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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 6.1892-1893

DOI issue:
Heft 2 (2. Oktoberheft 1892)
DOI article:
Unsere Künste, [3]: Schluss des Überblicks
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https://doi.org/10.11588/diglit.11727#0024

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L>vettes Mttober-Dett 1892.


2. Ltück.

Lrscbetnt

DerAusgeber:

zferdinand Nvennrius.

Kesrellpreis:
vierteljährlich 2 r/z Mark.

6. Z-Wrg.


fS

Älirsere

Schluß des

^^^^»Aiel erfreulicher, als der Erfolg unserer Aus-
schau uach der Musik hin, gestaltet sich der
Eindruck, den die deutsche Malcrei der
Gegeuwart uus schou jetzt uud uoch schvuer
die Aussicht, die sie uus auf die uüchste Zukunft
bietet. Eine gauz eutsprecheude Entwickluug vollzieht
sich hier wie auf dcm Gebiete der Dichtuug, aber
weit rascher uud eutschiedeuer, vou zahlreicheren
Talenten gefördcrt uud von regerer Teilnahme der
Gebildeteu begleitet, deneu ja durch die großen Aus-
stelluugen der Eiublick iu die Entwickluug hier immerhin
crleichtcrt wird.

Auch für dic deutsche Malerei ist eine gewaltige
Anregung vor allem von Fraukreich her gekommen,
aber es war, was zuuächst sreilich uur weuigeu be-
wußt wurde, ccht gerniauischer Geist, der, versetzt
allerdiugs niit maucherlei ccht Pariserischem über den,
Rhein zurückzog. Zunächst freilich hielt sich die gauze
Bewegung iu gcwissem Sinue inuerhalb des Techuischeu:
dem Zuge dcr Zeit nach Wirklichkeit folaeud, crstrebte
das jüngere Künstlergeschlecht eiu größeres „Köunen",
ein stürkeres Vermögen, die Naturerscheinuugeu mit
täuscheuder Treue wiederzugeben, uud die vorgeschrittene
Techuik, die es erleruen wollte, fand es ebeu bei deu
Parisern. Aber die geistige Seite der Bewegung
zeigte sich schuell. Es trat in der Figureumalerei die
Freude hervor nicht so sehr am formal oder koloristisch,
kurz am siunenfällig Schönen (die wir überall iu
der Kunstgeschichte recht eigeutlich als romanische
Neigung finden) als am C h a r a k t erisch e n, und
würe dieses Charakteristische cin formal Hüßliches.
Das bedeutete: die Verleguug der Schöuheit vom
Äußeren ins Junere, vom Leiblichen ins Scelische,
wie sie denn z. B. Uhde bcwußt anstrebt. Uud eine
Verinnerlichung zeigte sich auch auf dem Gebiete der
Landschaftsmalerei: bei bewußtcm Übergehcn der

Ikünste.

Überblicks.

Schöuheiten, die sozusagen am Tage lageu uud au
die möglichst stark zu eriuueru bisher der Laudschasts-
malerei zumeist geuügt hatte, ein immer tieferes Ein-
dringen in das „Jntime", ein Hervorsuchen uud
Herausheben feiner Licht- und Farbenreize gerade
dort, wo man bisher gleichgiltig oder gar verächtlich
vorübergegaugeu war. Es kann gar uicht geleuguct
werden, daß viele juuge Maler mit ihrem Bestrebeu
weit über das Ziel hiuausschossen, daß selbst die
Tüchtigsten uud die Führer gelegeutlich Häßliches
nicht der Charakteristik sondern einfach des Häßlicheu
wegen malten, daß sie sich iu der Gegnerschaft gegeu
das Alte zu ofsenbaren Geschmacklosigkeiten hinreißeu
ließen, und daß sich zu der Miuderzahl der begabtcu
echteu Küustler uuter ihueu eiu großer Troß gesellte,
der das Neue mitmachte, weil es ueu war, als Mode,
also ohue iuuerliches Verhältuis dazu uud dabei oft
mit eiuem schier erschreckenden Stumpssinu. Audrer-
seits aber trat eiu großcr Jdealismus bei vieleu
dieser Küustler zu Tage, die Jahr aus Jahr eiu
Bilder ausstellten, dereu Absichteu überhaupt uur eiu
kleiuer Kreis Verstehender würdigeu konute uud die
im Anfang so gut wie uiemals Küufer fanden,
während sich mit deu durch die alten Schabloueu
brav gemalteu Kitschen die Bürger daukbar ihre Sosa
wüude zierten. Vou Nuhmsucht kouute bei dieseu
Malern auch schwerlich die Redc sein, denn die
Zeitungsmäuuer tauchten ihre Federn in eiu Fäßcheu
mit ganz besouders schwarzer Tiute, wenu es galt
diese Frevler am Herkommeu abzumalen. Bei weitem
die meisteu weuigsteus vou ihuen, uud besouders jeue,
die ihre Zahlungssähigkeit der alten metaphysischen
Ästhetik verdankten — es muß ehreud erwähut werden,
daß die deutschen Kunsthistoriker von Aufang an eiu
weit tieferes Verstüuduis der neueu Beweguug er-
wiesen.

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