Vorbemerkungen. Geschichte der Sammlung. Herkunft.
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Für sie muß die Möglichkeit des Imports von allen möglichen griechischen Gegenden nach Ägypten
offen gehalten werden2); falls sie im Altertum auf Handelswegen dahingelangt sind. Aber wer will
wissen, ob nicht einzelne von ihnen erst in unseren Zeiten ihre Wanderung angetreten haben? Oder
andererseits: wer will bei unserer lückenhaften Kenntnis der Kultur der ägyptischen Griechenstädte
wissen, ob nicht die Griechen in ihnen, wie im ganzen Land, getreu ihrer Gewohnheit, nach Muster-
büchern und Formen, die vom Mutterlande kamen, diese besonderen Stücke stilrein fabrizieren
konnten?
Für die Masse ist die Herstellung innerhalb Ägyptens, in das wir natürlich Alexandrien ein-
schließen, unwiderlegbar gesichert. Fundnotizen, Grabungsberichte, Angaben der Händler, denen
wir aber nur in ganz seltenen Fällen Glauben schenken dürfen3), ergeben ein Bild von der Ver-
breitung der Figuren. 14 Stück sind in Alexandrien erworben. Ihre tatsächliche Provenienz ist
jedoch damit keineswegs festgestellt, da einerseits zu fast allen im Land Parallelen existieren,
dann auch besondere Voraussetzungen, die wir von den lokalalexandrinischen zu erwarten haben,
vermißt werden4). Von Plätzen des Deltas kommen bis jetzt vor allem die Nekropolen von
Alexandrien, dann Naukratis (Anm. 2), Teil Basta5) (Bubastis), dann Mendes, Zagazig6), in Be-
tracht. Aus einem Grab bei Abusir el-Mäläk stammt ein besonders gut erhaltenes Stück (202),
in Kafr el-Haram sind öfter einzelne erworben, Bedraschen, Sakkara in der Umgebung von
Memphis haben andere gespendet. Leicht verständlich ist, daß im modernen Kairo, der Zen-
trale des Kunsthandels, besonders viele zu finden sind, die damit freilich für die Erforschung
der Lokalunterschiede und Fabriken so gut wie verloren sind. Kairos Rolle spielte im Alter-
tum Memphis7), und die in memphitischen Häusern aufgefundenen Formen und Terrakotten
bezeugen, daß gerade in der Zentrale die kleinen Figuren beliebt und fabriziert waren8). Ge-
schlossene Reihen aus den Grabungen von Ehnäs9) und die große Serie der Stücke, die aus
den am stärksten durchwühlten Koms des Faijum teils erworben, teils ergraben sind10), zeigen
besonders intensiv, wie bis in die entlegenen Winkel der Zivilisation hinein diese Fabrikware
sich ihren Weg suchte. (Man hat sie deswegen nicht ganz richtig Faijumterrakotten genannt.)
Etwa die Hälfte der früher erwähnten Serie hat Erman in den Dörfern des Faijums gekauft.
Auch aus Oberägypten sind Fundorte mehr oder minder sicher bezeugt: Eschmunen11), Anti-
2) s. zu den einzelnen Nummern. Terrakottenimport (5. bis 4. Jahrh.) nach dem Orient, s. z. Β. Thiersch, Arch. Anz.
1908, 374. Naukratis erhielt Tanagräische Terrakotten ; spendete selbst Terrakotten vom 6. Jahrh. v. Chr. bis tief in die Kaiser-
zeit. Töpfereien in Naukratis erwähnt vom Naukratiten Athenäus XI, 480 Ε.
3) Die Angaben der Händler sind bekanntlich aus allerlei Gründen mit besonderer Vorsicht aufzunehmen. Wir haben
darum mit Absicht öfter unbestimmt gelassen, was scheinbar akzeptabel war. Andererseits berichtet G. Möller von einem
eklatanten Fall: Ein Eingeborener hatte Nr. 13 als von Eschmunen stammend angeboten. Es schien wegen der Form im
ganzen verdächtig; am nächsten Tag wurde 14 bei der Grabung gefunden: der Araber war gerechtfertigt.
4) Terr. der frühen Nekropolen von Alexandrien sind zur Genüge bekannt (z. B. Botti, Bull. Soc. Alex. 1899, 7 ff; v. Bis-
sing, Arch. Anz. 1901, 59: „59 Funde, die ihre boeotischen Muster in Stil und Tracht nicht verleugnen.“ Reizende Mädchen-
figuren in den Sammlungen (z. B. Louvre, Guimet, Alexandrien); hierher vielleicht 356, 392.
5) Herr Κ. Schmidt berichtet mir als Augenzeuge von der großen Ausbeute, die die Raubgräber in den Koms machten.
In Basta und im Faijum öfter auch bei Privaten.
6) Bull. Soc. Alex. 8,7 (Mendes). Zagazig: 308. Eine kleine, geschlossene Fragmentsammlung aus Zagazig in Karls-
ruhe (S. 7, Anm. 13). Formen aus Benha in Berlin 10614, 10615.
7) Das ist an sich selbstverständlich, da Μ. gewiß nichts anderes war als das antike Kairo; das ist besonders schön an
Hand von Petries Memphisbänden zu verfolgen, lehrt auch der Fund der Modelle von Mit-Rahine. Außerordentlich zu denken
gibt die wundervolle Reihe der Petrieschen „Fremdtypen“ (dazu auch Roeder, Prähistor. Zeitschr. IV, 429 f.), die endlich
richtig erklärt werden müssen.
8) Aus Memphis z. B. Nr. 150, 275; Formen bei Edgar, Moulds, (Cat. gen. Caire).
9) Zu den Stücken aus Ehnäsija vgl. auch die Serien bei Petrie, Roman Ehnäs; alle aus Häusern.
10) Medinet el-Faijum, Darb Gerse, el-Kantara, Umm el-Barakät, Hawara kommen vor allem in Betracht. Zu Arsinoe
vgl. auch Annales du Service IX, 231. Petrie, Memphis IV, S. 14.
]1) s. z. B. oben Anm. 3. Ferner 158, 184, 234, 235, 237, 239, 343, 345, 346 usw.
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Für sie muß die Möglichkeit des Imports von allen möglichen griechischen Gegenden nach Ägypten
offen gehalten werden2); falls sie im Altertum auf Handelswegen dahingelangt sind. Aber wer will
wissen, ob nicht einzelne von ihnen erst in unseren Zeiten ihre Wanderung angetreten haben? Oder
andererseits: wer will bei unserer lückenhaften Kenntnis der Kultur der ägyptischen Griechenstädte
wissen, ob nicht die Griechen in ihnen, wie im ganzen Land, getreu ihrer Gewohnheit, nach Muster-
büchern und Formen, die vom Mutterlande kamen, diese besonderen Stücke stilrein fabrizieren
konnten?
Für die Masse ist die Herstellung innerhalb Ägyptens, in das wir natürlich Alexandrien ein-
schließen, unwiderlegbar gesichert. Fundnotizen, Grabungsberichte, Angaben der Händler, denen
wir aber nur in ganz seltenen Fällen Glauben schenken dürfen3), ergeben ein Bild von der Ver-
breitung der Figuren. 14 Stück sind in Alexandrien erworben. Ihre tatsächliche Provenienz ist
jedoch damit keineswegs festgestellt, da einerseits zu fast allen im Land Parallelen existieren,
dann auch besondere Voraussetzungen, die wir von den lokalalexandrinischen zu erwarten haben,
vermißt werden4). Von Plätzen des Deltas kommen bis jetzt vor allem die Nekropolen von
Alexandrien, dann Naukratis (Anm. 2), Teil Basta5) (Bubastis), dann Mendes, Zagazig6), in Be-
tracht. Aus einem Grab bei Abusir el-Mäläk stammt ein besonders gut erhaltenes Stück (202),
in Kafr el-Haram sind öfter einzelne erworben, Bedraschen, Sakkara in der Umgebung von
Memphis haben andere gespendet. Leicht verständlich ist, daß im modernen Kairo, der Zen-
trale des Kunsthandels, besonders viele zu finden sind, die damit freilich für die Erforschung
der Lokalunterschiede und Fabriken so gut wie verloren sind. Kairos Rolle spielte im Alter-
tum Memphis7), und die in memphitischen Häusern aufgefundenen Formen und Terrakotten
bezeugen, daß gerade in der Zentrale die kleinen Figuren beliebt und fabriziert waren8). Ge-
schlossene Reihen aus den Grabungen von Ehnäs9) und die große Serie der Stücke, die aus
den am stärksten durchwühlten Koms des Faijum teils erworben, teils ergraben sind10), zeigen
besonders intensiv, wie bis in die entlegenen Winkel der Zivilisation hinein diese Fabrikware
sich ihren Weg suchte. (Man hat sie deswegen nicht ganz richtig Faijumterrakotten genannt.)
Etwa die Hälfte der früher erwähnten Serie hat Erman in den Dörfern des Faijums gekauft.
Auch aus Oberägypten sind Fundorte mehr oder minder sicher bezeugt: Eschmunen11), Anti-
2) s. zu den einzelnen Nummern. Terrakottenimport (5. bis 4. Jahrh.) nach dem Orient, s. z. Β. Thiersch, Arch. Anz.
1908, 374. Naukratis erhielt Tanagräische Terrakotten ; spendete selbst Terrakotten vom 6. Jahrh. v. Chr. bis tief in die Kaiser-
zeit. Töpfereien in Naukratis erwähnt vom Naukratiten Athenäus XI, 480 Ε.
3) Die Angaben der Händler sind bekanntlich aus allerlei Gründen mit besonderer Vorsicht aufzunehmen. Wir haben
darum mit Absicht öfter unbestimmt gelassen, was scheinbar akzeptabel war. Andererseits berichtet G. Möller von einem
eklatanten Fall: Ein Eingeborener hatte Nr. 13 als von Eschmunen stammend angeboten. Es schien wegen der Form im
ganzen verdächtig; am nächsten Tag wurde 14 bei der Grabung gefunden: der Araber war gerechtfertigt.
4) Terr. der frühen Nekropolen von Alexandrien sind zur Genüge bekannt (z. B. Botti, Bull. Soc. Alex. 1899, 7 ff; v. Bis-
sing, Arch. Anz. 1901, 59: „59 Funde, die ihre boeotischen Muster in Stil und Tracht nicht verleugnen.“ Reizende Mädchen-
figuren in den Sammlungen (z. B. Louvre, Guimet, Alexandrien); hierher vielleicht 356, 392.
5) Herr Κ. Schmidt berichtet mir als Augenzeuge von der großen Ausbeute, die die Raubgräber in den Koms machten.
In Basta und im Faijum öfter auch bei Privaten.
6) Bull. Soc. Alex. 8,7 (Mendes). Zagazig: 308. Eine kleine, geschlossene Fragmentsammlung aus Zagazig in Karls-
ruhe (S. 7, Anm. 13). Formen aus Benha in Berlin 10614, 10615.
7) Das ist an sich selbstverständlich, da Μ. gewiß nichts anderes war als das antike Kairo; das ist besonders schön an
Hand von Petries Memphisbänden zu verfolgen, lehrt auch der Fund der Modelle von Mit-Rahine. Außerordentlich zu denken
gibt die wundervolle Reihe der Petrieschen „Fremdtypen“ (dazu auch Roeder, Prähistor. Zeitschr. IV, 429 f.), die endlich
richtig erklärt werden müssen.
8) Aus Memphis z. B. Nr. 150, 275; Formen bei Edgar, Moulds, (Cat. gen. Caire).
9) Zu den Stücken aus Ehnäsija vgl. auch die Serien bei Petrie, Roman Ehnäs; alle aus Häusern.
10) Medinet el-Faijum, Darb Gerse, el-Kantara, Umm el-Barakät, Hawara kommen vor allem in Betracht. Zu Arsinoe
vgl. auch Annales du Service IX, 231. Petrie, Memphis IV, S. 14.
]1) s. z. B. oben Anm. 3. Ferner 158, 184, 234, 235, 237, 239, 343, 345, 346 usw.
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