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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0136

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259

die Grabinschriften, die Ehrenbasen snr die Kaiser und
zum Schluß die Steine, auf denen die Namen oder
Nummern der einzelnen Legionen, ulg.6, Cohorten und
Centurien eingegraben siud- Daran schließen sich dann
die gefundenen Skulpturen und andere Reste an. Von
jedem erhaltenen Fundstück ist ein Facsimile oder eine
genaue Abbildung gegeben, nach Zeichnungen von Mr.
Moßmann vorzüglich von Mr. Utting in Holzschnitt
ausgeführt. Bedeutendere Kunstwerke, so besonders die
silberne Schüssel von Corbridge sind im Stich auf
großen Taseln veröffentlicht; die eben erwähnte Publi-
kation, nach einer Zeichnung von Mr. Scharf, ist ge-
radezu mustergiltig. — Vorausgeschickt sind die drei in
andern Theilen Englands gefundenen Militärdiplome
— mit lithographirten Facsimiles in Naturgröße, —
aus denen sich eine fast vollständige Uebersicht der in
Britannien verwendeten römischen Truppen gewinnen läßt.

Der eigentliche Herausgeber, der die Vorrede unter-
zeichnet, Mr. I. Collingwood Bruce, hat sich durch die
ungemein genaue Verösfentlichung und Besprechnng ein
bleibendes Verdienst erworben. Solche Spezialunter-
suchungen bilden das sichere Fundament eines allge-
meinen Oorpus insoriptionuur luctiimruiu.

IV. d.

Noirs,Ludwig, Die Entwicklung der Kunst in der

Stusenfolge der einzelnen Künste. Leipzig, Veit <L

Co. 62 S. 8.

Der „skizzenhafte Aufsatz" Noirs's kann keinen
Anspruch auf eine wissenschaftliche Durchsührung des
gewählten Thema's machen. Er hat osfenbar nur den
Zweck, auf das größere Werk desselben Versassers: „Die
Welt als Entwicklung des Geistes" hinzuweisen, — gi-
pfelt sich doch in dicsem Gedanken die ganze gegebene
Darstellnng der Entwicklung der Künste (S. 56). Diese
selbst soll in der Weise stattfinden, daß vier Weltalter
zu unterscheidcn seien, in deren jedem eine Kunst die
„Dominante" spiele und die anderen Künste derartig
beeinflusse, daß diese den Charakter der jedesmal domi-
nirenden Kunst annähmen. So ist Poesie, Architektur,
Malerei, und wenn wir von der Musik nur etwas mehr
wüßten, sicher auch diese im Alterthum plastisch, Poesie,
Malerei, Skulptur nnd Musik im Mittelalter architek-
tonisch, Poesie, Skulptur, Musik und Architektur in der
Renaissancezeit malerisch und in der Neuzeit werden
alle Künstd musikalisch! Dies letztere wird z. B. so be-
gründet: „Wer hat es noch nicht empsunden, daß es
Mnsik ist, musikalische Wirkung, was aus jener wnnder-
baren Scene in der Osternacht zu uns spricht, jene un-
begreifllch schönen Seelenvorgänge, die bis zur enthu-
siaftischen Todesweihe sich steigern nnd dann vor dem
herrlichen Triumphgesang: Christ ist erstanden! sich lösen
und in sanfter Rührung dahinschmelzen? u. s. w."

260

Aber liegt denn wirklich die Größe der Faustdichtung
vorzugswei se in dieser Folge von „Dissonanzen, die
endlich nach dem furchtbaren or6806iicko in der über-
irdischen Harmonie des „Jst gerettet" sich auslösen"?
Und ist denn in der That irgend eine wirkliche Er-
klärung der Sache gegeben, wenn man die Ausdrücke
der einen Kunst aus die andere, in ganz anderem Mittel
arbeitende anwendet? Bilder sind aber keine Wissen-
schast. Wir müssen laut gegen diese Behandlung der
Kunstphilosophie protestiren, die sehr zu dem Verruf
beigetragen hat, in dem die Aesthetik steht. Oder wäre
das zu viel gesagt, wenn wir Folgendes als Begründung
der Behauptung lesen", die Malerei habe sich aus der
Plastik entwickelt? „Wir können die Malerei genetisch
aus der Plastik herleiten. Der Liebhaber, welcher die
Statue umwandelt, sindet wohl unter all' den verschie-
denen Gesichtsauffassungen eine, welche von allen übrigen
sich dadurch unterscheidet, daß sie am ch ara kteristischsten
ist. Jn diesem Augenblick hat er den Umriß der Zeich-
nung, jene schwierige Abstraktion gefunden. Zu diesem
von der Plastik Entlehnten fügt er nun noch Neues,
nämlich Farbe, Licht, Glanz, mit deren Hilfe 'er aus-
drucksvoller wirkt, Jnneres d. h. Seele erschließt."
Bleibe doch Jeder auf seinem Felde! Wir haben Noiro's
feine Beobachtungen in seinem „Pädagogischen Skizzen-
buch" mit freudiger Zustimmung gelesen — den Ge-
danken aber, daß in verschiedenen großen Epochen je
eine Kunst zur Hauptentwicklung komme, haben u. A.
Schnaase, dann Carriere längst und mit weit größerer
Berechtigung als Noirck ausgesprochen. V. V.

Uekrologe.

O. F. Gruppe ch. Am Nachmittag des 7. Jan. starb
in Berlin, in Folge eines am 24. Okt. v. I. erlittenen Schlag-
anfalles, der langjährige beständige Sekretär der königlichen
Akademie der Künste und außerordentliche Professor in der
philosophischen Fakultät Berlin, Ur. Otto Friedrich Gruppe,
bekannt als Philosoph, Dichter und Alterthumsforscher. Ge-
boren am 15. April 1804 zu Danzig, besuchte Gruppe das
dortige Gymnasium und ging 1825 nach Berlin, wo er sich
philosophischen, daneben aber auch naturwissenschaftlichen und
altdeutschen Studien widmete. Seine schriftstellerische Thütig-
keit, namentlich seine Kunstkritiken, brachten ihn in Verbin-
dung mit der Allg. Pr. Staatszeitung, deren stehender Mit-
arbeiter er 1830 wurde, um 1835 die Redaktion des Feuille-
tons derselben zu übernehmen. 1842 und 1843 arbeitete
Gruppe im Ministerium der geistlichen und Unterrichts-An-
gelegenheiten, wurde 1844 zum außerordentlichen Professor
imN 1863 zum beständigen Sekretär der königlichen Aka-
demie der Künste ernannt. Als Philosoph war Gruppe
Anti-Hegelianer, als Dichter bekundete er namentlich für die
epische Poesie ein bedeutendes Talent. Bekannt ist auch seine
Ausführung des Schiller'schen Fragmentes „Demetrius";
von seinen kritisch-ästhetischen Arbeiten sind namentlich
„Ariadne, die tragische Kunst der Griechen in ihrer Ent-
wickelung und ihrem Zusammenhange mit der Volkspoesie",
„die römische Elegie", „über die Theogonie des Hesiod" und
sein „Minos" hervorzuheben, in welch' letzterem er, die Be-
strebungen von Buttmann, Näcke, Peerlkamp, G. Hermann,
Lachmaün und Meineke zufammenfassend, die Jnterpolationen
in den römischen Dichtern behandelte. (Köln. Zeitg.)

Nekrologe.
 
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