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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

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Heft 20 (2. Juliheft 1901)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0356

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Männerchöre früherer Mcister — ich
erinnere nur an Franz Liszt und Peter
Cornelius! — sondern auch hie und
da das sporadische Werk eines zeit-
genössischen Tondichters, ivie wir z. B.
in Ludwig Thuilles ungemein
stimmungsvoller fünfstimmiger „Weih-
nacht im Walde" eines kennen lernten.
Was dem im Wege steht, datz cinem
solche Sachen häufiger begegnen, das
ist nicht die Natur des Männergesanges
als musikalischer Gattung, sondern der
Geist, von dem unsere deutschen
Männergcsangvereine durchweg be-
herrscht sind, ein Gcist, dessen Wert
für die Pflege einer ernsthaftcr Männer
würdigen Geselligkeit ebenso zweifcl-
haft ist, wie sein Unwert sür die Kul-
tivicrung höhercr musikalischer Aus-
gaben (man denke nur an die famose
Jnstitution der „Bierproben", an un-
sere Sängerfeste, Wettstreitc u. s. w.)
über alle Zweifel crhaben feststeht.

Rudolf Louis.

(Schlutz folgt.)

* Konzertagenturen.

Wir haben früher schon zuweilen
auf die Nachteile hingewiesen, die dem
öffentlichen Musikleben durch die Herr-
schaft einiger Konzertagenturen er-
wachsen, und die Frage aufgeworfen,
warum sich wenigstens die Künstler
von begründetem Ruf von jenen Vir-
tuosenleihanstalten nicht frei machen.
Das scheint aber besondere Schwierig-
keiten zu haben. Recht bezeichnend da-
für sind einige Jnserate in den letzten
Heften der „Allg. Musikzeitung". Zu-
erst zeigt der Pianist E. Sauer an,
dah man alle Konzertanträge direkt
anihn, ohne Vermittlung eines Agenten
richten möge. Dann erläht der be-
kannte Berliner Musikwolff folgende
Bekanntmachung:

„An alle Konz ert- Vereine
und Vorstände richte ich die
Bitte, den Namen des Komponisten
des Klavierkonzertes in R-moll, Herrn
Emil Sauer, aus der in meinem
Konzertkalender befindlichen

tlunstwart

Liste auszumerzen, damit der
Künstler, welcher grundsätzlich Offerten,
welche durch Vermiitlung von Agen-
turen erfolgen, nicht mehr berücksich-
tigt, keinen weiteren Schaden
e r l e i d e.

Konzertdirektion Hermann Wolff."

Also,AchtundAberacht. Besondersbe-
mcrkenswert ist namentlich der Schluh-
satz, worin gar nicht einmal der Ver-
such einer Selbstrechtfertigung gemacht,
sondern halb zynisch, halb ironisch der
Punkt hervorgehoben wird, dcr nun
offenbar hinter den Kulissen den Grund
zu den Zwistigkeiten gab. Wie lange
wird diese Wirtschaft noch dauern?

* „Das neue Lied" bctitelt W.
Mauke eine Flugschrift „zur Aesthctik
der modcrnen musikalischen Lyrik"
(Minden, I. C. C.Bruns). Mauke ist so
recht ein Vertreter der blindesten
Modernitis und darum psychologisch
nicht uninteressant. Für den alten
Zeltcr hat er kein anderes Beiwort, als
„läppisch". Erklärt sich das vielleicht
dadurch, dah Mauke weder „Wer sich der
Einsamkeit ergibt", noch den „König
in Thule" odcr das „Bundeslied"
kennt? Aber wie er einen Brahms
als Komponistcn für höhere Töchtcr
bagatellisiercn müchte, ohne den ge-
ringsten Versuch eines Beweises, das
ist auch für einen Nichtbrahminen an-
stöhig, es ist cine Tendenzschreiberci, die
nicht mehr ernst gonommen zu werden
verdient. Mauke schöpft grrn aus
meinen Kunstwartartikeln, auch das
so merkwürdige Gespräch Goethes mit
Lobe hat er daher. Aber statt das
universale Kunstcmpfinden des Altcn
von Weimar gerade in diesem Ge-
spräche zu bewundern, das ihm, auch
aus ungewohntem Felde die springen-
den Punkte klipp und klar herauszu-
sehen crmöglichte, macht sich Mauke
überdie„Exzellcnz"lustig,währenddoch
wirklich der eine Satz, mit dem Gocthe
seinen Bcsucher entlich, mehr Ge-
scheidtes und Tiefes cnthält, als die
ganze Maukischc Broschüre. Er enthält

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