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Hartmann, Florian; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ars dictaminis: Briefsteller und verbale Kommunikation in den italienischen Stadtkommunen des 11. bis 13. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 44: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34760#0274

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7 Fazit

Im Verlauf des 12. und 13. Jahrhunderts mehren sich die Berichte über die Hochschät-
zung der Eloquenz in den oberitalienischen Kommunen. Die Belege finden sich in der
kommunalen Geschichtsschreibung ebenso wie bei auswärtigen Beobachtern. Typolo-
gisch wurde dieses Phänomen zwar in der Forschung bereits von ENRico ARTiroNi und
MAssiMo GiANSANTE erkannt und beschrieben.' Das Hauptaugenmerk galt dabei aber
dem Duecento? Die Vorbedingungen und Wurzeln im 12. Jahrhundert blieben weithin
unbeachtet. Will man aber die Funktion und Bedeutung der Eloquenz im Duecento ver-
stehen, ist der Rückgriff auf die Genese parallel zur Ausprägung der Kommune erfor-
derlich. Dafür stehen seit dem Beginn des 12. Jahrhunderts allein die kommunalen arfes
dzchtüdz als Quellen zur Verfügung.
Von ihnen führt eine kontinuierliche Linie hin zu den Musterreden eines Podestä,
die im 13. Jahrhundert schließlich unter anderem der Octdüs pasforaEs zur Verfügung
stellte? Den arfes dzcfandz kann hier eine katalytische Wirkung zugesprochen werden.
Indem in ihnen schon seit Beginn des 12. Jahrhunderts - und später auch in weiteren
Werken - immer wieder Eloquenz als wichtige Fähigkeit verstanden und diese Vorstel-
lung verbreitet wurde, etablierte sich eine Vorstellung oder ein Wissen von Eloquenz,
das wiederum zur ständigen Bestätigung dieser Bewertung führte? Die dzcfafores sorg-
ten durch den Unterricht vor immer wechselnden Schülern nicht nur für die Verbrei-
tung dieser Vorstellungen, sondern als Lehrer war ihnen eine Autorität gegeben, die
ihnen auch in sozialen und politischen Fragen Glaubwürdigkeit verschaffte? Da die
Amtsträger entsprechend gezwungen waren, diese Erwartungen zu erfüllen und not-
falls auf Mustersammlungen zurückgriffen, um dem geforderten Ideal nahezukom-
men, folgten sie diesen Zwängen und bestätigen damit die Legitimität des Ideals, indem
sie es selbst zur Schau stellten.
Die dzcfafores selbst jedenfalls führten ihr Selbstvertrauen darauf zurück. Denn die
Art und Weise, wie sie in ihren Werken den Nutzen ihrer Werke und der Gattung her-
ausstellten, lässt an ihrer Überzeugung keinen Zweifel: dona audla, wülfae preces, Sono-
res, dzgüdafes und Zugang zu den mächtigsten Höfen der Zeit verspricht Albertus von

ARTiFONt, Retorica e organizzazione del linguaggio politico; DERS., Sull'eloquenza politica nel
Duecento; GtANSANTE, Retorica e politica nel Duecento.
Zum iß. Jahrhundert vgl. auch die Fallstudie von BERNwiESER, Die Friedensrede Hugolinos von
Ostia.
Ocaias pasDrah's; vgl. auch Albertano da Brescia: U'Ar & doArz'aa dz'cewd; A facead;'; Orhno da
Lodi: De rcgzanac A sapz'caü'a poUsfaü's.
Zu einem ähnlichen Phänomen im Umfeld des antiken Rom vgl. DuGAN, Making a New Man,
S. 12.
Zur Macht der Lehrer, auch politisch auf ihre Schüler einzuwirken vgl. schon Landulphus se-
nior: Ph'sforM Medz'Aaaeasz's, III, 5, S. 87, der berichtet, wie Ariald in den Konflikten innerhalb
Mailands seine Schüler für seine Sache einspannt: An'aMas rvro saos tpzos /m&'U' poUraf scAau's z'a
co&a: z'araazeafo tpzod ;'pse?Avraf cosfrz'agcas.
 
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