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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 16.1881

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Sammlungen und Ausstellungen.

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Zeichnnngen werden im August in der Gallerie der Looistz-
ok britisk nrtists zu London öffentlich ausgestsllt. — Diese
Gratulationskarten, welche in Farbendruck vervielfältigt wer-
den sollen, müffen in Serien von 2, Z, 4 oder 6 Komposi-
tionen geliefert werden und können Figuren, Landschaften,
Tierstücke, Vögel, Blumen, Ornamente oder eine Vsreinigung
dieser Dinge darstellen. Ausführliche Prospekte hat Herr
Ernst Nister in Nürnberg an Künstler aller deutschen Kunst-
städte direkt versendet.

5ammlungen und Ausstellungen.

ItAt. Miinchener Knnstvercin. Defreggers „Sturm
der Oberländerbauern aus den Roten Tnrin zu München
in der Mordweihnacht l?05" hat die Erwartungen keines-
wegs erfüllt, die inan in der Presse ivährend der letzten
Wochen crweckt hatte. Nach dem bekannten Wort des Horaz
macht selbst Vater Homeros dann und wann ein Schläfchen;
daruin dürfen wir anch init Defregger, der uns schon so
viel Schvnes und Bedeutendes geboten hat, nicht zu streng
ins Gericht gehen, wenn wir anch vor allem der Wahrheit
die Ehre geben inüssen. Sein ueuestes, im Auftrage des
bayerischen Staates gemaltes Bild hat unleugbar manches
Gute, bleibt aber im ganzen hinter des Meisters ineisten
Arbeiten weit zurück. Darüber sind so ziemlich alle Sach-
versländigen einig, ivährend das große Pnbliknm, das sonst
gewöhnt ist, sich von dcr gedrnckten Kritik leiten zu lassen,
kopsschnttelnd vor dem Bilde.steht nnd sich fragt i „Jst denn
das wirklich die Leistung, die inan uns so hoch gerühmt
hat ? Über der wir alles vergessen sollen, was uns cin
Cornelius und andere geschaffen?" Allen Respekt vor dein
wackeren Schmied von Kochel, aber den Achilleus und
PriamoS und die greise Hekuba lassen wir uin seinetwillen
denn doch nicht in die Rumpelkammer iverfen. Daß Alt-
meister Cornelius die Erstürmung des roten Turmes uns
ebenso eindringlich vor Augen geführt hätte wie den Brand
Zlions, dnrfeii wir nach seiiien Blättern zu Goethe's „Faust"
nicht wohl bezweifeln. Ob aber Defregger sich in der Jliads
ebenso zurecht fände, das mag glanben wer Lust dazu hat.
Man kann schwer annehiiien, daß sich Defregger für seinen
Stoff begeistert hnt; das Pnbliknm seinerseits bleibt sür
dessen Behandlung „kühl bis ans Herz hinan". Vor nllem
vermißt inan in dem Bilde jenen großen historischen Zug,
der durch „DaS lctzte Aufgebot" und „Die Rnckkehr der
Sieger", teilwcise nnch noch durch „Andreas Hofcrs Todes-
gang" ging. Der „Sturm anf den roten Turm" erhebt
sich nicht über das Nivean des Genre. Und sslbst dem gegen-
über werden inanche Aedenken wach. So ist es mehr als
eine bloße poetische Licenz, wenn Defregger den nächtlichen
Kampf in den hellen Tag hinein verlegt, ohne Zweifel uin
gewisse Schwierigkeiten 'zu vermeiden. Daß dte ivackeren
Kämpfer sich einander selbst im Wege stehen, zeigt der crste
Blick. Ob ein Schmied zwanzig Stunden weit im Schurz-
fell zum Kampf inarschirt und in eiskalter Winternacht hemd-
ärmelig ein Thor stürmt und ob er cine über alles Maß
lange Wagendeichsel als Widoer über dem Kopfe schwingt,
um damit ans eine bereits eingeschlagene Thüre loszustoßen,
diese und ähnliche Fragen mögen iminerhin offen bleiben.
Vor allem aber steht fest, daß es der Komposition an
Lebensfrische nnd der Malerei an Stimmung fehlt, daß die
handelnden Personcn nicht den Typns der oberlündischen
Bauern wiedergeben, sondern fast dnrchweg an das städtische
Modell erinnern und der Vortrag hart und nicht frei von
einer gewissen Roheit ist. Schließlich knnn ich eine Be-
merkung nicht unterdrücken: Defregger scheint mir an seincm
eigenen Ruhme zu kranken. Die Tiefe der Empsindung,
welche seine älteren Bilder so schätzbar machte, schwächt sich
in demselben Maße ab, in welchem die Nachfrage nach Werken
seiner Hand ivächst. Das ist schon seit einiger Zeit fühlbar,
am sühlbarsten aber in scinein neuesten Bilde. Defregger
hat mit demselben übrigens schließkich nur Mißgeschick gehabt,
die Regierung aber einen groben Fehler begangen. Wollte
sie voii dein niin einmal in erster Reihe lyrisch angelegten
Künstler ein Bild für die Pinakothek haben, das seinem
eigensten Wesen entsprach und seiner würdig war, so mußte
ffe ihm ihre Absicht kundgeben und ihm die Wahl des Gegen-
standeS frei geben, sich selber aber bezüglich der Annahme

freie Hand bewahre». Man schreibt Konkurrenzen für Dramett
aus, ohne ein Sujet zu bestiminen, dem bildenden Künstler
aber glaubt man immer noch in Bezug auf die Wahl des
zu behandelnden Stoffes die Zwangsjacke anlegen zu dürfen.
Gott besser's! — Herm. Schneider hat dcn Fehler be-
gangen, für einen innerlich unbedeutenden Stoff — „Michel
Ängelo Buonarroti liest der Vittoria Colonna seine Sonette
vor" — einen viel zu großen Maßstab zu ivählen. Ein
solches Aufbauschen schadet nur. Vittoria Colonna ist eine
edle, wenn auch etwas kolossale Erscheinung, neben welcher
Buonarroti, der im Leben bekanntlich von stämmiger Statur
war, doppelt schmächtig erscheint. Außerdem trug sein
Angesicht zwar bis ans Ende die Spur des Faustschlages,
mit dem ihm ein jugendlicher Rivale das Nasenbein einge-
schlagen, aber nichts von dem gnomenhaften Wesen, das ihm
Schneider andichtete. Übrigens hat der begabte Künstler
seinen früheren wächsernen Fleischton einigermaßen modi-
sizirt. Jn Adolf Lüben, einem Norddeutschen, ist mit einem-
male unseren oberbayerischs Dorfgeschichten malenden Mün-
chenern ein höchst gefährlicher Konknrrent erwachsen, und
das um so mshr, als er den feinfnhligsten und koloristisch
begabtesten Malern unserer Stadt beigezählt werden muß,
wofür sein köstlichsr „Jägergruß" Zeugnis giebt. W eiser s
„Unterbrochenes Tabakskollegium" leidet an einer gewissen
Monotonie der Farbengebung, mit der übrigens heute viel
experimentirt wird. Sieht man doch heute Bilder in Grau,
in Grün, in Rot, in Braun rc. inalen, bloß um zu zeigen,
was sich damit erreichen läßt. A. de Courten behandelt
in seinem „Am Brunnen" einen anziehendsn antiken Stoff,
der vielleicht noch mehr anspräche, wären die Maßverhältniffe
weniger prätentiös. Das junge Paar ist fein empfunden
und, frei von allem Modernen, ganz iin Siiine Ler Alten
gedacht, während Spittler in „Amor und Psyche" einen
antiken Stofs in lustigster Weise und ohne Anklang an das
Derbe oder gar Ordinäre durch Vorführen eines stattlichen
„Schweren Reiters" und eines schinncken Kindermädchcns
parodirt, nicht ohne sich große koloristische Schwierigkeiten
zu schaffen und sie glücklich zu überwinden. Fritz Uhde, ein
Schüler Munkacsy's, malte seinen „Landstrcichcr", sein
„Familienkonzert" und seinen „Altdeutschen Reiter" mittelst
Zusainmeiistellung verschiedener Nüancen von Grau und be-
handelte den Gedanken eigentlich nur als Nebensache. Das
gilt namentlich von seinem ziemlich konfusen und bizarren
„Familienkonzert", das infolgedeffen eine vom Künstler kaum
beabsichtigte komische Wirkung macht. Letzteres gilt auch von
dein „Altdeutschen Reiter", der anstatt der eisernen Hals-
berge einen wollenen Shlips trägt. Heinr. Lang brachte
zwei köstliche Salon-Pferde-Mlder von feinster Zeichnung
und trefflicher Farbe und E. Unger cin nberaus schätzbares
Aquarell „Die Musik" in ihrer lyrischen, dramatischen und
religiösen Richtung, das durch Tiefe der Gedanken und An-
mut und Keuschheit der Form einigermaßen an Schwind
erinnert. Die Architekturmalerei vertrat Dehn mit einem
trefflich gezeichneten und fein gestimmten Bildchen: „Mühlen
in Straßburg". Als, bedeutends Leistungen im Gebiete der
Landschaftsmalerei sind zu nennen: ein in kleinen Maßver-
hältniffen gehaltenes, von eingehendein Studium der alten
Niederländer wie der Natur zeugendes Bild von Phil.
Roeth, „Aus dem Freisinger Moos" vonLier und „Morgen
im Moos" von Ed. Schleich,sun. Lier kehrte mit diesem
Werke von den Pfaden des Hypernaturalismus zurück, auf
denen sich sein Genius für alle Zeiten verirren zu wollen
schien, und Schleich erwies sich als der hochbegabte Sohn
seines mit Recht hochberühmten Vnters. Berningers
„Sorrento" endlich bringt alls Reize jenes herrlichen Land-
striches zur Anschauung, entbehrt aber der den sonstigen
Bildern des Künstlers eigenen Energie der Farbe und des
Vortrages.

Ncucs Niisstellinigsiintcrnehmeii in London. Jn London
hat sich eine Gesellschaft zur Veranstaltung internationaler
Kunstausstellungen gebildet und zu diesem Zwecke unter
dem Titel „Uiiited Arts Gallery" in der eleganten New
Bond Street ein eigenes Gebäude crrichtet. Dieses Aus-
stellungsgebäude enthält drei große Galerien mit Oberlicht,
Bureaux, Magazine und Verpackungsräume und ist pracht-
voll ausgestattet. Dis erste Ausstellung, welche Mitte Mai
mit großer Feierlichkeit eröffnet wurds, enthält 224 Öl-
gemälde, 140 Aquarelle und Zeichnungen und 17 Skulpturen;
 
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