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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 6.1892-1893

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Heft 6 (2. Dezemberheft 1892)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.11727#0100

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Und Denken, Gott, und Schmerz auch tausendfaltig:
wir leiden alle, Brüder sind wir alle,

Denn alle leiden, alle leiden wir.

2. „Telle!"

Aus seiner Bahre lag ein toter Mann,

Da trat der Gott dcr Liebe zu ihm. „Lebe!",

So sprach er, „lebe!", und noch einmal „lebe.

Und der Gestorbne lebte.

Mich begleitet

Dies Bild, und in des Toten Seele senkt
Mein Geist sich ein.

Dnrch grabesschwarze Bacht
Dringt ber aus starrer, eingefrorner Stille
In seines Todes Schlaf ein fern Gesumm,
wie, wenn erloschen die Gestirne einst,

Lin winzger Bcbel Lichts erschimmern wird.

Und wieder tont's — doch blinkend wie ein Stern
Glänzt ihm das „Lebe!" durch der Seele Bacht,
Daß es drin dämmert — da, und wieder tönt's,
Gewaltig tönt's, als glüh die Sonne aus,

Und mit posaunenstimme rust es „Lebe!"

Und sein geblendet Auge thränt und schmerzt,
Lichter und Farben wirbeln durcheinander,

Und alles in ihm schaudert, zuckt nnd gährt —
Dann staunt er um sich hcr, und zittcrnd sieht er
Auf wiesengrün.

5. Der Schwester des Schmerzes.

Du Unbekanntes, das durchs Unendliche hin
Die welten strcut
Und über sie Tage und Nächte,

Ich, dieses Stäubchens Erde Staub,
Lmxsinden darf ich,

Mit ganzem Ich empsinden darf ich
Dein großes lseiliges!

Ihr meine Augen,
wie wart ihr schwach,

Lhe die Nacht euch zu sehen gelehrt
Mit ihres Dunkels Geheimnissen
Und ihren ftillcn

weltenkündern, den Sternen droben
Und hienieden

Dem Fensterschimmer ans Menschenhütten!

Du meine Seele,

Wie warst du taub,

Lhe die Stimmen der Nacht dich gelehrt
Auch das ^erne und Leise zu hören am >Lag
wie warst dn arm,

Du meinc Seele,
wie bist du reich!

Was aus dcr Lrde atmet und fühlt,

Mit stumpsen Sinnen

In einem wirrsal verschwommener Formen
Tastet so oft es durch Lngen dahin —

Mich aber sührtest du, Schmerz,

Mich aber weihtest du, Schmerz, znm Glück.

Dcnn nicht die Feindin,
wie Ainder glauben,

Ist dir dic Freude:

Des gleichen Vaters
Lrhabene Züge trägt sie wie du,

Und durch dein ernstes Land
,^'ührst du uns selber dcr Schwester zn.

^reude, Schwestcr des Schmerzes dn!
weinenden Auges jubl' ich:

Dnrch meine Adern rauscht's wie Gesang —
wie vom Schöpfungsniorgen betaut,

Neu ist, was ich erblicke!

Fcrd. Nvcnrnius.

Lur gekl. Keucdtung. Da dieses theft als weihna chtsheft gedacht ist, haben wir in die
„Nundschau" nur Besprechungen von neuen Lrscheinungen des Büchermarktes aufgenommen.
Bom nächsten Defte ab wird selbstverständlich die Zeitschrist wieder dieselbe größere Mannigfaltigkeit zeigen,
wie sonst, und auch das heute etwa versäumte wird dann nachgeholt werden.

Den geebrten Lesern L»

können wir zu uuserer Freude mitteilen, daß der Abnehmerkreis des „Runstwarts" sich in letzter Zeit sehr
beträchtlich vergrößert hat. wir dürsen darin wohl eine Bestätigung dasür sehen, daß die mit
dem Gktober eingeführten Neuerungen zweckmäßig waren. Aber wir wissen auch wie viel Anteil an der
erfreulichen Lntwickelung der verhältnisse die weiterempfehlung hat, die unsrer Zeitschrist durch ihre älteren
Lieser geworden ist. Dasür danken wir diesen vor dem Zahreswechsel aus das b^erzlichste. Und wir bitten
die älteren wie die neugewonnen Lreunde des „Runstwarts", auch jetzt um freundliche weiterempsehluna
— kann doch die Zeitschrist ihre Ziele je besser versolgen, je breiter und sester sie in der Gunst der
ernst denkenden Gebildeten wurzelt.

ssrobeheste des „Runstwarts" werden kostenfrei unter allen Adressen versandt, die uns von der
Güte unserer Leser als geeignet sür den Zweck mitgeteilt werden.

Dr-sden-A,, in, Dszember »2 Aunstwart-Derloe;

pillnitz°rs.-°ß° 5,. ,«°°,.ß -

Znkalt


Mobnung und Deim. Iirundscbuu. Dichtung. Schöne Literatur X. Schriften über Literatur I. —
At usik. Musik-Literatur VI. — Bildeude Kü u st e. Kuustliteratur III. Kunstblätter und Bilderwerke II
Bermischtes zur „Weihnachtsschau". Lose iGlätler. Drei Weihnachtsgedichte.

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