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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 50.1899-1900

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Die Goldschmiedekunst auf der Weltausstellung Paris 1900
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Die Goldschmiedekunst auf der Weltausstellung Paris ;yoo.

Fassung von Gallegläsern auf falscher Fährte nach
einem neuen Stil ist; einige Bijoux können trotz
aller Zuthaten von Gmail die ausländischen nicht
erreichen, denen sie offenbar nacheisern. Gin wahres
Wohlbehagen empfindet man über die Arbeiten
Rothmüllers, München, die selbständig, ohne
Anlehnung an fremdländische Vorbilder sind und
von Ideen sprudeln; wie arm nehmen sich dagegen
die früheren Versuche des Berliners pirzel aus,
die auch nach Paris einen vereinigten Weg gefunden,
wohl deßhalb, weil sie bisher nicht verkauft wurden.
An Goldschmiedearbeiten ist Hermeling in Köln
den Münchenern ain nächsten verwandt; er hat vor-
züglich ziselirte und montirte Tafelaufsätze und
Kandelaber, sowie stauneuswerthe Gmails gebracht;
auch die Karlsruher Schule von Prof. Gotz ist
zahlreich und gut vertreten mit einer Reihe von
Pokalen. Föhr von Stuttgart füllt mit einigen
zifelirten vergoldeten Services und Anderem feinen
Raum sehr respektabel aus. Gin großer Schrank,
halb nach dem Kabinet, halb nach der Passage auf
der Galerie sehend, birgt die Arbeiten der Münchener.
Pier sind von parrach zwei große Armleuchter,
eine vorzügliche Tiselir-Silbcrarbeit, ein Tafelaufsatz
in Schiffform und der große Pokal der Georgi-
Ritter — Arbeiten, die den Besitzern der früheren
Jahrgänge dieser Zeitschrift wohlbekannt sind.

Steinicken und Lohr sind, außer durch einen
von Wade re modellierten Tafelaufsatz, noch durch
ein gutes (in peftVIII, S. 278 ff. abgebildetes) Thec-
fervice in moderner, praktischer Art vertreten. Von
petzold ist das reizende Figürchen ausgestellt, das
der Kunstgewerbe-Verein dem Regenten seiner Zeit
zum Geschenk gemacht hat. Winter Halter hat
den Münchener Rathhausbecher ausgestellt, eine vor-
zügliche Arbeit, und wäre auch dessen Weinbehälter
von Thicago ebenso gern wieder gesehen worden,
wie der prächtige Globus von Prof. Wied emann,
der für Schürmann (Frankfurt a.M.) gefertigt wurde.
Der letztere hat selbst auch sehr gute andere Sachen
gebracht; doch ist er nicht mehr so in's Zeug gegangen,
wie bei früheren Ausstellungen. Bei den Münchenern
finden wir noch gute Arbeiten von Gbert und
Alois Müller und einige fein ausgeführte Aufsätze
von Strobl, sowie die prächtig zifelirten Schließen
von Thallina'pr, schließlich von pei den die
Pettenkoferplatte, Weiukrug und Sektschale, sowie die
große prunkschüsfel von Pupp lSchleißheim).

Prof. Fritz v. Miller hat feine köstlichen
Arbeiten auf Wunsch Prof. Gabriel Seidl's in dessen
Raum parterre untergebracht, wo sie lange Zeit
dein großen Publikum entzogen waren, da der Raum
an starkbefuchten Tagen abgesperrt werden mußte;

566 u. 567. (pariser Ausstellung.) von Bildhauer
G. Riegelmann, Lharlottenburg.

jetzt ist er geöffnet, und verständige Besucher ent-
decken hier gewissermaßen einen Schatz deutscher
Goldschmiedekunst. In diesem Raum steht auch
„der Gral" von p ei den inr richtigen Licht, und
möchte man solch ein „grünes Gewölbe" am liebsten
über die Gesammtgoldschmiede-Ausstellung gespannt
wissen; jedoch im parterre fehlt der Rauin, es birgt
nur im Mittel den großen, eisernen Adler und
eine freie Palle nrit einigen Bänken, auf die sich die
Besucher niederlassen nrit dem Ausruf der Befriedi-
gung über die vornehme Architektur, und daß es end-
lich hier wenig zu sehen gibt; denn die Kabinette mit
den Möbeln liegen weit weg und wirken auch wieder
wie Repräsentationsräume. Davor stehen noch die
zwei großen Gbenholzschreine mit reichster Silber-
montirung nach Entwurf von Prof. Götz, Karls-
ruhe, vorzügliche, umfangreiche Arbeiten aus den
80 er Jahren.

Wie viel eine schöne Arbeit durch den Unrechten
Platz verlieren kann, beweist die silberne Zimmer-
fontaine von Bruckmann in Peilbronn. Sie steht
an sich vorzüglich auf der Galerie, aber sie wirkt nicht;
in der Mitte von Bronzen aufgestellt, erkennt nur der
Gingeweihte das (Opfer von über .(00000 Mark,
das hier der Verfertiger und das Reich gebracht
haben; jede andere Nation hätte dieses Stück an die
Passage gestellt, daß sich das Publikum davor staut;
doch hier haben wir gut Platz — im parterre drunten
zu sehen, wie da eine Vitrine mit blauen Türkisen,
welche eine amerikanische Minengefellfchaft ausgestellt
hat, von einer staunenden Menge belagert wird.
Bruckmann hat noch einen besonderen Schrank mit

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