Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hartmann, Florian; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Ars dictaminis: Briefsteller und verbale Kommunikation in den italienischen Stadtkommunen des 11. bis 13. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 44: Ostfildern, 2013

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34760#0068

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
1 Alberich von Montecassino und die Anfänge der ars dzcfamzzzzs

57

Niveau.^ Auch außerhalb der Kurie dürften die Jahrzehnte der Auseinandersetzung
zwischen regUMm und szzcerdofzzzzw das Bewusstsein dafür geschärft haben, welchen
Nutzen die Fähigkeit hatte, Texte zu verfassen.
Bereits Petrus Damiani hat der Propagierung päpstlicher Ideale seine Feder gelie-
hen und so nebenbei das Bündnis zwischen geschulter Rhetorik und Reformpapsttum
auf ein solides Fundament gestellt. Zwar hat Petrus Damiani, an dessen Briefen auch
Alberich seinen Stil geschult hat, "* deutliche Vorbehalte gegen den Gebrauch der Rheto-
rik formuliert, weil die Rhetorik seit alters her als Mittel zur Verdrehung der Wahrheit
angesehen wurde, das zur Überzeugung auf bloßer uerosziwzlzhzs statt auf der uczi'izzs ba-
sierte. Dass in dieser Weise geschickte Rede und Polemik im n. Jahrhundert eingesetzt
wurden, um gezielt auch größere Massen auf einen bestimmten Standpunkt einzu-
schwören, belegt eindrucksvoll der plötzliche Meinungsumschwung in Mailand 1066.
Jedenfalls nach dem Bericht der Quellen war es alleine ein spontanes Streitgespräch
zwischen dem Erzbischof und der Pataria, das den entscheidenden Stimmungswechsel
hervorrief. Auch daran wird deutlich, »welches Gewicht der Zwang zur öffentlichen
Rechtfertigung erlangt hatte« und »wieviel ein gutes Argument oder treffende Polemik
im rechten Moment wert waren«.'" Eine ähnlich ambivalente Haltung zeigte ein Jahr-
hundert später auch Bernhard von Clairvaux, welcher der übermäßigen Konzentration
auf die geschulte Briefrhetorik überaus kritisch gegenüberstand:
QzzzzzifMS ezizzn fMZ?zzdfMS esf zzi zziezife dzchztPzMm, zzhz z?zzdfzfMdo persfrepzf dzchoziMZ?z,
zzhz orzzfzoziMzzr uanehzs ef dzuerszhzs seziszzzzzM cozzczirrzf, zzhz szzepe resprzzfrzr tyzrod oc-
CMZTzf, ef re^Mzrzfzzr tyzrod exczdzü"
Aus diesem Befund leitet er für sich die Konsequenz ab:
... ef CMZ72 PropJtehz proposzzz czzsfodzre was uzias, zzr xox DzirzxQzzxM zx zzxGzzx
Mzia, ^zzozzz'zzzzz z'zzxlzz czzzzzdczzz Propfzefzzzzr; vtR rzxczzoszzs xox ozKzczirzzz: szzpziR rziR-
RAM, ef seczzzidMzzr zzüzzzzr ScrzpfMrzzzzr; MORS esr vzrA ZN MANzsus zzNGtzAE. Szlezzfzzzzzz
zzzziczzz, dz'cczzlc fszzz'zz, czzzrzzs zisr zzzsrzrzazi."
Trotz der Vorbehalte, die man im religiösen Umfeld der Rhetorik entgegenbrachte, war
Petrus Damiani selbst in der Kunst der Rhetorik bestens geschult; er gilt als einer der
größten Stilisten seiner Zeit. Alberich, mit Petrus Damiani brieflich verbunden,^ war
als geübter Lehrer gerade die rechte Person, um der Ausbildung künftiger Briefrhetori-

Briefe (ebd.). Vgl. auch HorpMANN, Zum Register und zu den Briefen Papst Gregors VII., S. 124,
der bei allen Vorbehalten gegenüber statistischen Berechnungen zum Briefauslauf pauschal si-
cher zu Recht bemerkt: »... der Geschäftsverkehr dürfte unter dem Reformpapsttum gegenüber
früheren Zeiten ... erheblich angestiegen sein«.
^ Vgl. Wir r, Rhetoric and Reform, S. 67.
33 Diese Vermutung äußerte mit Blick auf die Pataria schon Swcx, The Implications of Literacy,
S.235.
34 LoHRMANN, Roffrid von Montecassino oder Erzbischof Roffred von Benevent, S. 639 f.
33 ScHULz, »Sie lieben die Freiheit so sehr«, S. 44; vgl. dazu seinen Ausführungen S. 42 ff.
3-' Bernhard von Clairvaux: Epz'sfoia 89, S. 233.
32 Bernhard von Clairvaux: Epz'sfoia 89, S. 237
33 Vgl. Briefe des Petrus Damiani, IV, Nr.126/127, S. 413-428; C/zrozzzcozz Casz'zzczzsc III, 33, S. 410 f.;
dass er auch mit dessen weiteren Texten vertraut war, belegt er selbst im BreUarzM??:, S. 43 f. et
passim.
 
Annotationen