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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 50.1899-1900

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Zimmermann, Ernst: Das Kaiser Wilhelm-Museum in Krefeld
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https://doi.org/10.11588/diglit.7134#0364

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Das Kaiser Wilhelm-Museum in Krefeld.

aber auch Zentren des gesummten künstlerischen
Lebens der Vrte, denen sie angehören.

Das Ideal eines solchen Museums wird jedem
Vorurtheilslofen unanfechtbar erscheinen. Es ent-
spricht zu sehr dem gesunden Menschenverstand und
dem thatsächlichen Bedürfniß. Die Durchführung
desselben jedoch ist schwierig. Mo schon getrennte
Museen für hohe und dekorative Kunst vorhanden,
ist eine Wiedervereinigung derselben vor der pand
nicht zu erwarten. Kein Museumsdirektor wird aus
Idealismus zu Gunsten seines Kollegen beruflich
Selbstmord begehen, die getrennten Gebäude wird
selbst Amerika, trotz seiner entwickelten Technik,
noch nicht aneinanderschieben können. Für die
Lehrthätigkeit fehlen überall die nöthigen Kräfte,
da die vorhandenen bisher gerade eben für die Ver-
waltung, Vermehrung und wissenschaftliche Be-
arbeitung der betreffenden Anstalten ausreichen. Ts
gibt daher in Deutschland bis jetzt eigentlich nur
ein größeres Museum, wo letztere Aufgabe, das
Publikum und den Künstler heranzubilden, in be-

friedigender Weise gelöst wird:
die Hamburger Kunsthalle, an
der Direktor Lichtwark in der
That diese neue Phase der Ent-
wicklung in glänzender Weise
eingeleitet hat.

Nur wo der Boden in dieser
Beziehung noch jungfräulich rein
ist, wo keine lange lokale Mu-
seumsgeschichte neuen Bestre-
bungen zum Hemmschuh wird,
kann sich das moderne Ideal
annähernd in seinem ganzen
Ilmsange erreichen lassen. Tin
solcher Fall liegt in der That
in Krefeld vor, in dein dortigen
Kaiser Wilhelm-Museum, über
dessen bisherige noch nicht drei
Jahre umfassende Entwicklung
unter der Leitung seines that-
kräftigen Direktors Fr. Deneken
jetzt ein sehr belehrender und
hoffentlich zu vielfacher Nach-
ahmung anspornender Bericht
vorliegtD) Die niederrheinische
Industriestadt war allerdings für
ein solches Experiment ein ganz
besonders geeigneter Boden. Der
Krefelder liebt wie wenig andere
feine Staöt, ist stolz auf dieselbe,
die er fast ganz allein aus eigener
Kraft geschaffen hat; er scheut
daher keine Gpfer, wo es gilt, sie weiter zu entwickeln,
und er weiß, was die Kunst ihm und seiner Industrie
bedeutet. Tie ist hier nicht nur eine Tache des Luxus,
vielmehr eigentliches Lebenselement dieser von Kunst-
industrie lebenden Bevölkerung und ihre Unterstützung
daher eine patriotische That, von der man sich nicht
bloß ideelle Früchte verspricht. Auch waren hier die
Vorarbeiten für Begründung eines Museums im
modernen Tinne, die vor Allem den: Krefelder Mu-
seumsverein zu verdanken sind, so günstig wie möglich.
Das spezielle Berufsinteresse der Großindustriellen für
kunstgewerbliche Erzeugnisse, das allgemein mensch-
liche des großen Publikums für Werke der hohen
Kunst hatte hier schon eine Verschmelzung aller Theile
herbeigeführt, die anderswo noch erst mit vieler
Mühe zu erstreben gewesen wäre. Auf dieser Grundlage

l) Erster Bericht des städtischen Kaiser Wilhelm-Museums
in Krefeld. Ueber den Zeitraum von der Eröffnung des Museums
am 6. November ;8Y7 bis zum 2;. März dem Kura-

torium erstattet von Direktor Dr. Fr. Deneken. Mit neun Licht-
drucktafeln und einer Textabbildung. Krefeld >8JJ.

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