns wohl
eine in's Wärchenhafte umgearbeitete Legende von
der h. Jungfrau mit dein Einhorn erzählen, wenn
wir sie nicht mit Seidl als symbolische Darstellungen
von Stärke und Schönheit betrachten wollen. Reiz-
voll wie der jedenfalls etwas räthfelhafte Inhalt
ist auch der Gesammtton, und die zierlich-steifen
Bewegungen des burgundischen Edelfräuleins mit
ihrer gehorsamen Thierwelt auf dem kleinen Wiesen-
plane, stimmen uns so sympathisch in einer Zeit, in
der wieder einmal die romantische Sehnsucht ganz
leise erwachte.
Der Plafond ist lichtgrau gefärbt und durch
die weißen Sterne und Rosetten in den Aasseiten
wird die höhe der Wölbung und die weihevolle
Stimmung des ganzen Saales verstärkt.
Die etwas schwere Wirkung der Gallerie an
der Längswand wird durch die tieferliegende,
schmälere, welche die Fenster der Schmalseite über-
schncidet, auch durch den reizvollen, balkonartigen
Aufgang fast ausgeglichen. (Vergl. Tafel \0.)
Ueberdies ist ja der Saal, das sagt das voll-
harmonische Ganze mit all seinen Einzelheiten, nicht
für ausgelasfene Lustbarkeiten geschaffen; nein, eine
gewisse maßvolle Freude spricht sich in dein Saale
aus. Es ist mehr festlich daherschreitender Thor als
lustiger Tanz. Ein Possenspiel ist hier unmöglich,
das hat inan am ersten Tage gefühlt, als nach dem
Festspiel lisch ein Narrenstück aufgeführt werden
sollte. Das kommt eben von der feierlichen, leicht
retardirenden Stimrnung. Aufsteigende Linien fehlen
ja fast ganz. Ueberall tritt die horizontale hervor,
wenigstens wird diese weit seltener unterbrochen als
die Vertikalen, z. B. bei der reichen Umfassung der
Eingangsthür, beim Gebälk des Triumpsbogens,
und bei den Flächen zwischen den hohen Fenstern.
Beachtenswerth ist besonders hier, wie Seidl die
beiden Räume gegenseitig zum Gesammtausdruck
eines Gedankens kommen läßt. Der kleinere Raum
wirkt bei Tageslicht wie bei künstlicher Beleuchtung
immer ruhiger, konzentrirend, der andere weiter, ver-
breitend. Zn beiden ist mit der Lichtwirkung auf's