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Hartmann, Florian; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ars dictaminis: Briefsteller und verbale Kommunikation in den italienischen Stadtkommunen des 11. bis 13. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 44: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34760#0253

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Teil III: Die arfcs dzHazzd; als Spiegel des Diskurses

nen einen Eindruck, mit welcher Selbstverständlichkeit diese Leitideen im kommuna-
len Diskurs benutzt und damit dauerhaft präsent gehalten wurden.
Wahrscheinlich fasst man in den Musteranreden und idealtypisch formulierten
Vorstellungen über das Wesen des Konsulats sogar Spuren jener Schwurformulare für
die Konsuln, die uns für die Zeit der frühen Kommune nicht mehr überliefert sind. Die
eidliche Verpflichtung der Konsuln war in den Kommunen unabdinglich geworden,
um das stellvertretende Agieren gewählter Vertreter für die Gesamtheit der Kommune
und im Namen der Kommune zu ermöglichen, zuverlässig zu legitimieren und zugleich
zu kontrollieren.'" GERHARD DiLCHER greift - in Ermangelung besserer Überlieferung -
zur Beschreibung dieser Eidbreven in der Frühzeit der Kommune auf jüngere Schwur-
formulare zurück.'" Diese stammen aus Piacenza, gehen allerdings erst auf die Mitte
des 12. Jahrhunderts zurück.'" Für die Amtseide in den oberitalienischen Kommunen
verfügen wir kaum über ältere Quellen, für die Frühzeit der Kommune sind gar keine
erhalten.'" Gleichwohl ist das Vorgehen, die Formulierungen der Eide aus den 1160er
Jahren unmittelbar auch für die Frühzeit zu postulieren, methodisch höchst unbefrie-
digend.'" Die Bedeutung der zzrfes dzcfzzzzdz für den Versuch, solche Eidesformulierungen
auch schon für die Frühzeit der Kommune zu rekonstruieren, ist bislang nicht erkannt
worden. Wenn man erst für 1167 die Eidesformel der Piacentiner Konsuln kennt: ezzzzz
[seil, populum] zu eozzeordzzz zHz'zzcbo H z'zzicz dzscordzzzzfes pzzcezzz zc/ozzzzzzbo,"'*' dann bieten die
frühen arfes dzcfzzzzdz nun die Bestätigung, dass mit nahezu identischer Wortwahl schon
die Aufgaben der Konsuln 1115 in Bologna beschrieben wurden:
Parmenses zyzfzzr cozzszzles, sz uos czuzlzfer ac eozzeordzfer uzfazu dtzeerefzs, szczzf con-
uczzz'zA, /zozzoz; uz'yor Vahzszpzc ueshe czuzfafzs z'zz uohzs tWz'ytctWtzr H cozzsczzzzzzHzzz;
pzzod zzf szf posszhzle, zn nzzHzs rehzzs zzfzlzhzzs ac /zoneshs dzscordcfzs.'"
Neben dem aufschlussreichen Befund, dass die Piacentiner Eide von 1167 schon ein hal-
bes Jahrhundert zuvor in Bologna üblich waren, liefert die Parallelisierung der beiden
Zitate aber eine wesentlich wichtigere Erkenntnis. Denn sie belegt, wie authentisch die
verfassungspolitischen Aussagen der arfcs dz'ciazzdz tatsächlich sind und wie groß ihre
Bedeutung für die Erforschung des frühen kommunalen Diskurses einzuschätzen ist.
In ihnen finden wir schon fast bis aufs Wort jene Eide formuliert, die andernorts erst ein
halbes Jahrhundert später in einem Original überliefert sind. Dieser Befund verwun-

Vgl. zur Bedeutung der Eide PRODi, Das Sakrament der Herrschaft; konkret zu Eiden in den
Kommunen, SCHULTE, Die Kontrolle kommunalen Handelns in Como, S. 510-512.
162 DucHER, Entstehung, S. 149; normative Texte, die über Rolle und Pflichten der Konsuln infor-
mieren, sind erst seit der Mitte des 12. Jahrhunderts überliefert; vgl. CoLEMAN, Representative
Assemblies, S. 194; BoRDONE, La societä urbana, S. 250 f.; für Editionen der Eide vgl. etwa Libri
Iurium della Repubblica di Genova, I/i, Nr. 37, S. 58-60; Nr. 97, S. 147-149 für besonders deut-
liche Beispiele aus den Jahren 1142 und 1147; ausführlich zu den Eidbreven DARTMANN, Schrift
im Ritual, S. 182 f., mit einer Auflistung der erhaltenen und edierten Eidbreven des 12. Jahrhun-
derts, ebd., Anm. 51.
163 Vg] SoLMi, Le leggi piü antiche, Anhang; vgl. auch die Eidbreven der Konsuln von Genua, Co-
dice diplomatico della Repubblica di Genova, Nr. 128, S. 153-166 aus dem Jahr 1143.
164 Zu den ersten überlieferten Amtseiden vgl. SCHULTE, Die Kontrolle kommunalen Handelns in
Como, S. 506-522; die »fragmentarische Überlieferung« der Eide konstatiert DARTMANN, Schrift
im Ritual, S. 184.
165 Vgl. Etwa DARTMANN, Repräsentation der Stadtgemeinde, S. 99; DERS., Schrift im Ritual,
S. 182-188.
166 Ediert bei SoLMi, Le leggi piü antiche, Anhang.
162 Adalbertus Samaritanus: Praecepta dz'cZazzzz'zzzzz?:, S. 60.
 
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