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Hartmann, Florian; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ars dictaminis: Briefsteller und verbale Kommunikation in den italienischen Stadtkommunen des 11. bis 13. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 44: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34760#0204

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3 /dem uoPo cf ;'&m noNc; Inszenierung privater Freundschaft

193

Freundschaftsbriefe in den kommunalen arfcs dzcfamF oft ausschließlich die Freund-
schaft zum Thema.'"
Ebenso wie in den Kommunen sind Freundschaftsbriefe zwar für das 12. Jahrhun-
dert insgesamt verbreitet, aber gleichwohl schlecht erforscht." STEPHEN JAEGER hat die
nordalpinen Freundschaftsbriefe als »Zeugnisse eines gesellschaftlichen Ideals« ge-
deutet, das im Umfeld der Autoren dieser Freundschaftsbriefe, nämlich an den geist-
lichen und weltlichen Höfen in Deutschland und Frankreich, gepflegt wurde." Die Ent-
stehung dieses Freundschaftsideals an den geistlichen Höfen parallelisiert JAEGER mit
der Ausbreitung der GottesfriedenbewegungA Diese geistig-religiöse Strömung haben
ALBERT VERMEESCH, HAGEN KELLER und PiERRE RACINE auch als eine Voraussetzung der
oberitalienischen Stadtkommune erkannt.^ Auf ihre je unterschiedliche Art und Weise
pflegten dann beide Institutionen, die geistlichen Höfe in Deutschland und Frankreich
sowie die Kommunen Oberitaliens, einen vergleichbaren Freundschaftsdiskurs, der
die jeweils geltenden gesellschaftlichen Ideale widerspiegelt.^ Während dieser Freund-
schaftsdiskurs in Deutschland und Frankreich im Verlauf des 12. Jahrhunderts offenbar
an Einfluss verlor," blieb er in den Kommunen bestehen. Diese Kontinuität dürfte auch
darauf zurückzuführen sein, dass sich die Kommune als einträchtige Stadtgemeinde
der Idee nach auch auf Eintracht und persönliche Freundschaft gründete.

3.2 Freundschaftsbriefe in den %rfcs

Rund ein Viertel der Musterbriefe in den frühen arfes dzcfamF widmet sich der Freund-
schaft. Kein anderes Thema wird darin so häufig an Beispielen veranschaulicht. Das
gilt für Adalbertus Samaritanus, Hugo von Bologna, für die Oberitalienische Aurea
Gemma ebenso wie für die Flores dzcfamü Alberts von Asti und die Modi dicfaminnm des
Magisters Guido." Boncompagno da Signa schrieb ein ganzes Werk über das Wesen

In den Briefmustern der kommunalen arUs dz'cämdz' des 12. Jahrhunderts besteht der Briefanlass
oft lediglich darin, eine Freundschaft einzugehen, zu bestätigen oder zu beschwören. In den
Briefen des Codex Carohaas, die HACK als Ausgangspunkt dienten, war dagegen die Betonung
der Freundschaft argumentativer Bestandteil des Briefes, der dazu diente, mit Bezug auf die
Freundschaft Cm/'c/'s azm'cz, z'm'zm'cz's imaHci) den Empfänger zu einem bestimmten politischen
Handeln zu motivieren, vgl. HACK, Codex Carolinus, S. 893-899, 904 f.
Vgl. JAEGER, Ironie und Subtext in lateinischen Briefen, S. 181; Ansätze einer Aufarbeitung, je-
denfalls für den schulischen Bereich, jetzt bei STECKEL, Kulturen des Lehrens.
JAEGER, Ironie und Subtext in lateinischen Briefen, S. 187; zum sozialen Umgang an diesen Hö-
fen vgl. DERS., Die Entstehung höfischer Kultur.
JAEGER, Ironie und Subtext in lateinischen Briefen, S. 188.
VERMEESCH, Essai sur les Origines; hier mit besonderem Bezug auf Frankreich, auch wenn er
Italien dabei partiell einschließt; vgl. auch KELLER, >Kommune<, S. 583-387; DERS., Entstehung,
S. 201-205; RACINE, Eveque et eite, S. 136: »Devolution vers l'organisation du gouvernement com-
munal a ete favorisee par une idee religieuse, un mouvement de paix«; vgl. auch ZuMHAGEN,
Religiöse Konflikte; S iocK, Implications of Literacy.
Vgl. JAEGER, Ironie und Subtext in lateinischen Briefen, S. 188: »Die Sprache wird zu einem Spie-
gel einer auf dem Gesetz der Liebe und der Freundschaft gegründeten Welt«.
JAEGER, Ironie und Subtext in lateinischen Briefen, S. 189.
Adalbertus Samaritanus: Praecepfa dz'cäwH'mmi; Hugo von Bologna: Rahowos dz'chmdz' prosaz'co;
Amra Comma Wz'HUzohm; Albertus von Asti: FZoros dz'cämdz; Magister Guido: Mod/ dz'cfammHm.
 
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