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Hartmann, Florian; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ars dictaminis: Briefsteller und verbale Kommunikation in den italienischen Stadtkommunen des 11. bis 13. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 44: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34760#0021

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Teil I: Einführung

rung bekam, richtete sie sich in Oberitalien stärker nach den pragmatischen Zwecken
der Alltagskommunikation."
Die arfes dzcfandz zeichneten sich durch eine erstaunliche Homogenität und Kon-
tinuität ausA Radikale Veränderungen waren überaus selten und, wenn sie überhaupt
auftraten, meistens bestimmten sozialen und politischen Rahmenbedingungen ge-
schuldet.^ Im Vergleich mit den stilistisch ausgefeilten Briefen der weit verbreiteten
Briefsammlungen von Hieronymus, Cassiodor und Gregor dem Großen oder Petrus
Damiani und Hildebert von Lavardin zielten die arfes dzcfandz in den Kommunen auf
einen einfacheren, bisweilen sehr formalisierten Briefstil ab. " Die Homogenität und der
starre Formalismus der arfes dzcfandz erlauben es, hier einleitend eine allgemeine Ein-
führung in den genretypischen Aufbau der arfes dzcfandz zu geben und immer wieder-
kehrende Themen sowie Traditionslinien der Gattung vorzustellen.

1.2 Briefgliederung gemäß den Regeln der dicfümmis

Unter Bezug auf die antike Rhetoriklehre und aufgrund ihrer gezielten Anpassung an
briefspezifische Besonderheiten hatte sich - mit insgesamt nur wenigen Ausnahmen -
in der Mitte des 12. Jahrhunderts in der Brieftheorie die einheitliche, quasi kanonische
Gliederung des Briefes in fünf Teile durchgesetzt. Dieser anfangs noch nicht etablierte
fünfgliedrige Aufbau geht auf die überaus wirkmächtigen Werke des Magisters Bern-
hard zurück und sollte bis ins 15. Jahrhundert stilbildend bleibend Der meist ausführ-
lich mit theoretischen Vorgaben bedachten saüdaho folgen exonÜMm (bisweilen auch als
pnwerFzMm oder capfaho AncuoUnh'ac bezeichnet) und Rarraho. Nach der wiederum in
der Theorie viel thematisierten pch'h'o schließt der Brief dann mit der condMsio. Die ein-
zelnen Gliederungspunkte werden in den arfes dzcfandz in je sehr unterschiedlicher Aus-
führlichkeit beschrieben.

1.2.1 Salutatio
In der Brieftheorie zählte die Anrede, die saüdaho, zu den wichtigsten Teilen des Brie-
fes/"* Sie zerfällt in drei Teile: die ZRh'hdah'o, die den Absender bezeichnet, die znscnpho

BENSON, Protohumanism, S. 35; W111, Medieval Italian culture, S. 43.
Vgl. CAMARGO, Ars dictaminis, S. 21: »From the early twelfth Century through the fifteenth Cen-
tury, the arUs dz'cfaadz treated much the same subjects in much the same order«.
Die historische Kontextualisierung dieser markanten Wendepunkte wird in Kap. II geleistet.
Vgl. Wi i i, Rhetoric and Reform, S. 33.
KLAES, Magister Bernhard, S. 2p vgl. zuletzt auch TuRCAN-VERKERK, La Rafz'o za dz'cfamz'aa, S. 920;
eine der wenigen Ausnahmen bildet Jacques von Dinant: Summa dz'cfamz'az's, S. 67-69, aus dem
späten 13. Jahrhundert, der zudem eine andere Terminologie der einzelnen Teile vorschlägt, al-
lerdings ohne sich damit durchzusetzen, vgl. PoLAK, A textual study, S. 43.
Zu diesem Urteil kommt schon CAMARGO, Ars dictaminis, S. 22; zur sahdah'o grundlegend und
immer noch Ausgangspunkt für jede Beschäftigung mit der Briefanrede LANHAM, Sahdah'o; vgl.
auch TuRCAN-VERKERK, Destins croises de l'ars dz'cfaadz et de l'ars rzcrszjz'caforz'a, zwar ausgehend
von Magister Bernhard aber generalisierend für die ars dzcfamzazs insgesamt: »La plus impor-
tante est la saiafaho.' c'est lä que se jouent toutes les relations au sein du corps social, et que
 
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