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Hartmann, Florian; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ars dictaminis: Briefsteller und verbale Kommunikation in den italienischen Stadtkommunen des 11. bis 13. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 44: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34760#0032

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1 Ars zücHzzzz'rzz's - Eine Einführung

21

1.5 Verbreitete Anhänge und Briefmuster
in den ürfps d;'cf%nd;'

Fast alle arlcs dzcfandz veranschaulichen das, was sie in einem ersten Teil theoretisch
erfassen und erläutern, anschließend in praktischer Umsetzung am Beispiel von Mus-
terbriefen. Bei Alberich von Montecassino und dann auch bei Hugo von Bologna noch
in vergleichsweise geringer Zahl angeführt, werden diese Musterbriefe im Laufe des
12. Jahrhunderts zu dem umfangreichsten Teil der einzelnen alles dzcfandz. Handschrif-
ten mit den fnirodrzUz'oncs de arte dzcfandz des Transmundus aus dem 13. und 13. Jahrhun-
dert konnten so über 200 solcher Briefe enthalten. Diese Briefe wurden nicht in jeder Ko-
pie neu erfunden, sondern oft aus anderen, bestehenden Sammlungen übernommen.
So finden sich in einer der späteren Handschriften der fnirodrzUz'oncs de arte dzcfandz des
Transmundus auch Briefe Thomas' von Capua und Petrus' de Virtea.'"' Die große Be-
deutung dieser Musterbriefe erklärt dann auch, warum die Aurea gemma des Henricus
Francigena in einigen Handschriften unter Auslassung der brieftheoretischen Partien
allein aus dem Briefmuster besteht."^ Schon aus der Mitte des 12. Jahrhunderts sind
zahlreiche Mustersammlungen überliefert, deren alleiniger Zweck in der briefprakti-
schen Lehre bestand. In diese Tradition stellten sich dann auch die großen Briefsamm-
lungen des 13. Jahrhunderts, die Briefe aus der staufischen Kanzlei oder aus der Kurie
zusammen stellten.""
Bei Magister Bernhard wurden beispielsweise Musterbriefe präsentiert, die zu
jedem einzelnen Gliederungspunkt eines Briefes mehrere stilistische Varianten bo-
ten, die jeweils mit oei voneinander abgegrenzt waren."' So entstand kein fließender
Brieftext, sondern eine Aneinanderreihung von Versatzstücken, die sich nur stilistisch
voneinander unterschieden. Die Studenten lernten daran neben der Stilistik auch in
strenger Formalisierung den idealen Briefaufbau. Denn Bestandteil der Briefrhetorik
war auch die logische Argumentation. Ein Beispiel solch idealisierter und streng forma-
lisierter Briefrhetorik in den arfes dzcfandz bietet die vor 1183 wohl in Tours entstandene
SM7M77M Hon'Hzs V Einleitend wird das Thema des Musterbriefes vorgestellt:
Assuwafur ergo faie fema, pnod tpüdam Panszus znszsfens sfrofäs ef nzmzs panper-
rzme uzuens üiteras dzrzgaf wafrz sne rd in reFns necessanzs szbz proozdeaf.^
Dann fährt die Samara Piorzbus sehr schematisch und möglicherweise von Magister
Bernhards Vorbild beeinflusst, fort:

'Vgl. KLAES, Transmundus, S. 109 f..
'Vgl. LÜTTEN, Henricus Francigena, S. 73, bezüglich der entsprechenden Handschriften S. 77 ff.
ns Zu diesen Werken jetzt umfassend GREviN, Rhetorique du pouvoir medieval.
n9 Eingeführt hat diese Methode mit der Bereitstellung von variablen Versatzstücken Hugo von
Bologna: Rah'ozzrs dz'cfazzdz prosaz'cr, S. 66; vgl. BouREAu, Letter-Wriring Norm, S. 41: »He intro-
duced a major novelty into dz'cHzzzra by shifting the focus from examples (to be copied) to ge-
nerative models (to be adapted). Thus [...] he proposed cut-and-paste combinations of possible
kinds of salutations«.
12° Eine Analyse der Saz?:z?M EiorzPas bei CAMARGO, Libellus de arte dictandi rhetorice attributed to
Peter of Blois, S. 26-38.
121 Saz?:z?M EiorzEas, London, British Library, Add. MS 18382, f. 59t'.
 
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