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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 25.1915

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Heft 8
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Gischler, W.: Medaillen und Plaketten von Hans Frei
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https://doi.org/10.11588/diglit.26491#0279

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Medaillen und Plaketten von Hans Frei

s ist IN diesen Tagen ein bclicbtes Spiel geworden,
unscre Abhängigkeit in Bildungödingen als die so-
genannte Ausländerei der Modcrnen zu vcrdäch-
tigen; hoffentlich zwingen unS auch hier dic Ersahrungen
dieses Kriegeö, die Gründe tiefer zu suchen und ein Schick-
salözeichen unsercr Volkögeschichte darin zu crkenncn. Scit
Karl dem Fünstcn, in dessen Reich die Sonne nicht unter-
ging, hat der Sonncnschein der deutschcn
Bil'dung sich deutlich nach Wcftenvcrscho-
ben; mit seincm Mitbcwcrber um das
deutsche Kaiscrtum und lebenslänglichen
Gegner Franz I. begann Paris als Rcsi-
denz des sranzösischen Königs dcr „ge-
sellschaftliche" Mittelpunkt Europaö zu
werdcn; gegen Ludwig XIV. gab eö
in Deutschland Fürstenhöfe gcnug, aber
kaum cincn, der seine Beleuchtung nicht
von Versailles erhielt, selbst der Sicger
von Roßbach war nach scincr Bildung
ein Franzose, dcr französisch schrieb und
dachte und deö Deutschen nur wie ein
Ausländcr mächtig war. Daß unser
Heerwesen bis zur Stunde ziemlich in
jedcm Namcnswort französisch geblie-
ben ist, kann auch dem Laien eincn
Begriff gebcn, wic sehr unscre Bildung
sranzösisch „oricnticrt" war. Zucrst
unserc Musik, dann unsere Philosophie
und Dichiung, zuletzt unsere Malerei
haben dann vor andcrthalb Jahrhundcrt
gcsucht, die deutsche Bildung wiedcr aus

eigene Füße zu ftellen. Daß dieser BildungSkampf
sich schließlich zwischen Romantik und Klassiziömus
abspielte — man beachte die Worte — zeigt drastisch,
wie sehr sremde Schuhe dabei noch nötig waren.

Wem diese allgemeine Besinnung für unser besonderes
Gebiet der „Medaille und Plakette" zu weit hergeholt schei-
nen mag, der möge sich an die Selbstverständlichkeit erinnern,
mit der Sammler und Händler biö
zum Krieg mitleidig über die deutschen
Versuche lächeln konnten, den Franzosen
darin etwas Glcichwertiges an dic Seite
zu setzcn*. „So Bedcutcndeo wie frühcr
ist jedoch in der modernen Medailleur-
kunst fast nur in Frankreich ausgeführt
worden", wird noch in der „Neuen
Revidierten JubiläumS-AuSgabe von
Broekhaus' Kvnversationö-Lerikon" von

* Wer ctwa diese Abhängigkeit bezweifeln
möchte, dem gebcn die Fachbezeichnungcn
dieses Kunstgebietes eine deutliche Antwort.
Medaillen und Plaketten als Sondcr-
arten des Reliefs: etwas anderes zu schrei-
ben, fällt dem Deutschen schwerl und wenn
er sich auch neuerdings für die Medaille auf
Denk- und Schaumünzc besonnen bat,
landläufig sind diese Bezeichnungen nicht
und für die Plakette fehlt ihm bis heute das
Wort — wie denn auch die lsier gebrauchte
Bildung „Flachbildnerei" für Relief zunächst
nur eine Kühnheit des Vcrfassers ist. Also
nicht einmal zu Namen baben wir es in
einer Sache gebracht, die in ihrer Hcrkunft
cinmal ein deutschcr Stolz war.

Hans Frei. Tochter des Künstlers.

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