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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 25.1915

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Heft 10
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Pfälzer, Karl: Das Kriegergrabmal
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https://doi.org/10.11588/diglit.26491#0351

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Das Kriegergrabmal.

„Über der Grabstätte wölbt sich ein Rasen-
hügel; der Denkmäler stolze, türmende Pracht ver-
schmähen sie." (Tacitus: Germania.)

/^^s muß zwar bald nach Tacitus anders damit gewor-
U den sein, denn das Mal desTheoderich inRavenna
ist immerhin eine stolze und
türmende Pracht. Römische Kultur
und danach christliche Lehre haben
auch die germanischen Begräbnis-
sitten verschwinden lassen; seitdem
der Kirchenvater Tertullian das
Blut als Sitz der Seele erklärt
hatte, die also durch die Flammen
Schaden leiden könne, wurde die
bei den Germanen übliche Leichen-
verbrennung nach und nach ein
heidnisches Laster, auf dasKarl der
Große schließlich die Todesstrafe
setzte. Die Begräbnisform wurde
die Beisetzung der Leiche und der
Ort die Kirche, für die Großen der
Raum des Gotteshauses selber und
für die Kleinen der Hof darum,
der Kirchhof. Drinnen war kein
Platz sür Rasenhügel und draußen
wurden ihnen Kreuze aufgesteckt
zur Beschwörung der heidnischen
oder —> was sie nun wurden —
teuflischen Gewalten.

DieGrabmäler wurden dadurch
ein Bestandteil der Kirche, und die
Erinnerung an die Katakomben,
darin sich der Gräberkultus der
ersten Christen versteckte, setzte sich Abb. 2.

fort in der Krypta, die den Chor der Kirchen unter-
wölbte. Aber auch der übrige Boden der Kirche mußte
zu Gräbern dienen und wir alle kennen die Grabplatten
mit Jnschriften und Figuren, die, im Laufe der Jahr-
hunderte von den Füßen der Kirchgänger abgeschliffen,
melancholische Urkunden vergange-
ner Ieiten sind. Nur den Heiligen
und Großen der Kirche war die
Krypta vorbehalten, die Raum für
freistehende Steinsärge und freiere
Bildhauerarbeiten gab; hier ent-
wickelte sich das eigentliche Grab-
mal als Sarkophag mit den ruhen-
den Gestalten darauf, bis die Aeit
der Renaissance sie hinauf holte
— meist aufrecht gestellt — und
als Schmuck der Kirchenschisfe ver-
wandte. Wie es sich da bis zum
barocken Bombast figürlicher Grab-
malkunst entwickelte, das ist ein
bekanntes Kapitel der Kunstge-
schichte; aber es führt von da kein
gerader Weg zu den Grabmalern
unserer modernen Friedhöfe; es
sei denn, daß man diesen Weg in
Jtalien suche, wo sich die dem
Barock innewohnende Süßlichkeit
bis zu einem Konditor-Naturalis-
mus entwickelte, der für unsere
nordischp, oder sagen wir bewußter,
deutsche Empfindung unmöglich ist.

Seitdem unsereKirchhöfeToten-
äcker wurden, sind sie immer mehr
Haiger. verbürgerlicht worden, und auch die

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