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Hartmann, Florian; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ars dictaminis: Briefsteller und verbale Kommunikation in den italienischen Stadtkommunen des 11. bis 13. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 44: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34760#0066

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1 Alberich von Montecassino und die Anfänge der ars dicHmüüs

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das Rad neu erfunden, sondern alte Traditionen aufgegriffen hat, ist nur allzu selbst-
verständlich. Es ist deshalb unzweifelhaft, dass Alberichs Werk noch stark von der
traditionellen mittelalterlichen und vor allem antiken Rhetoriklehre im Rahmen des
Trivium beeinflusst war, die von der forensischen Rede geprägt war/" »What was new
is his decision to include letter writing in a textbook on this subject«A Allein deshalb
muss dieser Überblick über die Geschichte der ars dzchuwznzs mit Alberich von Monte-
cassino beginnen.

1.2 Das Alberich-Corpus und die Anfänge der dicfümms

Von Alberich sind mehrere rhetorische Werke überliefert, die in den Handschriften in
einem Corpus zusammengefügt wurden, das in sich in mehreren Stufen entstanden ist.
Deutlich tritt in den Widmungsprologen hervor, dass die einzelnen Lehrwerke aus
einem schulischen Kontext hervorgegangen sind. Dieses so genannte »Alberich-Cor-
pus«, das GROLL 1963 unter dem Titel »Das Enchiridion de prosis et rithmis des Albe-
rich von Montecassino« ediert hatte, zerfällt in ein Breuzarmw grammatischen Inhalts,
die so genannten »Abfassungsanleitungen«, die sich überwiegend auf den Brief kon-
zentrieren, in die »Anhänge zum Breviarium« stilistischen Inhalts, in einen Traktat
über die Regeln mittellateinischer Rhythmik, einen erneut auf die Stilistik fokussierten
Traktat und eine eigenständige briefspezifische Ars dzcfandz, die erst WoRSTBRocx Albe-
rich zuschreiben konnte.^ Das Alberich-Corpus, in mehreren Etappen entstanden, ist
handschriftlich »mit einer Ausnahme« stets geschlossen überliefert.^ Als Abfassungs-
zeit ist für den Großteil des Corpus wohl die Zeit ab etwa 10/3 wahrscheinlich.
Sind hiermit die wichtigsten Charakteristika in Alberichs Lehrbuch zum Abfas-
sen von Briefen erläutert, gilt es in einem zweiten Schritt, den historischen Kontext, das
Schreibumfeld und die CaMsa senkend? zu analysieren. Die Forschung lässt sich grund-
sätzlich in zwei Richtungen einteilen. Eine Seite sieht die Entstehung des Alberich-
Corpus verbunden mit dem Investiturstreit: »Düring the eleventh Century, primarly
to supply the papal need for a prestigious and distinctive epistolary identity, and sti-
mulated by the great exchange of letters, privileges and polemics associated with the
Investiture Controversy (10/3-1122), there arose the first fully theoretical treatment of
the art of dzcfamen«.^ Auf der anderen Seite wird Alberich von Montecassino auf seine

Vgl. in richtiger Einschätzung CAMARGO, Ars dictaminis, S. 20, der trotz des rhetorischen Bal-
lasts in diesem Werk das Neue in der Brieflehre anerkennt; dagegen überschätzt SCHMALE, Adal-
bertus Samaritanus: Praecepfa dz'chwHWM??:, den traditionellen Teil in Alberichs Werk auf Kosten
des innovativen Elements.
CAMARGO, Toward a Comprehensive Art of Written Culture, S. 169.
WoRSTBRocx, Die Anfänge der mittelalterlichen Ars dictandi, S. 28. Zum Albreich-Corpus eben-
falls WoRSTBRocx, Alberich von Montecassino, S. 8-16.
WoRSTBRocx, Die Anfänge der mittelalterlichen Ars dictandi, S. 7; zu den Handschriften WoRST-
BROCK, Alberich von Montecassino, S. 8-11, der die überholte und nicht ganz korrekte Beschrei-
bung GROLLS, Enchiridion, um zwei weitere komplette Handschriften erweitert und insgesamt
ersetzt.
WARD, Rhetorical Theory, S. 178, der aber nicht darauf eingeht, wie die päpstlichen Bedürfnisse
mit dem Mönch in Montecassino in Verbindung stehen; ebenso oberflächlich PATT, The early
»Ars dictaminis«, S. 136: »the highly rhetorical, mannered style recommended by Alberic was
 
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