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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 50.1899-1900

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Braun, Irene: Alte und neue Stickereien
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https://doi.org/10.11588/diglit.7134#0426

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Alte und neue Stickereien.

SSS u. 657. Aelchdeckchen; roth auf weißem Leinen gestickt. (70 der wirkl. Gr.)

Aettenstich (Tambourstich) ausgeführt. Dieser stellt
eine Art bsäkelstich auf Stoff dar, welcher aus fort-
laufenden Linien Flächen bildet; die meisten nrodernen
Stickmaschinen arbeiten mit solchen Aettenstichlinien.
Sehr eigenthümlich ist eine indische Technik zur Ver-
zierung von Gewändern, welche winzige Stückchen
Spiegelglas auf Seide feststickt, die bei jeder Be-
wegung im Licht wie Brillanten blitzen.

Die breitestei: und prächtigsten Wirkungen er-
zielt die Applikationsarbeit, hierbei werden
die Formen, oft in zieinlich großen: Format aus
Sammt, Seide, Damast, Brokat geschnitten, von
rückwärts mit feinem Seidenpapier unterklebt, um
ihnen mehr Halt zu verleihen, dann dem im Stick-
rahmen festgespannten Stoff aufgeheftet und ringsum
fein angenäht. Die Ränder werden mit einer Seide-
oder Goldschnur, oder auch mit einer Reihe
von Stichen umgeben, was den Ansatz ver-
deckt und die einzelnen Formen noch stärker,
reliefartig hervortreten läßt. Im Atelier
von Frau Schiffmann, München, werden
aus Restchen von alten Bauernmiedern,
Dauben, Aelchdecken die schönsten Stickereien
im Stil der italienischen Renaissance her-
gestellt. Gin besonders schönes Stück reichster
Applikationsarbeit in Verbindung mit Seide-
stickerei zeigt Abb. 665. Die Ornamente
sind theilweise hoch unterlegt und mit Brokat-
stoff überzogen, theils in Atlasstich mit
glänzender Seide überstickt. Diese Technik
ist ebenfalls in der Barockzeit bis an die
Grenzen der Möglichkeit übertrieben worden;
es gibt Airchenstickereien, wobei die Figuren
als Hochreliefs aus einer Art Brodteig ic.
geknetet, auf eine feste Unterlage geleimt und
mit Stoff überzogen find, die Gesichter aus
Wachs oder X70I3 geformt. Auch das ist ab-
gethan; dürfen wir wagen zu behaupten:
Für immer? Läßt sich über Geschmacks-
richtungen irgend etwas Voraussagen?

Gottfried Semper stiinmt in dem Aapitel
über die moderne Stickerei ein Alagelied an,

658. Deckchen aus grober ungebleichter Leinwand, mit grüner Seide
bestickt; in dem untern Deckchen sind die Eicheln und Vierecke mit Gold-
fäden uberstickt. 0/6 der wirkl. Gr.)
 
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