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Hartmann, Florian; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ars dictaminis: Briefsteller und verbale Kommunikation in den italienischen Stadtkommunen des 11. bis 13. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 44: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34760#0317

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306

Teil IV: Fiktive Briefmuster als historische Quelle

2.3 Alltagssorgen der Studenten im 12. Jahrhundert

Das häutigste Sujet der Studentenbriefe betrifft die Geldnot von Studenten und die Not-
wendigkeit, von den Eltern, bisweilen auch vom Onkel, Großvater, Bruder oder einem
geistlichen Fürsprecher Geld zu fordern.*'" Verwandte sind dabei nicht selten zugleich
die geistlichen Autoritäten der Schüler."" Zwar ist anzunehmen, dass den Studenten
dieses Problem vertraut war. Es ist aber zweifelhaft, ob eine solche Vielzahl tatsäch-
lich die besondere Häufigkeit solcher Briefanlässe im realen Leben belegen kann. Die
materielle Not von Studenten kann in Einzelfällen durchaus drückend gewesen sein,
auch wenn die Mehrzahl der Studenten einem gehobenen Stand an geh orte.'" Darauf
deuten nicht nur die Bettelbriefe in den Mustersammlungen, sondern weitere Hinweise
in den azdos dzchmdz, die auf die Ursachen der Geldnot verweisen."" Dazu gehören die
eigens zu begleichenden Aufwendungen für ihren Magister und für Bücher sowie
die Lebenshaltungskosten, über deren Höhe wiederholt geklagt wurde. So beinhalten
die Dzcfazwzzia zVzHozi'oa Guido Fabas den fiktiven Brief eines Studenten aus Bologna, der
aus Geldnot das Studium hatte aufgeben müssen, nun aber dessen Wiederaufnahme in
Erwägung zog:
Magna carzfndo pzzo Bononze /zzzf anno pzMonfo, szczzf sczfzs, wo coogzf nt dznnite-
renz sfndznnz znc/zoafnnz. Qnare soczaE oeshe dziechonz snppizco zncessanfez; zzf de
condzczone rernzn nzcfnahnnz czozfafzs predzcfe nec non et sfndzz pnaizfafe znzlzz oeshzs
izderzs znfzznefzs, sczenfes pzzod, sz de consdzo sapzenfze oesüe processerd, ad scdoias
proposdnnz daheo reoerfendz.""
Die Kommune Bologna lebte unterdessen von seinen Studenten recht einträglich. Für
einige Studenten wurde das dann unbezahlbar, sodass sie sich nach anderen, günstige-
ren Studienorten umsahen. Ebenfalls Guido Faba nennt das Beispiel eines Bologneser
Studenten, der seinen ehemaligen, jetzt in Neapel studierenden soczzzs nach den Studien-
bedingungen am Vesuv befragte:

6° Auf diese Briefe legt HASKiNS, The life of medieval students, S. 9-17, den Schwerpunkt.
6" Vgl. Guido Faba: Dz'cfazzzz'zza dzeforz'ca, Nr. 103, S. 43: VezzezrzMz pafrzzo, z'zzzzzzo z'zz C/zzr'sfo paüz cf dozzzz'zzo
zzzefaezzdo f Dez grafz'a dzgzzz'ssz'zzzo pieFazzo Sazzcfe Märze z'a Baizzez's B zzepos ez'zzs izYeraiz' sfadz'o Bozzozzz'e
zzzazzcz'pafzzs se z'pszzzzz fofazzz. fa sc/zoiz's pzzNz'ce dz'czfzzr ef z'adzzMfaFz'iz credzziz'fafe^z'rzzzafzzz; z^zzod rzesfre iar-
gzYafz's zzzaazzs zzzz'/zz aecessarz'a pozrzgzf aFzzadaafer; z^zzod iefo aaz'zzzo aoa desz'ao cozpzferz, zzf persoaa zzesfra
/zoaorzpceafz'a deFz'fa exfoHafzzr. Qzzare zzesfrazzz Fezzzgzzzfafezzz precor szzppiz'cz'fer ac dezzofe, tpzafezzas zzzez
recordarz zzeizYz's z'afzzz'fzz pz'efafz's, zzesfre FoazYafz's prorzz'deafz'adacz'eado z^zzod saüezzz z'a aiz'^zzoyazzza respoa-
deaf perzfafz ef dz'cfa czzzzz/acfz's coarzeaz'aaf ef aoa sz'af peaz'fzzs aiz'eaa.
6^ Für die Studenten der ars dz'cfaazz'az's trifft das ebenso zu wie für die der Rechte; vgl. WALTHER,
Die Anfänge des Rechtsstudiums, S. 137, der für die Rechtsstudenten des späteren 12. Jahrhun-
derts eine Herkunft aus der städtischen Oberschicht oder aus Kaufmannsfamilien postuliert
und annimmt, dass deren Lebensstandard auch als Studenten gehoben gewesen sei; vgl. auch
schon zum Juristenstand insgesamt FRIED, Die Entstehung des Juristenstandes, S. 18: »Die Her-
kunft der Familie, ihre soziale Stellung, scheint keine unbedeutende Rolle gespielt zu haben.
Einige >doctores< kamen aus dem einfacheren Feudaladel wie Nordilius oder gehören zu den
>nobiliores<«, vgl. ebd, S. 30, sowie die Feststellung S. 32: um 1100 kamen alle z'adz'ces »nur aus
der Schicht der Feudalherren, königlichen, bischöflichen und gräflichen Vasallen; sie bildeten
keine eigene >bürgerliche< Schicht«; vgl. STEFFEN, Die studentische Autonomie, S. 82.
62 Beispielbriefe etwa bei HASKiNS, The life of medieval students, S. 27.
64 Guido Faba: Dz'cfazzzz'zza R/zefozica, 40, S. 16 f.
 
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