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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

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Heft 20 (2. Juliheft 1901)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0354

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Blick für die Wirklichkeit wie die Ver-
teilrwg der sittlichen Werte Schärfe
dcr Anschauung. Ein dumpfes Ge-
fühl für die Enterbten bezwingt den
Verfasser, mögen fie auch selbst sich
enterbt haben. Eine Spottkomödie im
Geist des Simplizissimus hat Jakob
Wassermann in seinen H o ck e nj o s
ersonnen. Das unschuldige und un-
würdige Opfer der DenkmalSsucht und
ihrer unredlichen Motive kehrt in
dem Augenblick als verlotterter Mensch
zurück, wo die biederen Mitbürger von
Schopfloch ihm ein Denkmal errichten
wollen. Leider thut er den Narren
den Gefallen, ihnen ihr schlimmes
Handwerk nicht zu stören. Er lätzt
sich breitschlagen und verduftet. Die
Laune in der Ausführung der zwei
Akte ist nicht durchwcg auf der Höhe
des Einsalles, der an ältere Schwank-
motivc erinncrt, aber es ist doch ein
Quell echten satirischen Geistes da.
Dah er recht munter und frisch
sprudele, wünschen wir dem Dichter
und uns. Leonh. Lier.

Lüusrk.

* Es ist nicht lange her, datz im
Kunstwart von Hans Pfitzner als
Liederkomponisten die Rede war.
Diesmal liegt sein ox. 7 sVerlag Ries L
Erler, Berlin) auf meinem Klaviere.
Nr. 1 «Hast du von den Fischerkindern
das alte Märchen vernommen" hält
sich ganz in dem schlichten Romanzen-
ton des Gedichtes von Wolfgang
Müller. Dem Eichendorssschen .Nacht-
wandcrcr" sucht Nr. 2 Töne zu ver-
leihen, kann aber bei der Beschaffen-
heit der Dichtung nur den wilden
Ritt in der Begleitung versinnlichen,
zur gröheren Deutlichkeit der inneren
Vorgänge jedoch nichts beitragen. Ein
interessantes Lied ist Nr. 2 .Ueber ein
Stündlein' tPaul Hcysc) und jedcn-
falls besser gelungen als die Wein-
gartnersche Komposition des nämlichcn
Textes. Die Durchführung des Motivs
Kunstwart ^

ist mit Geist und Geschick gemacht,
hat aber verhindert, dah die großen
Stimmungsgcgensätze dcs Gedichtes
klar hingestellt und schliehlich, dem
poetischen Gedankengang entsprechenü,
trostvoll versöhnt werden. Nr. die
„Lockung" (Eichendorff) bringen wir
in der Notenbeilage als Probe, und
ich kann hier nur auf den lockenden
Zauber des pikanten Hauptthemas und
auf die romantischen Terzen- und
Sextengänge, welche das Erwachen
der „irren Lieder aus der alten
schönen Zeit' mit so schmeichlerischem
Drängen malen, hinweisen. Und wie
zauberisch die Guitarre des Ratten-
fängers unter dem Söller verklingt!
Oder ists nur das wundersame Ge-
heimnis der Mondnacht, dessen leise,
berückenden Töne zu der träumerischen
Frau im hohen Schlosse emporflüstern?
Jcdenfalls gibt das Ganze ein un-
mittelbar empfundencs Stimmungs-
bild, worin der Gesang mchr die
Rolle eines hineinkomponierten, cr-
läuterndcn Programmcs spielt. Sän-
gern, die eincn „Reiher" als Zugabe
brauchen, wird darum dic fünste
Nummer „Wie Frühlingsahnung weht
es durch die Landc" jTcxtvonJohannes
Grun) willkommcn sein. Mit dicscm
frischzügigcn, fcurigen Kehraus schliehl
das Liederhest. R. B.

*Aus dem MünchnerMusik-
leben.

Von den ncuen Erscheinungcn der
abgelaufenen Münchener Konzertsaison
verdient schon seines Umfanges wegen
an erster Stelle genannt zu werdcn:
Ekkehard, „dramatische Dichtung in
drei Abteilungen, frei nach dem gleich-
namigen Roman von I. V. von Schefsel*
vonW.SchultevomBrühl, komponiert
von Hugo Röhr, dem Münchener
Hofkapellmeister. Also ein sogenanntes
„weltliches Oratorium" und zwar
eines, dem gegenüber — wie schon die
 
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