DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:Biermann, Georg: Schmoll von Eisenwerths Wandbilder im Cornelianum zu Worms
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.26491#0413
Das Cornelicmum in Wsrms, crbaut von Theodor Fischor.
Schmoll von Eisemverths Wandbilder im Cornelianum
zu Worms.
alte Nibelungenstadr WormS, deren ehrwürdiger Dom über tausend Iahren deutscher
^ 1 Geschichte sein graues Haupt erhebt, hat in der künstlerischen Entwicklung der Gegenwart
bisher noch wenig von sich reden machen können. Sie teilt in dieser Beziehung das Schicksal
so mancher edlen Blüte nnscrcr Kultnr, mit der sich ähnlich eindringlich die Vorstellung und dcr
Zauber vergangener Iahrhundcrte verbinden. Denn daö must man der Siegfriedstadt am Rhein znm
Rnhm nachsagen, daß sie nicht nur ein Recht auf die Uberlieferung hat, sondcrn diese auch wie einen
kostbar alten Schatz zn pflegen weiß. Ihr ftädtebanliches Bild weckt Ehrfurcht trotz all der kleinen
Sünden, die zu Laftcn des überschncllen AufblühenS unseres VaterlandeS in den letzten dreißig Iahren
gehen. Und obwohl mancher schlechte Profanbau, manches von wirklicher GroßmannSsucht emporgeführte
GcschästShauS bei der gemächlichen Wanderung über Plätze und durch Gassen auf einen kurzen
Augenblick vcrftimmen kann, im ganzen bleibt doch cin harmonisch geschloffener Eindruck zurück.
Gewinnt man aber erst engere Fühlung mit diescm heimisch trauten Städtebild, gelingt cS gar der
Phantasie, vor herrlichen Barockfassaden und im Anblick spitz in die Höhe geführter Giebel (von dem
Wunderbau dieseS einzigen deutschen DomeS ganz zu schweigen, der für sich eine eherne Sprache redet)
ein wesenrlicheS Stück lebendigster deutscher Geschichte zu gewinnen, dann ftellt ssch unversehens unser
Gedächrnis auch auf den eincn großen Brennpunkt einer halb mythisch verklärten Vergangenheit ein,
die hier am Rhein einmal — wenn anch in anderer Wcise, als es die Dichter künden — ein Schicksal
tragisch dentschen HeldentumS in ferner Zeit erlebt hat.
Städte mit hiftorischem Gepräge haben gcrn etwas von alten Folianten, in denen neugieriger
Forscherblick blättert. Man kann Seite um Seite umschlagcn, gleichgültig, inhaltSfremd. Irgendwo
?8-
X//
I
Schmoll von Eisemverths Wandbilder im Cornelianum
zu Worms.
alte Nibelungenstadr WormS, deren ehrwürdiger Dom über tausend Iahren deutscher
^ 1 Geschichte sein graues Haupt erhebt, hat in der künstlerischen Entwicklung der Gegenwart
bisher noch wenig von sich reden machen können. Sie teilt in dieser Beziehung das Schicksal
so mancher edlen Blüte nnscrcr Kultnr, mit der sich ähnlich eindringlich die Vorstellung und dcr
Zauber vergangener Iahrhundcrte verbinden. Denn daö must man der Siegfriedstadt am Rhein znm
Rnhm nachsagen, daß sie nicht nur ein Recht auf die Uberlieferung hat, sondcrn diese auch wie einen
kostbar alten Schatz zn pflegen weiß. Ihr ftädtebanliches Bild weckt Ehrfurcht trotz all der kleinen
Sünden, die zu Laftcn des überschncllen AufblühenS unseres VaterlandeS in den letzten dreißig Iahren
gehen. Und obwohl mancher schlechte Profanbau, manches von wirklicher GroßmannSsucht emporgeführte
GcschästShauS bei der gemächlichen Wanderung über Plätze und durch Gassen auf einen kurzen
Augenblick vcrftimmen kann, im ganzen bleibt doch cin harmonisch geschloffener Eindruck zurück.
Gewinnt man aber erst engere Fühlung mit diescm heimisch trauten Städtebild, gelingt cS gar der
Phantasie, vor herrlichen Barockfassaden und im Anblick spitz in die Höhe geführter Giebel (von dem
Wunderbau dieseS einzigen deutschen DomeS ganz zu schweigen, der für sich eine eherne Sprache redet)
ein wesenrlicheS Stück lebendigster deutscher Geschichte zu gewinnen, dann ftellt ssch unversehens unser
Gedächrnis auch auf den eincn großen Brennpunkt einer halb mythisch verklärten Vergangenheit ein,
die hier am Rhein einmal — wenn anch in anderer Wcise, als es die Dichter künden — ein Schicksal
tragisch dentschen HeldentumS in ferner Zeit erlebt hat.
Städte mit hiftorischem Gepräge haben gcrn etwas von alten Folianten, in denen neugieriger
Forscherblick blättert. Man kann Seite um Seite umschlagcn, gleichgültig, inhaltSfremd. Irgendwo
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