Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hartmann, Florian; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ars dictaminis: Briefsteller und verbale Kommunikation in den italienischen Stadtkommunen des 11. bis 13. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 44: Ostfildern, 2013

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34760#0030

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1 Ars d;'daa*a'a;'s - Eine Einführung

19

Briefpartnern über die Wortwahl. So befiehlt der Höherstehende; Gleichgestellte for-
dern oder bitten, während sozial niedriger stehende Personen flehen.^ Dafür steht
jeweils eine ganze Reihe an geeigneten Verben zur Verfügung. Der Nutzen solcher
Zusammenstellungen liegt unter anderem darin, in Form eines Handbuches systema-
tisiert, die jeweils passenden Worte und Formulierungen zur Verfügung zu stellen. Die
Stilistik ist aber nicht nur dem Stand der Briefpartner anzupassen, sondern auch dem
Stoff des Briefes. Schon Adalbertus Samaritanus empfiehlt 1115 in seinen Precepfa dzcfa-
77HHM7M, umfangreiche Inhalte in geschliffener und kurzer Form zu formulieren, kurze
Inhalte durch reiche stilistische Ausgestaltung auszuweiten.""' Darüber hinaus fordert
Magister Bernhard in den Raüones dzcfandz eine Ausrichtung nicht nur an die Länge,
sondern auch an das Gewicht des Briefinhalts. So kommt er insgesamt zu vier Modi,
nämlich den denkbaren Kombinationen zwischen hreuzs/Ionya in quantifizierender und
leuzs/ohscMnt in qualifizierender Hinsicht."'
Trotz der Bemühung um einen theoretischen, systematisierenden Zugriff bleiben
die arfes dzcfandz in ihren Mustern für ganze Briefe oder für einzelne Briefabschnitte
meist einer sehr formalisierten Sprache verhaftet. Zwar ist beispielsweise jede narraho
individuell neu zu gestalten, aber etablierte Floskeln erlauben dem Verfasser von Brie-
fen den routinemäßigen Einstieg in die narnzho mit einer mustergültigen Formulierung
wie DzDcüo uesfra coynoscaf Dce dara, ... / ad uesfn coynzdonem redMdmMS, .. / ad
uesfn nohdam dmamMS dedMcendMm, t?Mod ...

1.4 Metrik und Cursus-Regeln

In den Kontext der Stilistik gehören auch die verbreiteten Anleitungen zum cursus
oder zum rhythmischen Satzschluss, die man sogar zum Hauptcharakteristikum
der ars dzdawmzs erklären wollte."^ Gleich der Autor der ersten ars dz'dandz überhaupt,
Alberich von Montecassino, hat ein eigenes Werk De ndzmzs verfasst."^ Die Beachtung
rhythmischer Satzschlüsse ist schon in dem BretdanMm desselben Alberich nachzuwei-

Ebd., S. 186 f.; Guido Faba empfiehlt die Nutzung der Verben /allere, a/aadare, precz'pere (7), /a/perare
für den ersten, rogare, cogzfare, precarz, deprecarz, exorare, ^lagdare, deposcere für den zweiten und
sappiz'care für den letzten Fall.
"" Adalbertus Samaritanus: Precepfa dz'daazz'aaaz, S. 46.
"" Magister Bernhard: Rafz'oaes dz'daadz, clm 14784, f. 35 v-ß6r; zum Ganzen auch WoRSTBRoex, An-
tikenrezeption, S. 192, mit dem Hinweis auf die Münchener Handschrift.
Guido Faba: Dodrz'aa ad z'aneaz'eadas z'acz'pz'eadas et z'zz/orazaadas azaferz'as, S. 190.
103 \/gl schon ERDMANN, Leonitas; über die Verbreitung prosarhythmischer Satzschlüsse bei einzel-
nen Autoren vgl. JANSON, Prose Rhythm in Medieval Latin, mit reichhaltiger Literatur zum Pro-
sarhythmus, S. 128-313; zur Verknüpfung der ars dz'daazz'az's in Montecassino mit dem Cursus
und seiner Anwendung an der päpstlichen Kurie vgl. in Anlehnung an ERDMANN, auch MuRPHY,
Rhetoric, S. 202 f.; jüngst zu den carsas-Regel n im Rahmen der aries dz'daadz auch TuRCAN-VER-
KERK, Le prosza/draa/ des arh's dz'daazz'az's medievales; DiES., Destins croises de l'ars dz'daadz et de
l'ars nersz/z'caforz'a.
SuzMANN, The dictaminal theories, S. 116: »It was the doctrine of the carsas which characterized
ars dz'daazz'az's more than anything eise«.
Alberich von Montecassino: De rz'dzazz's; zur Rhythmischen Prosa bei Alberich vgl. auch LENTiNi,
Note su Alberico Cassinese, S. 121-127: DERS., La »Vita S. Dominici« di Alberico Cassinese,
S. 71.
 
Annotationen