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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 6.1892-1893

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Heft 24 (2. Septemberheft 1893)
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Rundschau
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Zeitungsschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.11727#0388

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L-


darum, was man dabei denken kann." Jdeenaffoziationen
„können wohl für s i ch sehr gefühlvoll und poetisch sein,
können auch in eine ergreifende Übereinstimmung nnl deni
Bild selbst trelen und unsere Empfänglichkeit dafür wecken
nnd stärken, aber das Bild als solches will rein schauend
empsunden sein. Die schauende Phantasie faßt sich mit
ihm in unmitlelbarem Kontakte zu einer Einheit zusammen.
Und diesen Kontakt haben wir als ein sensitives Durch-
sühlen nnd Nachahmen erkannt."

Zu näherem Nachweise für den ganzen Vorgang bringt
der Verfasser eine gut gewählte und geordnete Reihe von
Beispielen aus dichterischen Aufzeichnungen menschlicher
Naturbetrachtung, die auf den Zweck hin besprochen wird.

Gegen den Schluß streift er dann noch das Problem
der „H armoni e" in der Natnr. „Wo uns die Natnr
einen vollen Bildgennß gewährt, da scheint sie uns ein
Gleichgewicht von Kräften darzubieten. Dies
hängt wohl von äußeren Bedingungen, noch mehr aber
von unserem Standpunkt und nnserer Stimmung ab. Der
ästhetische Sinn bildet sich nach seinem subjektiven Wähnen
den formwirkenden Sinn der Natur ein, er verwirklicht so
schanend in einem menschlich harmonisirten Schein ihr llr-
gesetz, die Herrschaft des Ganzen über die Teile. Schon
im Akt der nachahmenden Naturbetrachtung selbst liegt ein
Trieb der Rhythmisirung, Lösung, abwägenden Ausscheidung
des Fremdartigen und Störenden. Aber dieser Trieb und
seine Realisirung im Kunstwerk ist recht schwer zu erörtern.
Wollten wir es versuchen, vor irgend einer bestimmten
Gegend oder vor einem Meisterwerk von Rembrandt,
Jakob Ruisdael, Claude Lorrain, so würde sich heraus-
stellen, wie unzureichend unsere Erkenntnis ist, wie wenig
unsere Begriffe dazu taugen, das Vorliegende und seinen

individuellen Reizkern zn erklären. Wir kommen nicht
über das theoretische Problem hinaus, und immer wieder
stehen wir ratlos und müssen uns ohne Hossnnng auf
Antwort fragen: Was ist es, das hier so eigen seelenvoll
zu unseren Herzen spricht?

Die llrsache dieser Wirkung kann nicht nur in uns,
sie muß auch in der Natur liegen. Aber gewiß ist auch,
daß die Natur so, wie es uns in ästhetischer Stimmung
scheint, nicht seelenvoll, daß sie s o nicht mit uns verwandt
ist. Die Thatsache, daß in ihr etwas wie Geist wirkt,
erlebt der ästhetische Sinn, aber die Art, wie er es erlebt,
ist eine Jllusion.

Der Phantasiemensch identifizirt sich mit der Natur,
aber er ist es eben, der das thut. Er wird schauend
Natur, aber was sie ohne sein Schauen ist, weiß er nicht.
Goethe sagt einmal: »Es sind immer nur unsere Augen,
unsere Vorstellungsarten; die Natur weiß ganz allein, was
sie will, was sie gewollt hat«. Das Ergebnis besteht also
in Folgendem: Der Jnhalt einer Landschaft ist unser
eigenes Wesen, aber getaucht in das unbekannte Wesen der
Natur. Sympathisch ahmen wir innerlich ihre Erscheinung
nach, doch wir würden es nicht thun, wenn wir nicht den
gleichen llrsprung mit ihr hätten, und es würde uns nicht
beglücken, wenn nicht wir und die Natur aus solches Glück
eingerichtet wären."

Der Versuch, „wenigstens das Wesen unserer Be-
trachtung der Natur zu beleuchten," endet mit dem Ein-
geständnis seiner llnzulänglichkeit. Einer notwendigen
llnzulänglichkeit, „weil die Natur selbst ewig unerkaunt
bleibt". „Jn ihrer Fremdheit verschwindet auch unsre
Selbsterkenntnis, denn im ästhetischen Akte wirken ja Natur
und Phantasie in innigster Verschmelzung durcheinander."

Aettungsscbau.

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. An die Leser. — zfrtedböte und zfriedensbatne. — ll^undscbau. Dichtung. Schriften über
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