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Hartmann, Florian; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ars dictaminis: Briefsteller und verbale Kommunikation in den italienischen Stadtkommunen des 11. bis 13. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 44: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34760#0140

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3 Chronologischer Überblick der arfes dzHazzd; des 12. Jahrhunderts

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land und Frankreich entstandenen Abschriften erhalten sind, wird unter anderem auf
die sorgfältigere Archivierung in den nordalpinen Bibliotheken zurückzuführen sein.
Möglicherweise wurden die arfes dzchiüdz in Italien auch in verstärkten Maß zum quasi
alltäglichen Gebrauch herangezogen und haben entsprechend gelitten, während sie
nördlich der Alpen die Bibliotheken in der Regel nicht verlassen haben. Jedenfalls wei-
sen jene Handschriften, in denen arfes dzcfandz überliefert sind, in der Regel keine in-
tensiven Gebrauchsspuren auf; Marginal- oder Interlinearnotizen sind in diesen Hand-
schriften völlig unüblich.
Mit dem Hinweis auf die Überlieferung der italienischen arfes dzcfandz in nordalpi-
nen Bibliotheken wurde bereits der bemerkenswerte Kulturtransferprozess angedeutet,
der sich an der ars dzchtmznzs ablesen lässt. Auch wenn damit zunächst die kommunale
ars dzchtmznzs in den Hintergrund gerät, scheint ein kurzer Exkurs zur Entwicklung der
ars dzchtmznzs in Frankreich erforderlich. Denn die Übernahme und - zeitlich leicht ver-
setzt - die Erweiterung der italienischen ars dzchtmznzs nördlich der Alpen ist auch im
Zusammenhang dieser Studie von Interesse, da mit der Jahrhundertwende die fran-
zösische ars dzchtmznzs in Italien teils begierig, teils kritisch aufgenommen worden ist
und damit ihrerseits die italienische ars dzchtmznzs des 13. Jahrhunderts maßgeblich ge-
prägt hat A'

3.2 (Kultur-)Transfer der italienischen
nach Frankreich

CHARLES HoMER HASKiNS hat die Rezeption italienischer arfes dzcfandz in Frankreich
schon für die 1130er Jahren nachgewiesen A Maßgeblichen Einfluss konnten allerdings
erst die beiden bedeutendsten Werke des Magisters Bernhard ausüben. Insbesondere
seine SmuüM dzchimzüMTW und die ihr eng verwandten Rahones dzcfandz prägten die Re-
zeption in den französischen Schulen. Zunächst verzichtete man dort auf eine theoreti-
sche Weiterentwicklung. So lässt die in Frankreich entstandene, von MoNiKA KLAEs als
Redaktion B bezeichnete Version der SMwma dzcfztwzmuw Magister Bernhards^ den in-
haltlichen Bestand der italienischen Vorlage nahezu unangetastet; allein die Orts- und
Personennamen wurden dem französischen Umfeld angepasstA Mit zunehmender
Dauer wurde allerdings in die theoretischen Vorgaben Magister Bernhards immer wei-
ter eingegriffen. Vor allem in den französischen Schulen, in denen klassische Autoren
gelesen und gelehrt wurden, also in Tours, Orleans, Blois und Meung, wurde die italie-

Mi WoRSTBROCK, Frühzeit der Ars dictandi in Frankreich; BENSON, Protohumanism; CAMARGO, Ars
dictaminis; TuRCAN-VERKERK, Le ;vos;';wÜH/?z des arh's dz'cfazzzz'zzz's medievales.
162 HASKiNS, The Early Ars dz'cfazzzz'zzz's in Italy, S. 176; vgl. auch WoRSTBROCK, Frühzeit der Ars dictandi
in Frankreich.
162 KLAEs, Magister Bernhard, S. 33; nach einer Redaktion um 1147 geht diese Fassung auf einer
erneute Überarbeitung zwischen 1138 und 1160 zurück; vgl. auch TuRCAN-VERKERK, Le Lz'Fcr arfz's
oizzzzzgezzM!?: dz'cfazzzz'zzzzzz: de maitre Bernard, S. 103 f.
164 KLAES, Magister Bernhard, S. 34; zu den »temoins de cette redaction, tous originaires de France
et du nord de l'Europe«, vgl. TuRCAN-VERKERK, Le Lz'Fcr arfz's ozzzzzzgczzzzzz: dz'cfazzzz'zzzzzz: de maitre
Bernard, S. 104 f.
 
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