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Hartmann, Florian; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ars dictaminis: Briefsteller und verbale Kommunikation in den italienischen Stadtkommunen des 11. bis 13. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 44: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34760#0045

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Teil I: Einführung

litics«.' Dass sie trotz nachweislich früherer Quellenbelege die Rezeption Ciceros erst
ab dem 13. Jahrhundert analysiert, geht an der reichen Überlieferung früher kommu-
naler arfes dzchtndz vorbei. Gerade weil sich die arfes dzcfandz des 13. Jahrhunderts funda-
mental von denen des 12. Jahrhunderts unterscheiden,^ ist eine systematische Betrach-
tung der früheren Texte unablässig.
An der Forschungslage, die also dadurch gekennzeichnet ist, dass verschiedene
Ansätze immer noch weitgehend ungenutzt geblieben sind, hat sich bis vor wenigen
Jahren nichts Wesentliches geändert. Dieser Zustand ist bedauerlich und in höchstem
Maß unverständlich, zumal schon vor einem halben Jahrhundert HELENE WiERuszowsKi
darauf aufmerksam machte, dass im 12. Jahrhundert die »ars dzchtmznzs had become the
main field of Latin instruction for layman and was frequently taught by lay teachers
in their own private schools«.'' Die ars dzchtmznzs war die übliche Einführung in die
kommunalen Kommunikationskonventionen, verbunden mit allen dazu erforderlichen
mentalen Prägungen. Briefe des 12. Jahrhunderts definierten die Stadtgemeinschaften
als Kommunen ganz maßgeblich, hier musste erstmals die Definition kommunalen
Handelns schriftlich gefasst und vorher gedanklich klar durchdrungen werden. »Forse
e nelle lettere piü che nella storiografia che i Comuni descrissero se stessi per la prima
volta, sperimentando cosi un nuovo linguaggio politico«A
Gerade für die politische und gesellschaftliche Geschichte der frühen Kommune
halten die arfes dzchtndz also wichtige Informationen bereit. Die auf die gesellschaftliche
Ordnung zielenden Passagen der arfes dzcfandz erweisen sich vor allem auch deshalb als
besonders aussagekräftig, weil für die Anfänge der Kommune und deren Geschichte im
12. Jahrhundert die Quellenlage für soziale und kulturelle Fragestellungen sehr dürf-
tig ist. So sind wesentliche Probleme zur frühen Kommune, trotz einer unüberschau-
baren Literaturvielfalt, " leider noch immer ungelöst. HAGEN KELLER hat neben seinen
bahnbrechenden Ergebnissen zugleich auch Hinweise auf die großen Lücken geliefert.
Forschungsbedarf sieht er vor allem noch an ganz grundlegender Stelle: »Si tratta di
far luce sulla nascita di una forma di comunitä politica, il comune appunto, che rappre-
senta Lalternativa medioevale ad un ordinamento fondato sulTarbitrio incontrollabile
di un potere signorile esercitato nella consapevolezza della superioritä«."

Cox, Ciceronian Rhetoric in Italy, S. 288.
^ Vgl. LANGEU, Cancellierato, S. 233; zudem differenziert sich die ars dz'cfazzzz'zzz's um 1200 aus. Bon-
compagno da Signa konnte zwischen 1199 und 1203 noch Werke zu Privilegien, Statuten, Testa-
menten und zu Briefen schreiben (Tabula, Oliva, Cedrus, Mirra); Rainerio da Perugia verfasste
um 1213 dann die erste ars zzofarz'ac, womit eine Trennung auch zwischen Theorie und Praxis,
zwischen Wissenschaft und »foro« einsetzt.
62 WiERuszowsKi, A Twelfth-Century > Ars dictaminis<, S. 333.
64 Ex iNi, Lettere politiche, S. 98.
62 Auf eine Bibliographie kann hier verzichtet werden; vgl. Kap. 11,2; zur Menge an Forschungslite-
ratur vgl. zuletzt wieder OpLL, Zwang und Willkür, S. 13.
66 KELLER, Inizi, S. 68; vgl. zum umfangreichen Forschungsbedarf auch STELLA/BARTOu, Nuovi
testi di ars dictandi.
 
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