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Hartmann, Florian; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ars dictaminis: Briefsteller und verbale Kommunikation in den italienischen Stadtkommunen des 11. bis 13. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 44: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34760#0211

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200

Teil III: Die arfes dzcfazzd; als Spiegel des Diskurses

Dieser letzte Punkt verdient abschließend noch besondere Beachtung. Die zzrfes
dzcfzzzidz lehrten im Rahmen der Briefstilistik unter anderem auch die Argumentations-
strategie. Demnach galt es, im exordzzzzw mit einer allgemein anerkannten Maxime aus
der Feder einer etablierten Autorität zu beginnen und von ihr die Legitimität der kon-
kreten Bitte abzuleiten A Damit die Freunde die Forderungen, die in Briefen von ihren
Partnern an sie gerichtet wurden, auch befriedigten, berief man sich nach den Regeln
brieflicher Argumentationstechnik'" auf eine bestehende Freundschaft und die damit
verbundenen Verpflichtungen. Diese moralischen oder politischen Pflichten, die sich
aus der Freundschaft ergaben, werden am Beginn des Briefes im exordzzzzw aphoristisch
beschrieben. Beispielhaft sei hier Hugo von Bologna zitiert: Ozwziezw zzzwzczzzw ah zzzwzco szzzs
zu zzcccsszYzziz'bzzs cxpcAzzrc szzbsz'dz'zzzrz &xHA
Die im Kontext der zzrs dzcfzzzwzzizs verbreiteten oft umfangreichen Exordiensamm-
lungen belegen, welche Bedeutung dem cxozAz'zzzrz in der Brieflehre zukam. Die Aus-
wahl des cxozAz'zzzrz entschied über die Argumentationslogik und damit den Erfolg des
brieflichen Anliegens. Exordzezi wurden daher als plausible Einleitungen argumenta-
tionsstrategisch in der Briefkommunikation eingesetzt; sie gaben Wertvorstellungen
wieder, die allgemein in der Kultur der Kommunen geteilt wurden. Die zzrfes dz'Azzzzdz
und ihre Exordiensammlungen bieten damit den vielleicht direktesten Zugang zu den
kommunikativen Verhaltensmustern, in denen sich letztlich auch kommunale Herr-
schaft aktualisierte.^ Zu solchen sozialen und kommunikativen Verhaltensmustern im
kommunalen Alltagsleben zählte offenbar auch die Instrumentalisierung von Freund-
schaft oder der Aufbau von Freundschaften zum Zweck späterer Instrumentalisie-
rung. Denn auch in den Exordiensammlungen wird kein Sujet so oft thematisiert wie
die Freundschaft.^

3.4 Freundschaft als Elitendiskurs

Wie ausführlich dargelegt, verweist die große Präsenz des Themas Freundschaft in den
zzrfes dzcfzzzidz auf seine tatsächliche Bedeutung in der kommunalen Kommunikation.
Freundschaftsbriefe wurden in die zzrfes dzchzzidz aufgenommen, weil der Bedarf danach
vorhanden war.

64 Ausführlich dazu Kap. III, 5.
65 Vgl. dazu die Ausführungen bei WoRSTBRoex, Die Frühzeit der Ars dictandi in Frankreich,
S. 147 h
66 Hugo von Bologna: Raf/önes dz'cfazzdz prosaz'ce, S. 86.
65 Vgl. STOLLBERG-RnnNGER, Was heißt Kulturgeschichte, S. iß, die von den Diskursen, wie sie sich
unter anderem in den artcs dz'cfazzdz niederschlagen, auf jene Praktiken und Objektivationen
schließen möchte, »ohne die die zeitgenössischen Macht- und Herrschaftsstrukturen nicht an-
gemessen zu verstehen sind«.
66 Vgl. die 20 Blätter umfassende Exordiensammlung des Magisters Bernhard: Summa dz'cHmz'zzum,
BAV, Codex palatinus latinus 1801, f. ß6v-47r, mit einer Vielzahl von Aphorismen über den Wert
der Freundschaft; vgl. als Beispiel f. 46v-47r: fzz zgnzs/ezmore aurum prohdur et zzzürnus adpersz'faü's
tempore amz'cMS agMoscdrzr; [...] Am/corum esf sua zzegocz'a pede cogzzoscere et suis oporfMm'faühMS mu-
üzas pz'cz'ssz'frzdz'zzes mpezzdere; [...] Hier parz'aFz'ies/orfrzz!^ casus et rerum parz'efafes mrzfaMüzm m'cM
Mfz'tyMe a sapz'ezdzhMS pofzus Fen/gmus SMap/MS et /zozzestzus esü'mafMr z^rzam peram amz'cztz'am z'z!Penz're et
z'npezdam crzrafz'ssz'me oFserpare.
 
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