22
Osiris.
Abb. 2.
allgemeine Form
nimmt teil an seiner Verehrung, wie jede, ohne Rücksicht auf andere, des Besitzes ihrer
Osirisreliquie sich freut; unter ihnen nennt Lykopolis einen Teil der Eingeweide ihr eigen, in
Xois im Delta wurden die flüssigen Materien verehrt, in Hipponos das Blut21) — wo anders
konnten diese edlen Teile aufbewahrt werden als in Gefäßen? wo anders beigesetzt als in
Gefäßen, wie sie dem Ägypter selbst dienten, um die Eingeweide seiner Toten zu bergen?
Noch in später Zeit redet eine dunkle Stelle von den Eingeweiden des Gottes22). Diese Gründe
zwingen, die Verehrung solcher Osirisreliquiare in gewissen Gegenden anzunehmen; und erst
recht in griechischer Zeit: war doch gerade den Griechen der Brauch, Reliquien in Gefäße ein-
zuschließen und diese zu bekränzen, seit langem vertraut23). Noch mehr aber lehren ägypti-
sche Monumente. Ein Eingeweidekrug des n. R., einem Hohenpriester aus Heliopolis gehörig
(Berlin 13317), zeigt folgende Darstellung: „der Kopf und das Gefäß sind als Mensch gedacht;
dazu trägt das letztere einen Kranz und eine Brusttafel, auf der der Tote
vor Osiris und Isis dargestellt ist. Darunter Reste einer aufgemalten In-
schrift"24). Dies Zeugnis des Ν. R. wird wesentlich durch ein anderes25) ver-
stärkt: Ein Krug mit Falkenkopf, auf den Schultern der dreifache Kragen,
auf dem Gefäßleib die Amulette des Toten, Uzatauge, geflügelter Sonnenkäfer,
gabenbringende Horuskinder rechts und links, vorn, nicht ganz herabreichend,
zwei Streifen, dazwischen eine Inschrift (Abb. 2). Es fehlt nur der Kranz
bei diesen letzteren, wie bei jenen Details auf dem Körper: beide sind sicher
Krüge für Eingeweide. Der Schützer des einen ist der
der des anderen der falkenköpfige Kebeh-sennuf. Die Überlieferung kennt
demnach schon früh die Ausstaffierung auch eines Kruges nach Mumienart
— so wird ein bindender Schluß erlaubt sein: der Totengott, den wir in
Isis' und Harpokrates' Kreis gefunden haben, ist Ersatz für den ursprüng-
lichen Amset, den Schützer der inneren Organe des toten Gottes. Darum
erhält das Bild eine Götterkrone, die erst seit der Verwandlung in diese
am Platze ist (oben S. 3).
Noch eine Schwierigkeit löst sich durch den Gedanken an ein Gefäß. Bei den Terrakotten
ziehen um den Hals, mehr oder minder genau, zwei parallele Reliefstreifen gleich Halsfalten-
ringen. Sie kehren ebenso deutlich wieder bei dem großen Albanischen Gefäß, bei einem
kleinen im Musee Guimet — und bei den menschenköpfigen Krügen der vorhellenistischen
Zeit — ich denke, das wäre ein merkwürdiger Zufall, wenn sie nicht den Krug- und Deckel-
rand wiedergeben sollten! Ursprünglich an Halsfalten zu denken, verbietet die Form; aller-
höchstens haben die Töpfer der Spätzeit sie als solche, weil sie sie nicht mehr verstanden,
wiederholt26).
21) Wiedemann, Herodots II. Buch S. 587 f., Untersuchungen S. 39.
22) Pap. Lond. I 105 Z. 643: συ ε1 οίνος, ούκ ει οίνος, άλλα τα σπλάγχνα τοϋ Όσίρεως, τά σπλάγχνα τοϋ Ίαω πακερβηΟ.
23) Mit verhüllter Hand (Dieterich, Kl. Schriften S. 440ff.) trägt man die Reliquiengefäße. Über diese sehr reiches
Material bei Pfister, Reliquienkult, (Rel.-gesch. Versuche und Vorarbeiten V), 2, S. 424ff. Lucius, Anfänge des Heiligen-
kults, S. 277.
24) Ausführl. Verzeichnis2 S. 179. Höhe mit Deckel rund 40 cm.; ferner Davies, Tomb of Jouija and Touijou pl. XVII,
wiederholt bei Schaefer, Ägypt. Kunst (Kunstgesch. in Bildern I) Taf. 31, 2. Dazu kommt das hohe Alabastergefäß Berlin
13790, das aus Florenz stammt.
25) Wallis, Eg. cer. art, II pl. 8, unsere Abb. 2, s. auch oben Anm. 10.
26) Vgl. auch das falkenköpfige Gefäß Anm. 25. Damit fällt der Einwand, daß bei keinem der bekannten Stücke der
Kopf abnehmbar ist: sie waren Kopien und wiederholten den Gott in seiner ganzen Form; Eingeweide oder Wasser in ihnen
zu bewahren, war für solche Gräber- und Hausfiguren nicht nötig.
Osiris.
Abb. 2.
allgemeine Form
nimmt teil an seiner Verehrung, wie jede, ohne Rücksicht auf andere, des Besitzes ihrer
Osirisreliquie sich freut; unter ihnen nennt Lykopolis einen Teil der Eingeweide ihr eigen, in
Xois im Delta wurden die flüssigen Materien verehrt, in Hipponos das Blut21) — wo anders
konnten diese edlen Teile aufbewahrt werden als in Gefäßen? wo anders beigesetzt als in
Gefäßen, wie sie dem Ägypter selbst dienten, um die Eingeweide seiner Toten zu bergen?
Noch in später Zeit redet eine dunkle Stelle von den Eingeweiden des Gottes22). Diese Gründe
zwingen, die Verehrung solcher Osirisreliquiare in gewissen Gegenden anzunehmen; und erst
recht in griechischer Zeit: war doch gerade den Griechen der Brauch, Reliquien in Gefäße ein-
zuschließen und diese zu bekränzen, seit langem vertraut23). Noch mehr aber lehren ägypti-
sche Monumente. Ein Eingeweidekrug des n. R., einem Hohenpriester aus Heliopolis gehörig
(Berlin 13317), zeigt folgende Darstellung: „der Kopf und das Gefäß sind als Mensch gedacht;
dazu trägt das letztere einen Kranz und eine Brusttafel, auf der der Tote
vor Osiris und Isis dargestellt ist. Darunter Reste einer aufgemalten In-
schrift"24). Dies Zeugnis des Ν. R. wird wesentlich durch ein anderes25) ver-
stärkt: Ein Krug mit Falkenkopf, auf den Schultern der dreifache Kragen,
auf dem Gefäßleib die Amulette des Toten, Uzatauge, geflügelter Sonnenkäfer,
gabenbringende Horuskinder rechts und links, vorn, nicht ganz herabreichend,
zwei Streifen, dazwischen eine Inschrift (Abb. 2). Es fehlt nur der Kranz
bei diesen letzteren, wie bei jenen Details auf dem Körper: beide sind sicher
Krüge für Eingeweide. Der Schützer des einen ist der
der des anderen der falkenköpfige Kebeh-sennuf. Die Überlieferung kennt
demnach schon früh die Ausstaffierung auch eines Kruges nach Mumienart
— so wird ein bindender Schluß erlaubt sein: der Totengott, den wir in
Isis' und Harpokrates' Kreis gefunden haben, ist Ersatz für den ursprüng-
lichen Amset, den Schützer der inneren Organe des toten Gottes. Darum
erhält das Bild eine Götterkrone, die erst seit der Verwandlung in diese
am Platze ist (oben S. 3).
Noch eine Schwierigkeit löst sich durch den Gedanken an ein Gefäß. Bei den Terrakotten
ziehen um den Hals, mehr oder minder genau, zwei parallele Reliefstreifen gleich Halsfalten-
ringen. Sie kehren ebenso deutlich wieder bei dem großen Albanischen Gefäß, bei einem
kleinen im Musee Guimet — und bei den menschenköpfigen Krügen der vorhellenistischen
Zeit — ich denke, das wäre ein merkwürdiger Zufall, wenn sie nicht den Krug- und Deckel-
rand wiedergeben sollten! Ursprünglich an Halsfalten zu denken, verbietet die Form; aller-
höchstens haben die Töpfer der Spätzeit sie als solche, weil sie sie nicht mehr verstanden,
wiederholt26).
21) Wiedemann, Herodots II. Buch S. 587 f., Untersuchungen S. 39.
22) Pap. Lond. I 105 Z. 643: συ ε1 οίνος, ούκ ει οίνος, άλλα τα σπλάγχνα τοϋ Όσίρεως, τά σπλάγχνα τοϋ Ίαω πακερβηΟ.
23) Mit verhüllter Hand (Dieterich, Kl. Schriften S. 440ff.) trägt man die Reliquiengefäße. Über diese sehr reiches
Material bei Pfister, Reliquienkult, (Rel.-gesch. Versuche und Vorarbeiten V), 2, S. 424ff. Lucius, Anfänge des Heiligen-
kults, S. 277.
24) Ausführl. Verzeichnis2 S. 179. Höhe mit Deckel rund 40 cm.; ferner Davies, Tomb of Jouija and Touijou pl. XVII,
wiederholt bei Schaefer, Ägypt. Kunst (Kunstgesch. in Bildern I) Taf. 31, 2. Dazu kommt das hohe Alabastergefäß Berlin
13790, das aus Florenz stammt.
25) Wallis, Eg. cer. art, II pl. 8, unsere Abb. 2, s. auch oben Anm. 10.
26) Vgl. auch das falkenköpfige Gefäß Anm. 25. Damit fällt der Einwand, daß bei keinem der bekannten Stücke der
Kopf abnehmbar ist: sie waren Kopien und wiederholten den Gott in seiner ganzen Form; Eingeweide oder Wasser in ihnen
zu bewahren, war für solche Gräber- und Hausfiguren nicht nötig.