Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein
— 25.1915
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https://doi.org/10.11588/diglit.26491#0072
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Heft 2
DOI Artikel:Schäfer, Wilhelm: Adolf Hoelzel: ein deutscher Meister der Malkunst
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Adolf Hoelzel.
Cntwurf (Bleistift).
bild zur Grundlage seiner Lehrtätigkeit nahm und weil
er sein Lehramt mit deutscher Gewissenhaftigkeit betrieb,
ist er zum Äieister des bildhaften Kontrapunktes geworden.
Weder auf Beethoven noch auf Wagner ruht die
Überlegenheit der deutschen Musik, Bach ist ihr unzer-
störbarer, ewiger Grund; und Bach heißt, die größte
Kenntnis der harmonischen Mittel mit der strengsten
Durchführung bis zur kühnsten Anwendung vereinigen,
heißt, nicht von Gefühl, Stimmung, Leidenschaft be-
herrscht sein, sondern sie beherrschen, heißt in der größten
Kühnheit gründlich sein, heißt alle Menschlichkeit in
Form zwingen, damit etwas Übermenschliches darauS
werde, heißt der größte Meister des Kontrapunkts, heißt
der gesetzmäßigste Künstler sein: und da ihm bis heute
die größte Wirkung sicher geblieben ist, darf er auch
wohl den andern Künsten eine Mahnung sein, daß es
in der Kunst ewige Gesetze zu erfüllen, nicht Persönlich-
keiten auszubreiten gilt.
Der Raum verbietet, eine Darstellung der bildhaften
Kontrapunktik, wie sie in Hoelzels Lehre und Werk als
eine Mahnung und eine Wiedereroberung der Über-
lieferung auftritt, auch nur andeutend zu geben; die
Abbildungen seiner Werke und die Worte seines Taae-
buchs werden stärker für ihn zeugen, als es ein Abriß
seiner Lehre vermöchte. Hier galt es, seine Absicht zu-
nächst einmal einzustellen und die Notwendigkeit seiner
Erscheinung für die moderne Kunst wie ihre Bedeutung
für die Möglichkeit einer deutschen Führung zu behaup-
ten. Doch sollen immerhin noch ein paar Bemerkungen
zur Einführung versucht werden.
Wer den beigegebenen Farbdruck mit den Abbildungen
auf Seite 50 und 51 vergleicht, wird ohne weiteres den
Ausammenhang erkennen, nicht im Gegenständlichen,
weil es sich um eine andere Komposition handelt, sondern
in der Art, wie diese Komposition entstand. Was auf
Seite 51 links gegeben ist als offenbare Grundlage der
gezeichneten Komposition rechts, ist nicht das zufällige
Griwesgrawes irgendeiner Laune, sondern das Ergeb-
nis einer, drastisch gesagt, geometrischen Aufteilung, die
als erste Grundlage das Längen- und Höhenverhältnis
so
Cntwurf (Bleistift).
bild zur Grundlage seiner Lehrtätigkeit nahm und weil
er sein Lehramt mit deutscher Gewissenhaftigkeit betrieb,
ist er zum Äieister des bildhaften Kontrapunktes geworden.
Weder auf Beethoven noch auf Wagner ruht die
Überlegenheit der deutschen Musik, Bach ist ihr unzer-
störbarer, ewiger Grund; und Bach heißt, die größte
Kenntnis der harmonischen Mittel mit der strengsten
Durchführung bis zur kühnsten Anwendung vereinigen,
heißt, nicht von Gefühl, Stimmung, Leidenschaft be-
herrscht sein, sondern sie beherrschen, heißt in der größten
Kühnheit gründlich sein, heißt alle Menschlichkeit in
Form zwingen, damit etwas Übermenschliches darauS
werde, heißt der größte Meister des Kontrapunkts, heißt
der gesetzmäßigste Künstler sein: und da ihm bis heute
die größte Wirkung sicher geblieben ist, darf er auch
wohl den andern Künsten eine Mahnung sein, daß es
in der Kunst ewige Gesetze zu erfüllen, nicht Persönlich-
keiten auszubreiten gilt.
Der Raum verbietet, eine Darstellung der bildhaften
Kontrapunktik, wie sie in Hoelzels Lehre und Werk als
eine Mahnung und eine Wiedereroberung der Über-
lieferung auftritt, auch nur andeutend zu geben; die
Abbildungen seiner Werke und die Worte seines Taae-
buchs werden stärker für ihn zeugen, als es ein Abriß
seiner Lehre vermöchte. Hier galt es, seine Absicht zu-
nächst einmal einzustellen und die Notwendigkeit seiner
Erscheinung für die moderne Kunst wie ihre Bedeutung
für die Möglichkeit einer deutschen Führung zu behaup-
ten. Doch sollen immerhin noch ein paar Bemerkungen
zur Einführung versucht werden.
Wer den beigegebenen Farbdruck mit den Abbildungen
auf Seite 50 und 51 vergleicht, wird ohne weiteres den
Ausammenhang erkennen, nicht im Gegenständlichen,
weil es sich um eine andere Komposition handelt, sondern
in der Art, wie diese Komposition entstand. Was auf
Seite 51 links gegeben ist als offenbare Grundlage der
gezeichneten Komposition rechts, ist nicht das zufällige
Griwesgrawes irgendeiner Laune, sondern das Ergeb-
nis einer, drastisch gesagt, geometrischen Aufteilung, die
als erste Grundlage das Längen- und Höhenverhältnis
so