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Hartmann, Florian; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ars dictaminis: Briefsteller und verbale Kommunikation in den italienischen Stadtkommunen des 11. bis 13. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 44: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34760#0210

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3 /dem ueUe cf idem uoNe; Inszenierung privater Freundschaft

199

konnte/" ist jedoch bereits in Ansätzen am Beispiel weniger Kommunen in prosopogra-
phischen Studien belegt wordenA Uber das Zustandekommen und die Verpflichtungen
solcher Netzwerke und Bündnisse erfährt man dabei allerdings sehr wenig.
Dass die in den arfes dzchtndz erkennbaren informellen Kommunikationswege
üblich waren, sieht man deutlich daran, dass sie Bestandteil des Unterrichts in kom-
munaler Kommunikation waren. Die Musterbriefe sprechen nämlich wiederholt von
den bilateralen Freundschaften zwischen zwei noMes. Diese Freundschaften wurden
demnach auch durch ein coHopMZMm in einem persönlichen Treffen bekräftigt/" Bei die-
sen Treffen ging es natürlich nicht nur um die rituelle Bestätigung eines brieflich vor-
bereiteten Freundschaftsbündnisses, sondern das coHopMZMm ist durchaus als eine - in-
time - Besprechung zu verstehen, in der die Freundschaft mit ihren Verpflichtungen
und Abmachungen konkretisiert wurde. Wie konkret diese Abmachungen dann im
Einzelfall sein konnten, zeigt ein symptomatischer Freundschaftsbrief aus der Aürea
Gemma WzHUfdmz;
A. de mda sanch Marfmz mcdfo ef maynz/f'co mro N. cum ommims ordmdms salnfem
perpefnam ef^'deEsszma^mfdamma.
Qnod uoiascMm perey/mus, Fernande perey/mus; per amzcdzam zydur mrdnam ef^e-
dus mre mrando mfer nos mdum uesfram noFddafem uersa uzee royamus, rd, pnod
nohzs pepzyzshs sfafufo die - siez# nos decef - per/fciahs ef id cazzfe ef priuafe peraya-
fis ef midi morfafmm ifer ef eyresszzm nosfrum cop/ffeamini, nisi pzzi dMZMS secrefi
parficipes sacramenfo fenenfm; ef sexfa die Azzynsfi aduesperascenfe cum ioricafis
epnifiFzzs izzxfa Remzm casfra iocefis; ef iFi secMüdzzm promisszzm uoFis occurremzzs ef
uesfro consiiio aduocafo, pzzod dmc Dens permiserif, ^aciemMs/"
Die arfes dicfandi lassen also folgendes Bild erkennen: Freundschaft war im kommuna-
len Diskurs fest verankert. Freundschaftsbriefe zählten zum Standardrepertoire der
diefafores. Diese Freundschaftsbündnisse wurden zwischen zwei Personen mit Aussicht
auf Hilfe, Schutz und Rat in Konfliktsituationen geschlossen. Dem schriftlich vorberei-
teten Freundschaftsbündnis folgte oft die konkrete Initialisierung bei einem privaten
ccmsdmm. Freundschaften dieser Art wurden in der Regel zwischen sozial hoch stehen-
den Personen, nicht selten zwischen noMes eingegangen. In bestimmten Not- oder Kon-
fliktsituationen kamen Freunde dann auf ihren Partner zu und forderten unter Hinweis
auf ihre wechselseitig eingegangene Freundschaft^ militärische, politische oder finan-
zielle Hilfe ein/"

MAiRE ViGUEUR, Cavalieri e cittadini, S. 459 f.
Zumindest in der frühen Kommune ist noch nicht so sehr eine formelle Institutionalisierung
anzunehmen. Vgl. etwa die Vorstellung von einem »insieme di nuclei, di forze e di poteri non
ancora coesi, senza che questo significhi necessariamente considerarle associazioni stretta-
mente« private bei FAiNi, Firenze nell'etä romanica, S. 262; vgl. auch die Definition von KELLER,
La responsabilitä del singolo, der die frühe Kommune als »societä segmentata« bezeichnet.
Adalbertus Samaritanus: Praecepfa dz'cfammm?:, S. 45; ebenso Aurea Gemma Wz'Me/zeimz', S. 125*,
130L
Aurea Gemma Wz'He/zefm;', S. 169*.
Für ein Beispiel der Formulierungen, die man aufgreifen konnte, um an ein bestehendes
Freundschaftsbündnis im Kontext einer konkreten Bitte zu erinnern vgl. Aurea Gemma Wz'Pe-
/zeimi, S. 170*: Vos zfatpze /zumz'izfer rogo, uf promz'ssz'o sepe eVzzhzfa zzuzze appareafp'da.
HASELDiNE, Understanding the language of amz'czfz'a, S. 259: »fAmz'czfz'aJ implied obligations, and
is certainly used to express a community of interests and shared political goals. [...] 1t provided
a political or ideological vocabulary for loosely connected groups«.
 
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