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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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261

Kunstgeschichtliches. — Vermischte Nachrichten.

262 >

Lmistgcschichtliches.

Die Wichtigkeit des ersten Fundes in Olynipia, das
marmorne Standbild der Nike, ein Weihgeschenk der Messenier
in Naupaktos, beleuchtet Prof. I. Overbeck in der Deutschen
Allg. Ztg. solgendermaßen: „Die Statue, um welche es sich
handelt, bespricht Pausanias (V. 26, 1). Er giebt an: Die-
selbe, welche auf einer Säule stand, sei ein Weihgeschenk der
dorischen Messenier, welche nach ihrer Vertreibung aus der
Heimat im dritten messenischen Kriege Naupaktos von den
Athenern als Wohnort angewiesen erhielten (Ol. 81, 2^--
455 v. Chr.); nach der Jnschrift sei dieselbe von der Beute
errichtet, welche die Messenier von Akarnanen und Oeniaden
(Ol. 87, 4 -- 424 v. Chr.) machten, während die Messemer
selbst angeben, es stamme von dem von ihnen zusammen
mit den Athenern auf der Jnsel Sphakteria (Ol. 88, 4 — 424
v. Chr.) erfochtenen Siege. Der Name der Besiegten sei
aus Furcht vor den Lacedämoniern (diese erlitten die Nieder-
lage) nicht genannt; vor den Oeniaden und Akarnanen haben
sie keine Furcht gehabt. Als den Meister nennt Pausanias den
Paionios, von dem er an einer anderen Stelle (V. 10, 6)
angiebt, er stamme aus der thrazischen Stadt Mende und
habe die hier näher beschriebene östliche Giebelgruppe am
Zeustempel gearbeitet, während die westliche von Phidias'
Schüler Alkamenes war. Man sieht hieraus, daß es sich
um einen Künstler von großer Bedeutung handelt, auf dessen
Werk man gespannt zu sein alle Ursache hat, um so mehr,
als sein Verhältniß zu Phidias noch keineswegs klar und
die Frage eine offene ist, ob man ihn zu der Genossenschast
dieses größten Meisters zu rechnen habe oder nicht. Die
nun gesundene Nike wird es vermuthlich möglich machen, zu
beurtheilen, inwiefern attische Einslüsse des Phidias'schen
Kunstkreises aus Paionios gewirkt haben. Sei dem aber
wie ihm sein möge, die Zahl der Werke, welche wir aus
dieser allerbesten Periode der griechischen Kunst besttzen, ist
nicht so groß, daß wir nicht den neuen Zuwachs mit hoher
Freude begrüßen sollten. Die ganze Bedeutung des neuen
Fundes aber wird sofort Jedem einleuchten, wenn daran
erinnert wird, daß die Nike-Statue von Olympia das erste
Originalwerk eines namhaften Meisters aus der Blüthezeit
der griechischen Kunst ist, das wir überhaupt kennen lernen.
Denn das genauere Verhältniß der Parthenon-Bildwerke zu
Phidias' Werkstatt steht nichts weniger als sest, und die ein-
zigen Originalwerke bestimmt genannter Künstler, welche wir
bis jetzt besitzen, gehören der neu-attischen, kleinasiatischen
und unteritalischen Kunstschule aus dem letzten Jahrhun-
dert vor unserer Zeitrechnung an."

Vermischte Nachrichten.

1c. Straßburg. Es wird den zahlreichen Verehrern un-
seres Münsters von Jnteresse sein zu erfahren, daß soeben
die Ausmalung des Jnneren desselben beschlossen und ein-
geleitet ist. — Bereits vor mehr als zwanzig Jahren hatte
man den Entschluß gesaßt, die Wandgemälde, welche ehedem
Chor und Vierungskuppel geschmückt und welche später der
Tünche gewkchen waren, wiederherzustellen. Der Dombau-
meister Klotz hatte in dieser Richtung vorbereitende Studien
gemacht; das Projekt war von den Behörden gutgeheißen
und bereits mit Hippolyte Flandrin in Paris ein Kontrakt
geschlossen worden. Leider starb Flandrin, ehe er die Arbeit
unternehmen konnte. Seither schlies die Angelegenheit, bis
die rege Unterstützung, welche der Dombaumeister bei den
deutschen Behörden fand, ihm den Muth gab, auf jene Pläne
zurückzukommen. Seine Vorschläge sanden sowohl bei dem
kommissarischen Bürgermeister Herrn Back als bei dem kaiserl.
Oberprüsidium lebhaften Anklang, und so wurde in diesen
Tagen ein Vertrag unterzeichnet, welcher dieHerren Steinle,
Direktor am Städel'schen Jnstitut zu Frankfurt, und Stein-
heil zu Paris mit der Ausführung der Fresken beauftragt.
Dem Vernehmen nach werden beide hervorragende Künstler
demnächst nach Straßburg übersiedeln. Zu beiden Acqui-
sitionen wird man der Stadt Glück wünschen können. Stein-
heil ist Elsässer und bekannt durch seine Ausmalung der
Sainte-Chapelle. Ueber Pros. Steinle brauchen wir kein
Wortzusagen. DieKosten derAusmalung sind aus 50v,000Fr.
veranschlagt und werden ausschließlich aus den reichen Ein-
künften des Frauenhauses bestritten; es sollen während zehn

Jahren jedes Jahr 50,000 Fr. zur Verwendung kommem
Herr Dombaumeister Klotz hat seinen vielen Verdiensten
durch Anregung dieses Unternehmens ein neues bedeutendes
hinzugesügt.

Professor Calandrelli in Berlin hat das Modell des
Denkmals, welches der fünfte Berliner Stadtbezirk seinen im
Kampfe gegen Frankreich gefallenen Kriegern auf dem Platze
vor dem Rosenthaler Thore errichtet, vollendet. Das Künst-
werk bildet die schwebende Gruppe eines Kriegers und eines
Engels, welcher, ersteren anblickend, mit der Hand gen Himmel
deutet. Auf dem Boden liegen zerbrochene französische Tro-
phäen. Der Kontrast der männlichen, jugendlichen Helden-
gestalt, welche das kurze Schwert mit beiden Händen fest an
die Brust drückt, und der zarten weiblichen Figur, ist vor-
trefflich ausgedrückt und bis in das geringste Detail durch-
geführt. Auch das kühne Wagniß, schwebende Gestalten
vollständig befriedigend plastisch darzustellen, ist dem Künstler
vollkommen gelungen. (Berl. Tagebl.)

Die neuen Hundertmarkscheine. Von der Firma Gi e-
secke L Devrient in Leipzig erhalten wir folgende Zu-
schrift: „Unter Bezugnahme auf den in Nummer 12 dieses
Blattes enthaltenen Artikel: „Der offizielle Geschmack
des deutschen Reiches", sehen wir uns zu der Bemer-
kung veranlaßt, daß unsere dort genannte, an der Herstellung
der Hundertmarkscheine deutscher Bankinstitute wesentlich mit
betheiligte Firma für die in ästhetischer Beziehung an jener
Stelle getadelte Ausführung dieser Werthzeichen um deß-
willen nicht verantwortlich gemacht werden kann, weil dieselbe
mit Rücksicht auf den für die Herstellung derselben gegebenen
sehr kurzen Zeitraum gezwungen war, sich dieser ganz außer-
gewöhnlichen Aufgabe gegenüber darauf zu beschränken, unter
Benutzung vorhandenen Materiales verschiedenen Ursprunges
den Ansprüchen ihrer Auftraggeber, welche den bei weitem
größten Theil aller deutschen Bankinstitute bildeten, durch
rechtzeitige Lieferung der von denselben benöthigten Werth-
zeichen, und zwar vor Nachahmung thunlichst geschützt und
dem praktischenBedürfnisse imUebrigen möglichst entsprechend,
gerecht zu werden."

2X Oeffentliche Bauten und Anlagen in München. Nach-
dem der Bau der zweiten protest'antischen Kirche in
München in Folge einer Differenz zwischen dem Professor
Gottgetreu und der Kirchenverwaltung längere Zeit ge-
ruht, hat derselbe im Laufe des eben abgeschlossenen Jahres
die erfreulichsten Fortschritte gemacht. Mitte November 1873
wurde der Grundstein gelegt, und jetzt steht der Bau bereits
ganz unter Dach, obwohl noch im letzten Frühjahre die Um-
fassungswände nur wenig aus der Erde hervorragten. Auch
der Thurm wird bis zum kommenden Frühjahr, falls nicht
ungewöhnliche Kälte eintritt und zur Einstellung der Arbeiten
zwingt, vollständig ausgebaut sein, und im Jnnern der Kirche
stehen bereits die steinernen Rundbögen, welche die Emporen
zu stützen bestimmt sind, sammt einer Anzahl der stattlichen
Säulen. — Auch die Angelegenheit der Umwandlung des
öden Maximiliansplatzes in eine Gartenanlage hat
endlich einen Schritt vorwärts gemacht. Jn einer der letzten
Sitzungen des Stadtmagistrats wurden die darauf bezüg-
lichen Entwürfe vorgelegt und angenommen. Dieselben sind
von dem k. Hofgartendirektor Effner ausgearbeitet, und
die Kosten der gärtnerischen Arbeiten auf beiläufig 79,000
Mark veranschlagt. Hr. v. Effner sprach sich zugleich dahin
aus, daß er die Ausführung bis Juni nächsten Jahres zu
vollenden im Stande wäre, vorausgesetzt, daß die Arbeiten
alsbald begönnen. Das aber wird voraussichtlich nicht wohl
der Fall sein, denn der Magistrat hat in letzterer Richtung
noch nichts beschlossen. Nach dem Effner'schen Projekte soll
das Südende der Anlagen ein großartiger Brunnen schmücken,
und Prof. Wagmüller hat auch bereits einen Entwurf
dazu vorgelegt, den der Magistrat gleichfalls annahm.
Wie hoch sich die Ausführungskoften belaufen, darüber wurde
in der ösfentlichen Magistratssitzung nichts bekannt gegeben.
Hoffentlich gelangt der Wagmüller'sche Entwurf vor der
definitiven Annahme durch die Stadtverwaltung noch irgendwo
zur öffentlichen Kenntniß, damit die Kritik sich darüber gut-
achtlich äußern kann. Unseres Erachtens hat das steuerzah-
lende Publikum einen wohlbegründeten Anspruch darauf,
das Urtheil Sachverständiger darüber zu hören. Und das
um so mehr, als bisher von der Einfügung eines monu-
mentalen Brunnens in das Anlagenprojekt in weiteren Kreisen
 
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