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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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KunstuntLrricht und Kttustpftege, — Sammluugeu uud Allsstellungen.

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Dü's reichhaltige Buch wird ohne Zweifel ebenso sehr in Fach-
Äeisen wie außerhulb derselben lebhaftes Jnteresse finden.

Die mnr deutsche Prachtausgabe ber Gedichte Michel-
angelo's, Mf deren bevorstehendes Erscheinen wir bereits
während der Vorbereitungen zur Jubelfeier des Meisters
kMwi'Lsen, hat in diesen Tagen die Presse verlassen. Der
ulE 400 Seiteir starke Großoktavband enthält den Guasti'-
N)en Text der Gedichte mit danebenstehender deutscher Ueber-
setzung von Fratt Sophie Hasenclever, nebst einleitenden
Bemerkungen von Max Jordan, einem Verzeichitiß der
VersanMtge des Originals und kurzen erläuternden An-
merkÄNgen zu den Gedichten. Der bei W. Drugulin in
'Loiyzig besorgte Druck (auf starkem Holländischem Papier)
N mit Randleisten und Jnitialen von den berühmtesten Or-
namentisten atts der Zeit Michelangelo's, einem Virgil
Solis, Peter Flötner u, A. in Nachschnitten von Flegel
ausgcstnttet. Die Verlagshandlung von Alphons Dürr in
LeipZtg hat mit diesem Werke den Ruhmesspenden, welche
Deutschland dem großen Florentiner darbrachte, eine werth-
Bolle Gabe hinzugefügt und sich die Freunde gediegen und
schön ansgestatteter Literatur auf's Neue zu wärmstem Dank
verpflichtet.

^ Von Alfred Woltmann ist soeben im Verlage von
E. A. Seeuiann in Leipzig eine „Geschichte derdeut-
schen Kunst im Elsaß" erschienen. Eine Reihe von Auf-
sätzen, welche sür diese Zeitschrift geschrieben waren, bildeten
Die Vorläufer des Werkes, welches indessen kein Wieder-
«'odruck derselben, sondern eine neue Arbeit aus Einem Gusse
ist-, an Stelle der topographischen Schilderungen ist die ge-
schichtliche Behandlung Fgetreten, Die romanische und die
gothische Architektur mit ihrer Fülle eigenthümlicher Denk-
mäler, in deren Mitte das Strastburger Münster steht, die
dekorative Plastik, welche sich an die Baukunst lehnt, die Mi-
lüiaturmalerei, und zwar namentlich der 1870 verbrannte
„Lustgarten" der Herrad von Landsperg bilden den Jnhalt
der ersten Kapitel, Seit dem Schlusse des Mittelalters tritt
danu wesentlich die Malerei in den Vordergrund; Meister
wie Schongauer, Matthias Grünewald, Hans Baldung Grien
werden ausführlich behandelt, ein besonders interessantes
Kapitel ist das über den Straßburger Holzschnitt, welches
Vie Kunst ini engen Zusammenhange mit der Literatur und
dem geistigen Leben zeigt, Die Darstellung der Renaissance
umcht den Beschluß, Ein kurzer Nachtrag enthält u. A. den
archivalischen Nachweis eines Meisters Heinrich Wehelin, in
welchem Woltmann den Urheber des frühgothischen Lang-
lhauses des Straßburger Münsters erkennt, dann Auszüge
Äber die Familie Meister Erwin's aus dem Wohlthäterbuche
des Münsterarchivs. Diese Publikation ist der von Kraus
in dicsen Blättern gleichzeitig, aber Woltmann kommt mehr-
sach zu anderen Schlüssen. Zu den Holzschnitten, welche
bereits in der Zeitschrift erschienen waren, sind mehrere neue
hinzugekommen, und zwar ganz vortreffliche, wie das Portal
von Neuweiler, die Zeichnungen von Hans Baldung in der
Albertina, eine davon als Clairobscur, Woltmann macht in
der Vorrede auf das angekündigte, mit Staatsunterstützung
vorbercitete Jnventarium der Kunstdenkmäler von Elsast-
Lothringen von Kraus aufmerksam, dcssen Anfang demnächst
erscheinen soll, nnd meint, daß wenn jedes der beiden Bücher,
Licses wie das seinige, seinem Zweck entspricht, keines das
andere überflüssig machen wird. Mit vollem Necht, Das
Woltmann'sche Buch behandelt den speciellen Gegenstand
so, daß er sich der allgemeinen Kunstgeschichte organisch ein-
fügt, und der Autor wußte eine Form der Darsteltung zu
sinden, die auch außer den Fachleuten noch viele Leserkreise
herauziehen wird.

kunstmitenlcht und kuustpfleye.

Die Vorträge über Geschichte der Kunst und des Kunft-
gewcrbes an der kgl, Kunstschule zu Nürnberg sind durch
kgl, b, Ministerial-Entschließung dem Kustos des dortigen
bayerischen Gewerbemuseums vr, O. v, Schorn übertrngen
worden,

Aus Bonn wird der Köln. Zeitg, geschrieben: „Am
19, Oktober wurde durch den Ober-Präsidenten der Rhein-
provinz, Herrn vr. v, Bardeleben, im Arndthause hierselbst
die wissenschaftliche Kommission eingesetzt, welche den beiden
zu Bonn und Trier begründeten Provinzial-Museen

beigegeben ist, Dieselbe besteht nuninehr aus dem Vorfitzen-
den Wirklichen Geheimenrath l)r, v, Dechen, den Profesforen
Bücheler, R. Kekulo, Andreas Müller (Düsfeldorf), Schaasf-
hausen und den Herren Advokat-Anwalt Bettingen, l)r,
Ladner lbeide für Trier) und Bau-Jnspektor Pflaume (Köln).
An Stelle des wegen seiner Versetzung nicht eingetretenen
Prof, v, Sybel steht dem Ministerium eine weitere Ernen-
Nung zur Vertretung der Geschichte zu, Sobald die Kom-
mission das Verwaltungsstatut fertig gestellt haben wird,
sollen sofort die beiden Museums-Direktoren ernannt werden,
Daß dazu die Herren Ernst aus'm Weerth und v. Cohausen
in Aussicht genommen und nach ihrer Bereitwilligkeit be-
fragt sind, ist bereits bekannt, Hoffentlich nehmen dieselben
die ihnen zugedachten Stellen nn und schaffen den zerstreuten
und vielfach nutzlos nebeneinander lausenden Bestrebungen
durch planvolles Handinhandgehen eine wohlthätige Konzen-
tration, Wäre das nach den Freiheitskriegen vom Staats-
kanzler Hardenberg schon einmal dekretirte Rheinische Pro-
vinzial-Museum jemals zur That geworden, hätten vielleicht
Hunderte von Kunstwerken vor der Auswanderung in's Aus-
land gerettet werden können. Aber auch jetzt ist es nicht zu
spät, 'Zufluchtsstätten für die außerhalb des Bereichs der
wenigen bisherigen rheinischen Stadt-Museen vagabundirenden
Alterthümer und vorkommenden Funde zu schasfen,"

Lammlmlgen nnd Ausstellungen.

^ Sellcny-Ausstellung. Zur Erinnerung an den am
22, Mai d, I. im Jrrenhause verstorbenen ausgezeichneten
Wiener Landschaftsmaler Josef Selleny sindet gegenwärtig
im Wiener Künstlerhause eine Ausstellung seiner Werke statt,
welche am 15. d. M, eröffnet wurde, Dieselbe umfaßt gegen
600 Nummern (darunter die Skizzen von der „Novara"-
Reise), theils große Oelbilder, theils Kartons und Aquarelle.
Selten wol ist es bisher möglich geworden, eine so zahlreiche
wie hochinteressante Sammlung von Werken eines Zeitge-
nofsen zur Schaustellung zu bringen und den Freunden der
Kunst und Wissenschaft gleichzeitig so viel der Anregung und
des Genusses zu bieten, Es steht zu hosfen, daß der Besuch
der Ausstellung ein ebenso zahlreicher wie andauernder sein
wird, umsomehr, als heute schon über das Schicksal dieser
Sammlung des Heimgegangenen die Gefahr schwebt, in alle
Weltgegenden auseinandergetragen zu werden.

L, Carl Hoff in Düsselbors hat kürzlich das große Ge-
mälde vollendet, welches er für die preustische Nationalga-
lerie auszuführen beauftragt war. Dasfelbe war vor der
Absendung nach Berlin in der Permanenten Kunstausstellung
von Bismeyer und Kraus ausgestellt und erregte das leb-
hasteste Jnteresse aller Beschauer. Hoff hat einen originellen
Gegenstand zur Darstellung gewählt, der die Theilnahme
mächtig erweckt und sich von den gedankenlosen Motiven, die
wir so ost gemalt sehen, höchst vortheilhaft unterscheidet. Er
nennt sein Bild „Die Taufe im Trauerhause" und versetzt
uns in den Prachtsaal eines adligen Schlosses. Unter dem
bekränzten und umflorten Porträt des gestorbenen Gebieters
sitzt dessen trauernde Wittwe, von Mutter und Geschwistern
antheilvoll umgeben, und folgt tief ergrisfen den Worten des
Geistlichen, der die Tause ihres jüngsten Kindes vollzieht,
Jhr alter Vater hält den Täufling und die beiden Pathen,
ein stattlicher Ritter nnd ein heranwachsender Jüngling, legen
die Hände anf denselben, während der Prediger den Segen
spricht. Die Dienerschaft des Hauses steht ehrerbietig im
Hintergrunde, Der zum Altar umgewandelte Tisch mit dem
Taufbecken ist mit Kränzen geschmückt, und eine kostbare
Seidenvecke ist über das Kind gebreitet, dessen lächelndes
Köpfchen heiter aufblickt und die schmerzlich seierlichen Em-
pfindungen der Versammlung noch nicht zu fassen versteht.
Die Gestalten sind treffend individualisirt und höchst gelungen
im Ausdruck, Besonders aber ist die malerische Behandlung
des höchsten Lobes würdig. Das Kolorit ist von gesättigter
Kraft und leuchtendem Glanz und die Wirkung des Ganzen
überaus künstlerisch und dem beabsichtigten Eindruck ent-
sprechend. Die Trauerkleider der Bersammtung, die im
Kostüm der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts
dargestellt ist, bilden einen trefflichen Gegensatz zu den rothen
Sesseln, den Gobelins und der übrigen Pracht des Gemaches,
die Hosf bestens auszubenten verstanden hat. So dürfen
wir denn dies neue Werk wohl als das Bests begrüßen, was
 
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