ihm der Wert des Gegenstandes in der Sunnne nur liegt,
von der Andere glauben, daß er sie dafür angelegt habe.
Ferner giebt es mitteilsame und geheimniskrämerisch - un-
zugängliche Sammler. Die Ersteren sind gewohnlich
Kenner, sürchten deshalb nicht, ihre Schätze zu zeigen, die
anderen aber gemeinlich die Kritik scheuende unwissende
Bären. . . Mit Unrecht wird den Sammlern wie den
Gelehrten vorgeworfen, selbstsüchtig zu sein. Wenn es
Liebhaber giebt, die ihrer Leidenschaft materielle Genüsse
aufopfern und, um einkanfen zu können, selbst darben, so
sind es allein stehende Leute, bei welchen diese Richtung
nicht der Selbstsucht zugeschrieben werden darf. Je näher
man solchen Männern tritt, um so mehr lernt man sie
achten! Entbehrungen erleiden, nm seinem Vaterlande Kunst-
werke zn erhalten, welchc sonst oft über die Grenzen wandern
oder selbst ganz und gar zu Grunde gehen würden, ist
gewiß ein sehr edles Streben. Wer könnte unter Andern
dem Marquis v. F. in Paris seine Bewunderung vorent-
halten? Ein Dachkämmerchen bewohnen, bei Duval speisen,
sich sehr sparsam kleiden, damit von den 6 5,ooo Frcs.
jährlichen Renten möglichst wenig den Ankaufen cntzogen
werde für Kunstgebilde, welche, erworben, auf den BAden
fauber verpackt schon lange letztwillig dem Cluny-Museuin
vermacht sind, ist das Egoismus? Und dieser andere
Pariser Sammler, Herr Anatole N., ein früherer Notar,
welcher im Livreerock die Fremden »seines abwesenden
Herrn« berühmte Gemäldegalerie besichtigen läßt, um mit
den gesparten Trinkgeldern am Ende des Jahres »ein
Bild mehr« der schon aus Millionen abgeschätzten Samm-
lung einreihen zu können, Schätze, die übrigens auch dem
Louvre vermacht sind? Zu glauben, daß die Mehrzahl
der Sammler aus alten blasirten Griesgrämen bestehc,
welche sür sonstige Genüsse abgestnmpft, im Sammeln ihre
letzten Gemütserregungen suchen, ist ebenso ein verbreiteter
Jrrtum, da gerade das Gegenteil statistisch nachgewiesen
werden kann, was übrigens von großem Belang sür den
Kunsthandel ist, weil die Jugend hier, wie überall, mit
mehr Leidenschast, als das Alter vvrgeht. — Für un-
beschäftigte junge Leute von Vermögen ist die Neigung zum
Sammeln. sclbst ost sehr heilsam, ein Damm gegen Aus-
schweifungen. . . Sammeln ist somit einem Jeden,
besonders aber den begüterten Müßiggängern anzuraten.
Ein solches Jagen nach 5lunstschätzen übt selbst seinen Ein-
sluß auf die Beständigkeit politischer und gesellschaftlicher
Einrichtungen aus. Wie viele wildbrausende llmstürzler
sind nicht durch Kunstsammeln in sanfte, sriedliebende Er-
halter umgestaltet worden. Mit llnrecht hat man oft,
besonders in Frankreich, dem vorgerückten Alter oder dem
Eigennutze die Umkehr gewisser politischer Persönlichkeiten
zugeschrieben, während die Ursache dieser Wandlung gewiß
mehr im Sammeln zu suchen wäre, da dies ja mit »kon-
serviren« fast gleichbedeutend ist. Ein Mann, der leiden-
schastlich die Erzeugnisse cines vergangenen Jahrhunderts
liebt und dem nachgeht, was die Moden längst hinter sich
gelassen haben, kann der anders als durch und durch kon-
servativ sein?. . . Eingesleischte Sammler, die Fanatiker
der Brüderschaft, wollen selbst außer Abrede stellen, daß
emsiges Sammeln auch Schutzmittel gegen die Eholera
und die Jnsluenza biete. Wenn nun dies von den nicht
sammelnden Ärzten Frankreichs sür nicht durchaus unum-
stößlich gehalten wird, so giebt es doch viele kollektionirende
Doktoren, die psr consicksrutiononi sehr geneigt sind, die
Sache außer allen Zweisel zu stellen, weil unter ihnen
selbst das in letzter Zeit konstatirte ckolirium mu.jolieulu
und der mordu8 poroeiluuiou^ gewaltig wüten. Fort-
während in Berührung mit vielen inneren Häuslichkeiten
ihrcr Kranken habcn die Ärzte mehr Gelegenhcit als jeder
Andere zum Aufsinden von Kunstgegenständen, zu welchen
viele von diesen medizinischen Sammlern aber auch das
schlechteste Zeug rechnen. . . Wer nicht selbst Samnller ist,
kann sich schwerlich eine Vorstellung von Genüssen des
Kunstliebhabers machen. Wie viele angenehme Stunden
verbringt derselbe nicht in' Mitte seiner täglich anwachsenden
Familie! Sobald er unter seine Samnllung tritt und
das von Besriedigung leuchtende Auge die Musterung be-
ginnt, bieten sich sofort Anknüpsungen an Ereignisse ver-
gangener Zeiten dar; die früher besuchten Srte, das dort
Erlebte, tauchen wieder in frischen Farben aus und ver-
jüngcn ihn. . . Man hat die Bemerkung gemacht, daß
Kunstsammler viel länger jung bleiben, weil nicht dem Geistc
allein, sondern auch dcm Körper die durch den Samullleifer
hervorgerusenen Gemütserregungen zu gute kommen". . .
Jst es nach alldem nicht klar: das gdoße Heilniittel für
die Alterskrankheiten unsrer Kultur ist das Sammeln von
alten Sachen? Jmmerhin, so drollig viele dieser Be-
merkungen klingen, das Körnchen Wahrheit steckt ja in ihnen:
hat ein gesunder Ncensch rechte geistige Teilnahme an etwas,
so fischt er auch gcsunde Anregung daraus. Aber „gesund"
muß er sein. Und daß dies nicht alle Sammler sind,
das wird wohl durch das viele geradezu Verrückte bewiesen„
das sich in unserm Sammel-Fexentum neben dem Ver-
nünstigen doch eben auch ost genug breit macht.
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