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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 25.1915

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Heft 3
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Gischler, W.: Gregor von Bochmann der Jüngere †
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https://doi.org/10.11588/diglit.26491#0108

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Abb. 2. Brunnengruppe am Hohenzollern-Gynmasium in Düsseldorf. Abb. 3.

malten (mit dem nralerischen Spiel von Licht und
Schatten) und nach dem zeichnerischen „Kartonstil" der
Nazarener zum erstenmal wieder ein bildkünstlerisches
Prinzip über daS Gegenstandliche stellten. Es ist bekannt,
wie die Bildhauerei — die allerdings eine konsequente
Tonkneterei geworden war — eine Aeitlang dieses
Prinzip auch für sich anzuwenden suchte, allerdings
erst unter dem Einfluß der impressionistischen Malerei
und sozusagen in der firen Jdee, damit Jmpressionismus
zu machen. Der Abschied (Abb. 4), der dem siebenund-
zwanzigjährigen Künstler in Wien 1904 die Große
Goldene Staatsmedaille einbrachte, wird immer ein
sympathisches Beispiel dieser allgemeinen bildhauerischen
Verirrung um die Jahrhundertwende bleiben. Die
Gruppe ist ganz auf das flackernde Lichtspiel ihrer Ober-
flache gearbeitet, sodaß die Abbildung nur vor einen
sichtbaren Hintergrund gestellt zu werden brauchte, und
man würde ein lebendig gemaltes Stück Leinwand
vermuten. Eine Leinwand, unter der dann ebensowohl
der Name des Vaters stehen könnte, so sehr ist alles aus
seinem Geist gearbeitet.

Jmmerhin bedeutete diese malerische Form für den
jungen Künstler dis erste Befreiung aus dem naiven
Naturalismus ssiner Lehre; er vermochte sie sogar in
seiner Seemann-Statuette zu einer Art von statuarischer
Ruhe zu zwingen, und wenn man sich neben diese beiden

Werke als drittes den Tauwerfer (Abb. 8) stellte, hätte
man die Eckpunkte eines Kunstfeldes, auf dem sich eine
selbstzufriedene Begabung austummcln könnte. Aber
eben dieser Tauwerfer zeigt schon die Grenzen der
malerischen Form; indem sie an den nackten Körper
gerät, vermag sie das barocke Lichterspiel nicht durchzu-
halten: eigentlich ist es nur der Kopf der Figur, der die
Jllusion dieser Bewegung mitmacht, der breite Brust-
kasten und die Arme widersetzen sich durchaus ihrem
Flackerwerk. Man möchte diesem Tauwerfer seinem
Kopf zuliebe eine Jacke überziehen, damit sein prachtvoll
aufgerissener Mund mit den scharfen Schatten der Augen
und der Nase nach unten einen stilgemaßen Ausklang
fande; er mag noch so nackenfest auf dem Modell gesessen
haben, hier wirkt er als Widerspruch, weil der nackte
Körper das von ihm angeschlagene Thema der Ober-
flächenbewegung nicht mitzumachen vermag.

Das gilt nicht nur für dieses Werk und für die Art
Bochmanns, sondern für die plastische Kunst überhaupt:
als malerische Forni wird sie immer am Akt scheitern.
Der organische Bau des Körpers widersetzt sich den
witzigen Kapriolen des Helldunkels, er gestattet nur
eine künstlerische Bezwingung, die statuarische; in welche
Verirrung auch die Anschauung irgend einer Aeit die
Bildhauerei zu bringen vermag, das Studium des
nackten Körpers wird sie immer wieder an ihre eigentliche

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