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Hartmann, Florian; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ars dictaminis: Briefsteller und verbale Kommunikation in den italienischen Stadtkommunen des 11. bis 13. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 44: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34760#0309

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Teil IV: Fiktive Briefmuster als historische Quelle

12. Jahrhundert jedenfalls noch nicht. Freilich ist jedoch nicht daran zu zweifeln, dass
für angehende Notare und zudzces das Recht in Bologna damals schon gelehrt wurde.
Wie man sich die Organisation der frühen Lehre vorzustellen hat, wird in den
Quellen allerdings nicht beschrieben. Allein die alles dzcfazzdz, die ja tatsächliche Lehr-
werke waren und sich direkt auf die Jahre seit 1115 datieren lassen, geben Einblick in die
Organisation des Bologneser Studiums im frühen 12. Jahrhundert. Auch wenn der Be-
richt des Odofredo kaum zuverlässig ist, der knappe Hinweis auf das sütdzuiiz zu az/z'bzzs
in Bologna ist jedenfalls bemerkenswert: Nazzz przzzzo cepzf slzzdz'zzzzz esse z'zz czuzlale z'slzz [seil.
Bononia] zzz atTzbus/ Das Rechtsstudium ging demnach aus dem slzidzzzzzz zzz azTzbzzs her-
vor/ In die Richtung weist auch schon JOHANNES FRIEDS Vermutung: » Nicht der Legist
stand am Anfang der Notariatskunst in Bologna, sondern die Notare bereiteten den Bo-
den, auf dem die Legistik in der Stadt aufblühen konnte«/ Die Anfänge des Studiums
in Bologna und damit auch die Frühgeschichte der Universität lassen sich demnach am
besten anhand des sfzzdzzzzzz zzz azdzbzzs nachzeichnen, zumal die alles dzcfazzdz dafür de-
taillierte Informationen bieten. Dagegen mangelt es für das frühe 12. Jahrhundert an
Quellen zum Studium der Rechtswissenschaften/ Trotz dieses Quellenmangels war für
die gesamte Forschungsdiskussion über die Anfänge des Studiums in Bologna sympto-
matisch, dass sie ganz wesentlich auf das Rechtsstudium" und auf die Frage nach dem
Ursprung und dem Urheber der Rechtsschule fixiert war. Die Arbeiten zum Vndz'n/zz zzi
azTzbzzs sind dagegen weniger bekannt.
AuGUSTo GAUDENzi war in seiner Abhandlung über »Studio di Bologna nei primi
due secoli« noch davon ausgegangen, dass sich das frühe sfzzdzzzzzz zzi azTzhizs an der Ka-
thedrale lokalisieren ließe, und hielt deswegen auch Irnerius für einen Kleriker." MANA-
coRDA teilte in seiner umfangreichen Geschichte der Schule in Italien diese Auffassung
zwar nicht," aber 1956 hat GuALAzziNi erneut die enge Verbindung zwischen Bologneser
Schule und Bischof betont." GioRGio CENCETTi hat dagegen 1966 nachdrücklich darauf
hingewiesen, dass für die Existenz einer Domschule jeder Beweis fehle." Da diese De-
batte von CENCETTi hervorragend aufgearbeitet worden ist und da darin die azTes dzcfazidz

Odofredus Bononiensis: LccZara saper Dzgesto zvterz, I, I, 6.
Vgl. so FiTTiNG, Die Anfänge der Rechtsschule zu Bologna, S. 79 f.; vgl. DoLcixi, Lo Sfadzazz: fino
al XIII secolo, S. 480.
FRIED, »... auf Bitten der Gräfin Mathilde«, S. 199, unter Verweis auf NicoLAj, Cultura; so letztlich
auch schon CENCETTi, Sülle origini dell studio, S. 249 k, mit dem Verweis auf eine »scuola nota-
rile«, die ab etwa 1060 bestanden habe.
Irrig ist in der Hinsicht mancherlei Handbucheintrag; vgl. etwa VERGER, Grundlagen, S. 60: »Im
Laufe des 13. Jahrhunderts entwickelten sich im Schatten der juristischen Universitäten Bolo-
gnas auch andere Lehrgebiete aus. Schulen der artes MvnzL's gab es gewiß vor 1220. Zur Aus-
bildung der Studenten, von denen viele zukünftige Juristen waren, gehörten Grammatik und
Rhetorik in der schulmäßigen Lehre«.
Einen hervorragenden Überblick über den Gang der Forschung bietet ARNALDi, Alle origini
dello Studio di Bologna. Das Sfadzazz: za arfzhas nimmt er in seinem Beitrag aber noch weniger in
den Blick als CENCETTi, Studium fuit Bononie.
GAUDENzi, Lo Studio di Bologna, S. 115 f.; eine Tätigkeit des lehrenden Irnerius an der bischöf-
lichen Schule postuliert auch ARNALDi, Alle origini dello Studio di Bologna, S. 102.
MANACORDA, Storia della scuola, S. 193, unterstreicht jedenfalls die Bedeutung der »scuole libere
e laiche, le quali furono, in linea di fatto, se non di diritto, le vere madri delle Universitä«; gegen
den Klerikerstand von Werner/Irnerius, ebd., S. 202; gegen eine offene Kathedralschule, ebd.,
S. 202 f.
GuALAzziNi, L'origine dello >Studium< bolognese, S. 98-100.
CENCETTi, Studium fuit Bononie, S. 812, Anm. 1; DERS., Sülle origini dello studio, S. 249.
 
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