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Weber, Wilhelm; Königliche Museen zu Berlin / Ägyptische Abteilung
Mitteilungen aus der Ägyptischen Sammlung: Text — Berlin, 2.1914

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264

Traglampen.


Abb. 131.

Die Säule hat allein die Funktion des Griffes; da sie weder zum Vogelkopfhaken noch zum
Becken organisch gehört. Irgend eine geheimnisvolle Bedeutung hat sie nicht; am wenigsten eine
Beziehung zu den neben ihr stehenden Figuren (s. Anm. 15); das zeigt schon der Umstand, daß
an ihrer Stelle öfter ein schlanker Pilaster tritt. Einer bekannten Neigung entsprechend ist der
glatte, nichtssagende Lampenstiel ein — hier freilich deplaziertes — architektonisches Glied ge-
worden10).
Der Behälter mit seiner seitlichen Schnauze, seinen Füßen ist oben als tierrumpfähnliches
Gebilde bezeichnet worden. Er begegnet wie bei 483 öfter11); wobei das Metallhafte an ihm ganz
stark betont wird12). Wir finden ihn ohne Säule, in etwas gestreckterer Form
und oben flacher, nur von einer Büste oder stehenden Figur bekrönt13), so
daß die Terrakotte nur eine transportable Stehlampe sein konnte. Beachtet
man nun, daß die obere Wölbung ein die ganze Länge einnehmender Klapp-
deckel gewesen sein muß, dann scheint es doch möglich, daß auch die Lampe
letztlich etwa ein größeres Gerät, ein Feuerbecken, ein Mangal, wie es arabisch
heißt, imitiert; wirkt die fast übertreibende Hervorhebung der Metallteile an
einer kleinen Bronzelampe sonst nicht grotesk?
Wie dem auch sei, zugestanden muß werden, daß die Einzelteile ein
Sonderdasein führen konnten und führten. Vereinigt aber wirken sie nur
zusammengesetzt, unharmonisch. Dieser Eindruck wird besonders wach bei
einer einzigartigen Bronzelampe14) aus Ägypten: Vier schlanke Füße
stützen eine auf dem Rücken liegende, an den Beinen gefesselte Gazelle,
hinter deren Kopf unser Vogelkopfstiel aufragt (Abb. 131). Wie aneinander-
gestückt das wirkt; der Stab scheint nur eingehakt, zu bequemem Transport
des leicht zu warmen Geräts. Da wird doch unzweifelhaft, daß Bronzegeräte

der Art die unmittelbaren Vorbilder, unsere Tonlampen trauriger Ersatz für jene gewesen sind.
Nimmt man jetzt die letzte Gruppe hinzu, in der Figuren auf den Behälter und neben die
Säule gesetzt sind15), so wird das einleuchten, daß dieser „Schmuck" das ganze kompliziert und
entstellt hat. Obwohl der Handwerker sich bemüht hat, zur bildmäßigen Wirkung durchzudringen,

10) Säule als Griff auch neben Figuren, z. B. Niccolini II, Taf. LXXX. Bronzegerät, Säule mit Vogelkopf und

Händen als Gerät, ptolem. Zeit, Hilton Price Coll. II, pl. XVII, 4359.

11) Vgl. Taf. 15, 154; 309, Taf. 29, beide besonders charakteristisch, das stehende Tier ohne Kopf, imitierend.

12) Vgl. besonders 309, Taf. 29, wo die Nägel die ganzen oberen Ränder entlang sitzen.

13) Hilton Price Coll. 3268; Schmidt, Graesk-Aeg. Terr. pl. IX, Fig. 22 (oben Anm. 1). Stehende: Hildesheim (442?).
Tanzende Frau, Leipzig, Univ.-Slg. 1056. Hierher gehört dann auch das Becken, auf dem der Patäke steht, 143. Die Form
auf der obengenannten Hildesheimer Terr. kehrt bei der folgenden wieder, wo eine Säule dazu kommt. Also auch dies zeigt,
daß beide Teile beliebig vereint oder vereinzelt sein können. Dann scheint mir in der von Petrie, Ehnäs LXIX, 26 bei der
nur in Obersicht abgebildeten Lampe, wie die 22, 23, 24, 25 Lampen verschiedener Form zeigen, ein solcher Stab mit Haken
oder Figuren als Griffen eingesetzt werden können.

14) Maspero, Archeol. Eg.2 297, Fig. 292 (danach Abb. 131), der es „cuillier ä puiser le vin" nennt. (Ich kenne kein
zweites entsprechendes.) Die Zeit (kaum später als hellenistisch) ist nach oben schwer zu begrenzen; aber auch wenn es eher
spät als früh ist, selbst erst hellenistisch-ägyptisch, ist doch schlagend bewiesen, daß es derartige Bronzelampen gab — und
mehr brauchen wir nicht.

15) Ich denke zuerst an Taf. 15, 154, Athena mit Patera, Schild und Lanze (s. oben S. 110). Sie steht wohl auf einer
kleinen Basis. Dann 309, Taf. 29: Eros gefesselt (?). Er setzt den Fuß hoch auf ein Gerät, das am ehesten ein vier-
beiniger Säulenfuß aus Metall sein könnte, so wie ihn die merkwürdige Gemme bei Reinach, Pierres grav. pl. 28, 55, 3 oben
S. 197, wo ein Sarapiskopf neben einer Säule schwebt, auf der eine Stundenuhr (?) steht, zu der offenbar eine Maus hinauf-
klettert, und 332, Taf. 30 zeigen. — Ferner Karlsruhe H. 805, Dionysos m. Schale, neben ihm der Panther. Leipzig
Univ.-Slg. 1066, 1067, Krieger (Ares?) und Kriegerin (Athena?) auf Schild gestützt (II. Ex. in Karlsruhe H. 804. Diese Stücke
zu einer Fabrik mit 154). Ebd. ein anderes, Eros mit Harfe auf Delphin reitend. Hilton Price Coll. 3312 zeigt einen Hahn
und erklärt so unsere Nr. 483 am besten. Andere bei Schreiber a. a. O., vgl. auch oben Anm. 5.
 
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