Die Sommerausstellung des bayerischen AunstgewerbevereinS.
treibarbeit; hier scheint jede Er-
innerung an die prächtigen Arbeiten
früherer Jahrhunderte begraben zu
sein. Was H. E. v. Berlepsch,
Wilhelm und Lind, Steinicken
öc Lohr u. A. aus dem unendlichen
Schatz der Natur hervorgeholt und der
dekorativen Kunst theils mittelst der
eigenen Hand, theils durch Zuhilfe-
nahme Anderer — Win hart & Co.,
Theod. Holländer — dienstbar ge-
macht haben, steht formal in so
schroffem Gegensatz zu allem Früheren
und ist doch so durchaus dem Material
angemessen, daß man wohl auf ein
schließliches Gelingen der schwierigen
Aufgabe hoffen darf, nämlich: all-
mählich allen Gebieten des Kunst-
handwerks den Formenreichthum der
Natur zu freier, aber gleichwohl
wesensverwandten Verwerthung zuzu-
führen.
Zahlreiche schöne Ansätze dazu
zeigen sich auch im Bereich des Zinns
und seiner veredelten Abarten — Kayser-
Zinn, Grivit ic. —; namentlich die
Vertreter des letzteren — E. Kayser,
Köln, W. Scherf & Co., Nürnberg,
F H. Schmitz, Ehrenseld-Köln —
dann aber auch Jos. Schmeidl,
Z. Reinemann und L. Lichtinger
zeigen, daß die von Karl Groß ge-
gebenen Anregungen auf fruchtbaren
Boden gefallen sind. Doch lehnen sich
die zuletzt Genannten noch vielfach mit
alter Treue an die bewährten stilistischen
Ueberlieferungen an, und L. Mory
hält sogar an der derben Gravir- und
Treibarbeit nnd an dem damit zu-
sammenhängenden einfach - schlichten
Grnamentcharakter fest.
Unter den Messinggeräthen sind
als besonders reizvoll die Leuchter von I. Lassen
zu nennen.
Eine sehr reiche Auswahl an Ausstellungs-
gegenständen bietet das Schmiedeeisen geräth;
außer den Blumenständern besteht es hauptsächlich
aus den unendlich variirten Leuchtern, Lampen,
Lüstern, die den verschiedenen Münchener Werkstätten
entstammen; auch hier herrscht, wie dein: Kupfer,
fast ausschließlich der „moderne Gedanke", dem in
Betreff seiner Hinneigung zur „Linie an sich" durch
das Rohmaterial, die Eisenstäbe, besonders ge-
<565. Bruchstück eines Autepeudiums, in Gold und Farbe gestickt; in ve»
biuduug mit Applikatiousarbeit; französisch (P), um (670. (*/,, der wirk!. Gr.)
Im Besitz von Frau I. Speugel.
schmeichelt wird. Es besteht darum hier die größte
Freiheit und Beweglichkeit in der Linienführung,
während anderseits auch vielfach eine fast hölzerne
Steifigkeit an Stelle der den: Metall entsprechenden
elastischen Biegsamkeit getreten ist; bei schweren
Blumenständern mögen solche geradlinigen Eisen-
stangen am Platze sein, — bei leichten Handleuchtern
sind mäßig bewegte Linien vorzuziehen.
Alles in Allem beweist die Ausstellung, daß
der Bayerische Kunstgewerbeverein über tüchtige
Kräfte verfügt, und daß seine Leistungen auch ohne
Kunst und Handwerk. 50. Iahrg. Heft \2.
397
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treibarbeit; hier scheint jede Er-
innerung an die prächtigen Arbeiten
früherer Jahrhunderte begraben zu
sein. Was H. E. v. Berlepsch,
Wilhelm und Lind, Steinicken
öc Lohr u. A. aus dem unendlichen
Schatz der Natur hervorgeholt und der
dekorativen Kunst theils mittelst der
eigenen Hand, theils durch Zuhilfe-
nahme Anderer — Win hart & Co.,
Theod. Holländer — dienstbar ge-
macht haben, steht formal in so
schroffem Gegensatz zu allem Früheren
und ist doch so durchaus dem Material
angemessen, daß man wohl auf ein
schließliches Gelingen der schwierigen
Aufgabe hoffen darf, nämlich: all-
mählich allen Gebieten des Kunst-
handwerks den Formenreichthum der
Natur zu freier, aber gleichwohl
wesensverwandten Verwerthung zuzu-
führen.
Zahlreiche schöne Ansätze dazu
zeigen sich auch im Bereich des Zinns
und seiner veredelten Abarten — Kayser-
Zinn, Grivit ic. —; namentlich die
Vertreter des letzteren — E. Kayser,
Köln, W. Scherf & Co., Nürnberg,
F H. Schmitz, Ehrenseld-Köln —
dann aber auch Jos. Schmeidl,
Z. Reinemann und L. Lichtinger
zeigen, daß die von Karl Groß ge-
gebenen Anregungen auf fruchtbaren
Boden gefallen sind. Doch lehnen sich
die zuletzt Genannten noch vielfach mit
alter Treue an die bewährten stilistischen
Ueberlieferungen an, und L. Mory
hält sogar an der derben Gravir- und
Treibarbeit nnd an dem damit zu-
sammenhängenden einfach - schlichten
Grnamentcharakter fest.
Unter den Messinggeräthen sind
als besonders reizvoll die Leuchter von I. Lassen
zu nennen.
Eine sehr reiche Auswahl an Ausstellungs-
gegenständen bietet das Schmiedeeisen geräth;
außer den Blumenständern besteht es hauptsächlich
aus den unendlich variirten Leuchtern, Lampen,
Lüstern, die den verschiedenen Münchener Werkstätten
entstammen; auch hier herrscht, wie dein: Kupfer,
fast ausschließlich der „moderne Gedanke", dem in
Betreff seiner Hinneigung zur „Linie an sich" durch
das Rohmaterial, die Eisenstäbe, besonders ge-
<565. Bruchstück eines Autepeudiums, in Gold und Farbe gestickt; in ve»
biuduug mit Applikatiousarbeit; französisch (P), um (670. (*/,, der wirk!. Gr.)
Im Besitz von Frau I. Speugel.
schmeichelt wird. Es besteht darum hier die größte
Freiheit und Beweglichkeit in der Linienführung,
während anderseits auch vielfach eine fast hölzerne
Steifigkeit an Stelle der den: Metall entsprechenden
elastischen Biegsamkeit getreten ist; bei schweren
Blumenständern mögen solche geradlinigen Eisen-
stangen am Platze sein, — bei leichten Handleuchtern
sind mäßig bewegte Linien vorzuziehen.
Alles in Allem beweist die Ausstellung, daß
der Bayerische Kunstgewerbeverein über tüchtige
Kräfte verfügt, und daß seine Leistungen auch ohne
Kunst und Handwerk. 50. Iahrg. Heft \2.
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