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Hartmann, Florian; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ars dictaminis: Briefsteller und verbale Kommunikation in den italienischen Stadtkommunen des 11. bis 13. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 44: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34760#0067

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56

Teil II: Philologisch-historische Entwicklung der ars /;Zhzw*z;'zz;'s

monastische Herkunft reduziert. Diese zweite Sichtweise hat ihre Legitimität zumin-
dest insofern, als bisher für einen engen Zusammenhang zwischen dem Alberich-Cor-
pus und den politischen Entwicklungen in Rom kaum mehr als die zeitlich Koinzidenz
und allgemein die Bedeutung von Briefen im Investiturstreit geltend gemacht wurden A
Vor allem wird der Konnex zwischen Alberich in Montecassino und der päpstlichen
Kurie meist nicht klar definiert/" Bei eingehender Analyse lassen sich allerdings Albe-
richs Verbindungen nach Rom noch wesentlich differenzierter belegen und die Präsenz
Cassinenser Rhetorik an der Kurie nachweisenA

1.3 Zum Entstehungskontext des Erpumnum -
Rhetorik an der Kurie

Bekanntlich lief in der Auseinandersetzung zwischen Gregor VII. und Heinrich IV.,
aber auch schon in den vorangehenden Propagierungen der Reformideale an der sich
etablierenden päpstlichen Kurie die Kommunikation weitestgehend über Briefe, deren
Bedeutung im Investiturstreit demnach kaum hoch genug einzuschätzen ist/" RUDOLF
ScHiEFFER hat nachgezeichnet, in welcher Weise Gregor VII. den brieflichen Kontakt der
Kurie auf alle »nur irgendwie erreichbaren Herrscher seiner Zeit« ausgeweitet hat.
»Seine Schreiben gingen nicht nur an die Höfe in Deutschland, Frankreich, England
und den drei spanischen Reichen sowie an den Kaiser in Konstantinopel, sondern auch
an die skandinavischen Könige von Dänemark, Norwegen und Schweden, an den Her-
zog von Polen, an die Könige von Rußland, von Ungarn, von Serbien und Kroatien/
Dalmatien und schließlich sogar an die zuvor und danach von Rom aus kaum wahrge-
nommenen Herrscher in Irland und im islamischen Mauretanien«/" Diese räumliche
Ausweitung belegt allein schon den gesteigerten Bedarf an kundigen Diktatoren; sie
reflektiert daneben aber auch den Stellenwert brieflicher Kommunikation im Allgemei-
nen in den Zeiten der Reformpäpste, sodass Briefe sogar »ohne konkrete Veranlassung«
verfasst wurden/" Bekanntlich überliefert Gregors Register noch nicht einmal alle
Briefe des Papstes/" Höherer Bedarf bedeutet aber nicht zugleich höheres sprachliches

better suited to the polemic literature of the Investiture Controversy, to which he contributed,
than to the mundane transactions of day-to-day administration in the burgeoning chanceries
of Europe«.
Vgl. etwa WARD, Rhetorical Theory, S. 178
So etwa wenn WARD, Rhetorical Theory, S. 182, bemerkt: »Dz'cHzzzczz itself spread from Monte
Cassino to northern Italy«, ohne überhaupt Rom als eine Station der ars dz'cfazzzz'zzz's zu definieren.
Vgl. auch HARTMANN, Enchiridion.
Vgl. MELVE, Inventing the public sphere, S. 25,75; SucHAN, Königsherrschaft im Streit, S. 260-269.
ScHiEFFER, Gregor VII. und die Könige Europas, S. 192 f.
ScHiEFFER, Gregor VII. und die Könige Europas, S. 193; auf die »stattliche Anzahl von Schriftstü-
cken, die täglich von der Kurie in die Welt hinausging« verweist BLAUL, Studien zum Register
Gregors VII., S. 114, der hinzufügt dass unter diese Schreiben »meist in der Kanzlei verfaßt und
dort nach den Angaben des Papstes von seinen Notaren diktiert« worden seien.
BLAUL, Studien zum Register Gregors VII., S. 114, konstatiert, dass »das Register augenschein-
lich nur ganz besonders wichtige Briefe und Erlasse berücksichtigt«. Die Zahl der im Register
nicht aufgenommenen Briefe schätzt BLAUL, ebd., S. 226 auf »viele Hunderte«; diese insgesamt
geringe Überlieferungschance betreffe auch die Zahl der außerhalb des Registers überlieferten
 
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