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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 6.1892-1893

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Heft 14 (2. Aprilheft 1893)
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Rundschau
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.11727#0227

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X Aus Varis wird bevichtet: Der 8LI- Peladan hat mit
seiner diesjahrigen Gemäldeallsstellung der Rosenkreuzer (ki-ose
Oroix) bis ins Marsfeld hinanswandern müssen. Die Aus-
stellnng von ^892 scheint zwar fruchtbar an Glauben, Wunder
und mystischer Nenkunst, aber weniger sruchtbar an Kassen-
cingängen gewesen zu sein. Der Orden der Rosenkreuzer hat
aus die Erwerbung eines der eleganten Ausstellnngssäle im
Jnnern der Stadt verzichten mnssen. Die malerischen Ergeb-
nisse des letzten symbolistischen Jahres werden in einem der
Riesenpaläste der Weltausstellung zur Schau gebotcn, — zwei
kümmerliche Reihen von Bildlein, die von dem ungeheuren
Ranm erdrückt werden. Auch das künstlerische Ergebnis steht
kaum auf der Höhe des Vorjahres. Die Tollheiten und Aus-
schreitungen der Schule des Magiers sind zwar wieder voll-
zählig vertreten. Aber die wahrhaft wertvollen künstlerischen
Gaben, welche sonst dieser Salon zwischen den erstgenannten
stets gebracht, — die Werke, in denen sich wirklich eine neue
oder wenigstens eine andere Kunst offenbarte, sind diesmal
in geringerer Anzahl vorhanden als srüher. Wir geben ein
knrzes Verzeichnis dessen, was durch Talent oder Originalität
zunächst auffällt. Da sind zu erwähnen: Bsrcnger (ein Frauem
kopf in geschickter Jmitation Holbeinischer Bilder); Lorin
(zwei dunkelblaue Nachtlandschasten, l-n Source und besonders
wc Silence); Malval (ein Tod auf apokalyptischem Rosse);

Gerin (eine sitzende Mädchengestalt); Bethune (ein Trio von
drei jungen Frauen); Sainville (ein ausdrnckvolles Damen-
porträt); La Lyre (eine mystische Gruppe, bestehend ans einer
alten Frau, und einem jungen Mädchen); Rosenkrantz (eine
Vision der heiligen Jnngfrau). Unter den Skulptnren macht
sich Wallgren mit seinen Bronzen bemerklich, sowie Wetterhoff-
Asp mit einem seltsamen sarbigen Flachrelief.

-x- Milbelm Lübke ist in Karlsruhe gestorben, der be-
kannteste deutsche Knnsthistoriker unsrer Zeit. Der bedeutendste
war cr ja sreilich nicht — das schlimme Wort vom „Spezia-
listentum für Alles" könnte auch auf ihn mit nicht allzugroßem
Mangel an Befugnis angewendet werden; ernsteren An-
fordernngen hielten auch die wissenschaftlichern seiner Werke
nicht immer Stand. Aber als Popularisirer hat er sich doch
mehr Verdienst erworben, als er durch Besörderung einer
schnellurtcilenden Halbwisserei trotz besten Bemühens innnerhin
auch geschadet hat. Besonders sein Werk über die dentsche
Renaissance war, als es zur rechten Zeit erschien, nützlich und
sörderlich.

Ä- Vom Falle AZegas, dem großen zeitgenössischon Sitten-
stück, ist wieder ein neuer Akt beendet. Aus kaiserliche Ent-
schließnng wird auch sür den dekorativen Umbau nicht der
Entwurf von Jhne, sondern der von Reinhold Begas selber
zur Anssührung kommen.

Lose Vlatter.

-X Eine lpenslonsanstalt Deutseber Aournallsten
und Scbrittsteller,— eine Einrichtung, die sehr wohl
thätig werden kann und der Unterstntzung aller wert ist,
die sie zu unterstützen im Stande sind — soll im Juli
zu Müuchen begründet werden. Eiue im Auftrage des
vorbereitenden Ausschusses von L. Viereck verfaßte Deuk-
schrift giebt über sie nähere Aufschlüsse. „Das Vermögeu
der Anstalt soll namentlich aus drei Einnahmequellen
gespeist werden: Mitgliederbeiträgen, Zuschüssen der Ver-
leger und außerordentlicheu Eiuuahmen aus Festen, Vor-
trägen, Bazaren, Lotterien u. dergl. Die Mitglieder
habeu auf diese Weise durch sehr niedrig bemessene Monats-
beiträge, die sich aus Mk. 2.60, Mk. 6 oder Mk. (O
uach den 3 Beitragßklassen beziffcrn, nur einen geringen
Teil des Kapitals auszubringen, der für die angestrebten
Versicheruugszwecke benötigt wird, während der Löwenan
teil auf andere Weise zusammenkommt. Zu diesem Zwecke
sind von einzclnen Verlegern bereits sehr namhafte Zu-
schüsse zugesichert — ein größerer Berliner Verleger
zeichnete z. B. allein Mk. toooo -— während durch
Erfahrungen, wie sie z. B. von der Bühnengenossenschaft
und den bestehenden Lokalvereinen Deutscher Publizisten
gemacht wurden, feststeht, daß ohne besondere Schwierig-
keiteu durch Veranstaltungen der verschiedensten Art alljähr-
lich Hunderttausende aufgebracht werden können. So
wird es möglich werden, jedem Acitgliede der Anstalt vom
vollcndeten 6 0. Lebcnsjahre an ein Ruhegehalt zu ge-
währen, dessen Höhe einmal durch die eigenen Einzahlungen
des Betresseuden, sodann aber durch die versügbareu
Mittel aus den übrigen Anstalts-Fonds bestimmt wird,
und sich nach den Ersahrungen der Bühneugenosseuschaft
sicher schon in absehbarer Zeit auf eineu anskömmlichen
Betrag bemessen lassen wird. Das Ruhegehalt wird aber
nicht nur dcn Veteranen, sondern anch den Jnvaliden
gewährt, d. h. denjenigen Mitgliedern, die vor erreichtem
6 0. Lebensjahre unfähig wurden, ibren standesgemäßcn '

Unterhalt zu erwerben. Es ist außerdem ein besonderer
iRuhegehaltszuschuß- und Unterstützuugs-Fonds vorgesehen,
um da, wo die satzungsgemäße Rente zu niedrig aus-
sallen würde, oder sonst ein Mitglied in Not gerät, hils-
reich eingreisen zu können. Mit der Pensionskasse wird
eiue Sterbekasse verbunden und eine weitere Fürsorge für
die Hinterbliebenen der nächsten Zukunft vorbehalten. Die
Grundlagen zum ganzen Statut sind dabei nicht etwa ein
Phantasiegebäude, sondern sie beruhen durchweg auf ver-
sicherungstechnischer Grundlage." Es würde zu weit führen,
auf die Einzelheiten des Entwurfes einzugehen — wir
verweisen auf die Denkschrift selbst, die vom Vorsitzenden
des Ausschusses (L. Biereck, Herausgeber der „Wörishofer
Blätter" in München) aus Wunsch kostenfrei zu erhalten ist.

-x- Über das „esoterisebe Drama" als „eine neue
Äunstgattung" hielt in Paris Herr Jules Bois, der
Dichter des vor Jahresfrist aufgesührten „Mysteriums"
„l^oce8 cle Lntllnn" eine conference ab. Er führte aus,
so berichtet darüber das „Magazin", daß „Seele und
Körper, Geist uud Materie, Gott und Natur mit ein-
ander verbunden seicn durch den großen Kuß des Lebens."

> „Und wenn wir iu das Drama diesen Lebenshauch zufällig
I brächten, hätten wir das esoterische Drama, ohne es zu
wisseu. Die romantischen Dramen, »Erzeugnisse einer
^ entarteten Phantasie«, wären sehr weit entfernt von dieser
Konzeption, näher kämen ihr fchon einige Tragödien
Eorneilles, weil in ihnen »die Geschichte der Leidenschaft
mit Adel und Heroismus durchleuchtet« wäre. Das
esoterische Drama sei nicht eine hohle Frucht einer
idealistischen Reaktion, die nur sehr küustlich sein köune,
sondern sei von Fleisch und Blut, »eine große Zärtlichkeit
sließt in seinen grandiosen Persönlichkeiteu, die Ausslüsse
des Herzens baden seine lebendigen Wesenheiten, welche die
Urtypen unserer Spezies und der Welt sind.« Jn dieser
Tonart ging die conference weiter. Urtypen des Menschen
und der Welt bedeutende Wesenheiten sind nach Herrn

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