Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein
— 25.1915
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https://doi.org/10.11588/diglit.26491#0111
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Heft 3
DOI article:Gischler, W.: Gregor von Bochmann der Jüngere †
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Abb. 6.
Die Sandalenbinderin (Abb. 7) tragt vollkommen
diesen Stempel, und auch der flüchtigste Vergleich dieser
Figur mit der Gruppe des „Abschiedes" zeigt die Be-
deutung dieser Wandlung: nicht mehr die Oberfläche
spricht, sondern die Masse und ihre Sprache ist gegen die
malerische llnruhe die „klassische Ruhe".
Trotzdem wird bei diesem Vergleich auch sofort ein
Verlust deutlich, der über den Wechsel des künstlerischen
Prinzips hinaus geht: irgend ein mahnendes Gefühl
sagt uns, daß die Gruppe Kunst aus erster Hand, diese
Figur aber aus zweiter oder gar dritter Hand sei; nicht
etwa nur im Gegenständlichen — obwohl es nicht zu
Studienkopf.
übersehen ist, daß wir in unserer nordischen Welt zwar
abschiednehmende Fischer aber keine Sandalenbinde-
rinncn haben — mit dem plastischn Prinzip ist auch
eine Fornrensprache übernommen, die zu deutlich
römisch, zu deutlich aus einer fremden Welt gekommen
ist, um von jener Bildungsluft literarischer, historischer
Herkunft frei zu sein, die bei allen Werken Hildebrandscher
Prägung unser naives Gefühl am restloscn Genuß der
edelgebildeten Formenkunst hindert.
Wo hier der Weg sich öffnen könnte, das ist Boch-
mann selber noch deutlich geworden in der Aktstudie
(Abb. 9), die von allen seinen Werken am meisten Ver-
Die Sandalenbinderin (Abb. 7) tragt vollkommen
diesen Stempel, und auch der flüchtigste Vergleich dieser
Figur mit der Gruppe des „Abschiedes" zeigt die Be-
deutung dieser Wandlung: nicht mehr die Oberfläche
spricht, sondern die Masse und ihre Sprache ist gegen die
malerische llnruhe die „klassische Ruhe".
Trotzdem wird bei diesem Vergleich auch sofort ein
Verlust deutlich, der über den Wechsel des künstlerischen
Prinzips hinaus geht: irgend ein mahnendes Gefühl
sagt uns, daß die Gruppe Kunst aus erster Hand, diese
Figur aber aus zweiter oder gar dritter Hand sei; nicht
etwa nur im Gegenständlichen — obwohl es nicht zu
Studienkopf.
übersehen ist, daß wir in unserer nordischen Welt zwar
abschiednehmende Fischer aber keine Sandalenbinde-
rinncn haben — mit dem plastischn Prinzip ist auch
eine Fornrensprache übernommen, die zu deutlich
römisch, zu deutlich aus einer fremden Welt gekommen
ist, um von jener Bildungsluft literarischer, historischer
Herkunft frei zu sein, die bei allen Werken Hildebrandscher
Prägung unser naives Gefühl am restloscn Genuß der
edelgebildeten Formenkunst hindert.
Wo hier der Weg sich öffnen könnte, das ist Boch-
mann selber noch deutlich geworden in der Aktstudie
(Abb. 9), die von allen seinen Werken am meisten Ver-