Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 6.1892-1893

DOI Heft:
Heft 8 (2. Januarheft 1893)
DOI Artikel:
Lose Blätter
DOI Artikel:
Zeitungsschau
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.11727#0132

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
L-ose Wlätter.


» Der Werliner Ikimstlerstreit. Auch Berlin hat
nunmehr seine Sezesflonisten. Wir haben bereits berichtet
über das Versahren der Berliner Künstlergenossenschast
gegen den norwegischen Maler Mnncb, der vom Aus
stellungsausschusse eingeladen worden war, seine Bilder im
Bereinslokal ausznstcllen, und von der entrüsteten Mehr-
heit der Berliner Maler nnt Verletzung des üblichen An-
stands und des Gastrechts hinausgeworfen wurde. Eine
große Anzahl der Berlincr Künstler unter Führnng des
trefslichen Karl Köpping hatte erfreulicher Weise gegen das
ven Anstand verletzende Benehmen der Mehrheit Ver
lvahrung eingelegt und innerhalb der Künstlergenossenschaft
eine sreie Vereinigung begründet, welche im Jnteresse des
Fortschritts und für freies Licht auf dem Gebiete der
Kunst in Berlin eintreten will. Ans rein materiellen
Rücksichten ist die sreie Vereinigung im Rahmen dcr alten
Genossenschaft verbtiebcn. Diese Bewegung hat nun ein
eigenartiges Nachspiel innerhalb der Berliner Akademie
gehabt. Es ist bekannt, auf wie tiefer Stuse diese Kunst
schule lange Zeit gestanden hat nnd zum Teil noch steht.
Gleich der Dresdner Akademie zieht sie auch setzt noch
vielfach eine Menge von talentlosen Schülern groß, die
später die Masse des Knnstproletariats und die Mehrheit
jener Auchkünstler bilden helfen, die jedcn Fortschritt wo-
möglich durch Abstimmung zu unterdrücken versuchcn.
Fast schien es, als sollte die Berliner Akademie durch Be-
rufung so tüchtiger Kräfte wie H. Vogel, Skarbina, Köp-
ping in neue Bahnen gelenkt werden. Jndeß zeigte die
Berufnng Thumanns, daß Herr Anton von Werner keincs-
wegs geneigt sei, die guten alten Traditionen der alters-
schwachen Kunstschule gänzlich zn verleugnen. Als nnn
gar zwei seiner Untergebenen, die Herren H. Vogel und
A. v. Heyden, wagten, sich auf Seite der Sezessionisten
zu stellen und sür den künstlerischen Anstand durch ihre
Unterschrift einzutreten, hielt es Herr vou Werner sür an-
gezeigt, gegen diese Rebellen beim Kultusminister die Ein-
leitung des Disziplinarverfahrens zn beantragen, damit
sie einen Verweis erhielten. Der Herr Kultusminister be-
saß so viel Einsicht und Gescknnack, das Ansinnen des
Herrn von Werner abzulehnen. Der Streit schicn beige-
legt. Da geschah es, daß tapfere Mannen ans dem Ge-
solge Werners, Professoren der Kunstakademie, ihren ab-
trünnigen Kollegen Hugo Bogel und A. v. Heyden dreimal
den Gruß verweigerten. Man darf wohl sagen, daß
dieses kindliche Benehmen ein würdiges Seitenstück ;u dem
Vorgehen der Mehrheit in der Küustlergenossenschaft ist.
Die Herren Vogel, Heyden und mit ihnen Skarbina haben
nunmehr ihre Entlassung aus dem Professoren-Kolleginm
der Berliner Akademie verlangt. Ans manchen bisherigen
Vorgängen im Berliner Kunstleben wir erinnern nur

an das Kaiser Wilhelms-Denkmal — dars man es als
selbstverständlich betrachten, daß der nach oben so beliebte
Herr von Werner Recht behalten wird und die drei Herrcn
ihren Abschied erhalten wcrden. Nlan wird sie dnrch alte
bewährte Kräfte ans der Mehrheit der Berliner Künstler-
gcnossenschaft ersetzen: dann wird ja anch der Zwiespalt,
der zwischen der Kunst eines Vogel und Skarbina nnd
eiues Thumann sicher anfgesprossen wäre, glücklich bcscitigt
sein. Dann wird das Wernersche Kunstideal von neuem
herrlich blühen, lind die unversälschte Berliner Knnst ist
gerettet. —?—

Für Wildbauer interessant und wichtig ist die sol
gende Ncitteilung, die wir einem Privatbriefe des bekanuten
sranzösischen Bildhauers N. d'Jllzach entnehmen können.
Sie betrifst die Herstellnng kleinerer Bildwcrke in
Bronze. Bisher war das Versahren bckanntlich derart,
daß das Thonmodell des Künstlers, nehmen wir als Bei
spiel einmal ein Reliefbildnis, zunächst vom Gipsgießer
mittelst sog. verlorner Forin in Gips übertragen wurde.
Das so entstandcne Gipsmodell kam dann, nachdem es
reparirt worden, in die Hände des Erzgießers. Von
diesem wurde es abermals geformt, d. h. es wurde mit
großer Mühe und Sorgfalt eiue aus vieleu geuau au-
einander passenden Stückcn bestehende Form hergestellt.
Jn diese wurde das Erz gegossen. Der Gnß, der daraus
hervorging, nnterlag dann schließlich noch rer mehr oder
weniger künstlerischen Arbeit des Ziseleurs. Die Näte
mußten abgenommen werden, die überall entstanden, wo
die einzclnen Stücke zusammeustießen; ja es kam vor, daß
das eine oder andre von diesen ganz versetzt war. Allcs
in Allem: die Arbcit des Künstlers hatte manchmal viel
von ihrer nrsprünglichen Frische verloren, wenn sie endlich
die Werkstatt dcs Erzgießers verließ. Dem soll das Ver-
fahren R. d'Zllzachs cntgegemvirken. Wir lassen ihn
selber sprechen. „Was die Erzgießerei anlangt, so kann
ich Jhnen eine Weise angeben, die ich anwende. Ilber
das Thonmodell mache ich eine Gipsform. Anstatt aber
reinen Gips anzuwenden, mische ich ihn mit Sand. Dann
entserne ich den Thon, reinige die Form, lasse sie aus-
trocknen und gieße das Erz hinein. Nach dem Guß zer
sällt sie in Staub, und die Bronzc kommt mit natürlicher
Patina und allen in Thon ausgesührten Glanzpunkten
zum Vorschein. Dieses ist dic einzige Art, auf welche
des Bildners Modell wirklich getreu wiedergegeben wird."
Das sind Vereinfachungen der vorher beschriebenen müb
seligen Gußweise, die scbon der Kostenersparnis wegen
Versuche in der Richtung wohl lohnen würden. Ganz
abgesehen also von den unzweifelhaft bedentenden künst-
lerischen Vorzügen, die d'Illzachs Verfahren bat.

L. O.

Leitunasscdkku.

Nllgemeines. (Individualismus und Sozialismus) G.
winter, Gegenw. 52. >Goethe und SchiUer über die
deutsche Sprache) G R., Ztschr. d allgem. deutschen Sprach-
vereins z s. —

Dtcdtung. (Literarische Rrisis in Italien) O. Iustinus,
Beil. z. Allgem Z. 29Z. — (Alasstker und Romantiker)
G. Sarnack, Beil. z. AUgcm. Z. 298. — L. Tb. A. bsoff-

mann) Ls. v. wolzogen, Bayreuther Bl. z. — (T. F.
Neyer).S. Sänger, Gesellsch. Z2. —

Tdenter. (Die Schaubühne als unmoralische dlnstalt) M.
6 , Zukunft iö. — Das Theaterrezensententum» G. R.
Anti-Rorruption z-z f. — („Die Tragödie des Bolkssänger-
tums"> L. M. Daeano, B. chels z. Al. 6. — (Goldoni)
A7. Grunwald, chrkf. Z. 9. —

. Nnrüemge Stocke. Mundscvnu. Dichtung. Schöne Literatur XII. Schristen über Literatur II. —
Theater. Wichtigere Schauspielaufführungen XXXVIII. — Mus ik. Wichtigere Musikaufführungen VII.
Johannes Brahms (Schluß). Das musikalische Jungitalien. Sprecdsaal. Die Reform der Kunstausstelluugen nnd die

Münchener Sezession. Lose ilLlütter. Leltungssedriu.
 
Annotationen