Lvveites Dezember-DeN 1692.
6.
Stück.
Lrscbetnt
Derausgeber:
zferdinand Nvenarius.
Kesrellprets:
Vierteljährlich 2>/z Mark.
0. Zabrg.
Mobnung
FlL^^Mchimmcrt der Weihnachtsbaum in nnscrm
Zimmer, genieszen wir seines sriedlichen
Lichtes vereint mit Eltern, Wcib und Kind,
dann ist nns sede Wohnung ein Hcim.
Ist aber der Glanz des innigsten Festes erloschen,
so wird nns gar oft die Wohnnng wieder nnr Wohn-
»ng. Was gehört wohl dazn, das; sie nns danernd
ein rechtes Heim sei?
Ein schöncs Heim kann nnr ans einer schönen
Wvhnung entstehcn — sprechen wir znnachst einmal
von schönen Wohnungen.
Wer viel Geld im Kasten nnd einen gnten Ge-
schmack hat und einige Erfahrnng nnd Übung dazn,
dcr bant sich cin Haus odcr ein Hänsel, oder er
sncht so lange mit Bedacht, bis er znr Miete einc
wirklich schöne Wohnnng gesnnden hat: soweit ist
dem Manne verhältnismüßig leicht geholfen. Wir
wotlen ihn sich selbst überlassen, wir wollen hent
weder von ihm reden, noch von den vielen Armen,
die froh sein müssen, Bett nnd Tisch zn finden —
der Reiche braucht nns nicht, dem Armcn können
wir, Gott sei's geklagt, in diesen Zeitlänften nicht
helfen. Wir wollen vom leidlich wohlhabenden Mittcl-
stand sprechen nnd dem, was ihm geboten wird, nnd
dem, was er sich wohl selber bieten könnte.
Schönheit der Wohnnng setzt vorans, das; die
Wohnnng zweckmäszig sei, begucm nnd gesnnd, denn
sonst wür all ihrc Gesälligkeit nnr ein Bestechcn.
Angenehme Ausgestaltnng des Zweckmätzigen, erfren-
liche Kennzeichnung des Wirklichen soll Schönhcit
sein, dann erst trügt sie die Vorbedingung der Daner
in sich nnd wird nicht frühcr odcr später mit Er-
müdung als blendende Lnge empfnnden. Daß blendende
Lüge in den Wohnräumen des Bürgerstandes hent
mehr herrscht als je, das aber ist wahr, ein trauriges
Zeichen seines Niedergangs. Man fühlt nnr felten
noch das Bcdürfnis, die Dinge zu gestalten als das,
und Deim.
was sie sind; sic svllcn anssehen, als wärc» sie ctwas
Kostbareres, „Fcineres". Es ist miknnter znm Lächeln,
jnst als ahme die Wohnnng jcdcr Stcnerklasse die
der um fünf Stnsen höhcren nach. Nnd als wvllte
sich das Protzende, das Anßerliche scho» ränmlich
spmbolisiren: große Trcppenhänser, stattlichc E.npsang-
zimmer, mäßige Wohn-, klcine Schlafrünme. „Jmi-
tation" an allcn Enden, damit alles aussehe, als
wäre es tenrer als cs ist: ein Ziergekröse von Stampf-
pappe, mit Stisten an die Dccke genagelt, eichcnholz-
farben bemalter Stnck nm die Thüren in Nachäsfnng
i von Gesimsen nnd Krönnngen in Holzschnitzcrei, mit
! Slsarbe „marmorirte" Flnrwände. Statt des ehr-
I lichen Kleides des Frcien in Nachahmnng „vor
^ nehmercr" Trachten ganz dasselbc, was anf ihrem
Gebiete Kellnerfrack nnd LivrHe sind. Ferner in dem
Bestreben, reich zn scheinen, ein Überladen mit Formen.
Ein Hcrrlichcs in der Hand des Meistcrs ist das
Ornament: der gcstaltet es so, daß es, eine Angen-
frende an nnd snr sich, dort, wo es angebracht ist,
den Rciz der Form kräftigt nnd adelt. Von solcher
Vcrwcndnng weiß die Diirchschnittswohnnng nichtc':
reich soll sic anssehen nnd billig doch muß sic her-
gcstellt werden, in Massen anf Maschinen also werden
sür sie Ornamcnte fabrizirt ohne vicl an Andercs zn
dciiken, als cbcn an dcn billigen Schcin dcs Neichtnms.
Schön waren die mit dem Umherschreitcnden wandern-
den klarcn Lichtpnnkte anf den einfach halbkngelsörmig
ansgehöhltcn Glasnrkacheln altdentschcr Ofcn, wie
rnhig glänzende klare Sterne — jetzt prcßt man die
Kacheln in mannigfach oriicimcntirtc Formcn. ein
wirrcs Dnrchcinander der Lichtpunkte ist die Folge.
Man verstcht gar nicht mehr, wvrauf es ankommt. i
Wie bei den Butzenscheiben — man beginnt schon für
ihre Stelle ornamentrciche Glasstücke auszupresscn.
Oder bei den Lampen nnd Kronlenchtern mit ihrer jede
Kraft verzettelnden Unrnhe von kleinen Formcn. Von >
Ki-.
E)
O)
Metl)iiacl)tsl)etr.
6.
Stück.
Lrscbetnt
Derausgeber:
zferdinand Nvenarius.
Kesrellprets:
Vierteljährlich 2>/z Mark.
0. Zabrg.
Mobnung
FlL^^Mchimmcrt der Weihnachtsbaum in nnscrm
Zimmer, genieszen wir seines sriedlichen
Lichtes vereint mit Eltern, Wcib und Kind,
dann ist nns sede Wohnung ein Hcim.
Ist aber der Glanz des innigsten Festes erloschen,
so wird nns gar oft die Wohnnng wieder nnr Wohn-
»ng. Was gehört wohl dazn, das; sie nns danernd
ein rechtes Heim sei?
Ein schöncs Heim kann nnr ans einer schönen
Wvhnung entstehcn — sprechen wir znnachst einmal
von schönen Wohnungen.
Wer viel Geld im Kasten nnd einen gnten Ge-
schmack hat und einige Erfahrnng nnd Übung dazn,
dcr bant sich cin Haus odcr ein Hänsel, oder er
sncht so lange mit Bedacht, bis er znr Miete einc
wirklich schöne Wohnnng gesnnden hat: soweit ist
dem Manne verhältnismüßig leicht geholfen. Wir
wotlen ihn sich selbst überlassen, wir wollen hent
weder von ihm reden, noch von den vielen Armen,
die froh sein müssen, Bett nnd Tisch zn finden —
der Reiche braucht nns nicht, dem Armcn können
wir, Gott sei's geklagt, in diesen Zeitlänften nicht
helfen. Wir wollen vom leidlich wohlhabenden Mittcl-
stand sprechen nnd dem, was ihm geboten wird, nnd
dem, was er sich wohl selber bieten könnte.
Schönheit der Wohnnng setzt vorans, das; die
Wohnnng zweckmäszig sei, begucm nnd gesnnd, denn
sonst wür all ihrc Gesälligkeit nnr ein Bestechcn.
Angenehme Ausgestaltnng des Zweckmätzigen, erfren-
liche Kennzeichnung des Wirklichen soll Schönhcit
sein, dann erst trügt sie die Vorbedingung der Daner
in sich nnd wird nicht frühcr odcr später mit Er-
müdung als blendende Lnge empfnnden. Daß blendende
Lüge in den Wohnräumen des Bürgerstandes hent
mehr herrscht als je, das aber ist wahr, ein trauriges
Zeichen seines Niedergangs. Man fühlt nnr felten
noch das Bcdürfnis, die Dinge zu gestalten als das,
und Deim.
was sie sind; sic svllcn anssehen, als wärc» sie ctwas
Kostbareres, „Fcineres". Es ist miknnter znm Lächeln,
jnst als ahme die Wohnnng jcdcr Stcnerklasse die
der um fünf Stnsen höhcren nach. Nnd als wvllte
sich das Protzende, das Anßerliche scho» ränmlich
spmbolisiren: große Trcppenhänser, stattlichc E.npsang-
zimmer, mäßige Wohn-, klcine Schlafrünme. „Jmi-
tation" an allcn Enden, damit alles aussehe, als
wäre es tenrer als cs ist: ein Ziergekröse von Stampf-
pappe, mit Stisten an die Dccke genagelt, eichcnholz-
farben bemalter Stnck nm die Thüren in Nachäsfnng
i von Gesimsen nnd Krönnngen in Holzschnitzcrei, mit
! Slsarbe „marmorirte" Flnrwände. Statt des ehr-
I lichen Kleides des Frcien in Nachahmnng „vor
^ nehmercr" Trachten ganz dasselbc, was anf ihrem
Gebiete Kellnerfrack nnd LivrHe sind. Ferner in dem
Bestreben, reich zn scheinen, ein Überladen mit Formen.
Ein Hcrrlichcs in der Hand des Meistcrs ist das
Ornament: der gcstaltet es so, daß es, eine Angen-
frende an nnd snr sich, dort, wo es angebracht ist,
den Rciz der Form kräftigt nnd adelt. Von solcher
Vcrwcndnng weiß die Diirchschnittswohnnng nichtc':
reich soll sic anssehen nnd billig doch muß sic her-
gcstellt werden, in Massen anf Maschinen also werden
sür sie Ornamcnte fabrizirt ohne vicl an Andercs zn
dciiken, als cbcn an dcn billigen Schcin dcs Neichtnms.
Schön waren die mit dem Umherschreitcnden wandern-
den klarcn Lichtpnnkte anf den einfach halbkngelsörmig
ansgehöhltcn Glasnrkacheln altdentschcr Ofcn, wie
rnhig glänzende klare Sterne — jetzt prcßt man die
Kacheln in mannigfach oriicimcntirtc Formcn. ein
wirrcs Dnrchcinander der Lichtpunkte ist die Folge.
Man verstcht gar nicht mehr, wvrauf es ankommt. i
Wie bei den Butzenscheiben — man beginnt schon für
ihre Stelle ornamentrciche Glasstücke auszupresscn.
Oder bei den Lampen nnd Kronlenchtern mit ihrer jede
Kraft verzettelnden Unrnhe von kleinen Formcn. Von >
Ki-.
E)
O)
Metl)iiacl)tsl)etr.