Ie nach dem Zweck dcö Raumeü wird daS
feierliche odcr das festliche, daS crnste oder
fröhliche Leben zu dieser Geftaltung kommen,
immer aber wird cö eine Form annehmen
mnsteii, die weit nbcr den NatiiraliSmuS hin-
a»S ziim Stil gesteigert wird. Damit ist die
Aufgabe deö WandmalerS nach beiden Seiten
klargestellt: Strenger archirektonischer Aufban
und Übersteigerung dcr Formen zum Stil, dcr
dicsem Aufbau dicnen kanu. August Bab-
berger mit scinen drcißig Iahren kann kaum
schon cin Meistcr scin, nnd es wurde gesagt,
daß seine Arbeiten überall die Hand des eigen-
willig Lcrncndcn zeigen; aber wer ste nach
dcn beiden Grundforderungen dcs WandbildeS
iintersucht, wird überall die zur Meisterschaft
strebende Selbstzucht crkennen. Und auch nur,
wcr sie so ansieht, wird ste richtig einschätzen.
Schon der erwähnte Studicnkops von I9IO
(Tafel), so streng er nach der Natur gearbeitet
ift, zeigt deutlich die ftilistische Absicht, wie
er gewaltsam in die Bildftächc zurückgedreht
wurde, auS der sich der Körper abwandte.
Klarer wird die stilistische Verwertung schon
in dem Doppelbildnis des KünsilerS und seiner
Frau von 1911 (Abb. 2) und rein auSgesprochen
ift sie in dem Betenden Mädchen von 1915
(Abb. 5). Iede Zufälligkeit deS Modclls, die
bei dem Studienkopf noch deutlich mitspricht,
ist zugunsten der monumentalen Wirkung auSgeschiedcn; es ist nicht mehr daS Modell Soundso betend,
sondern gewissermaßen das betende Mädchen an sich, daö nun, in dieser Übersteigerung seiner DaseinS-
form, zur Erscheinnng und zum Bcstandtcil einer monumentalen Komposition wcrden kann.
Als Beispiele dieser KomposttionSabstchten stnd je zwei Blättcr auS einem radierten u»d einem
gezcichneten ZpkluS (Tafel) und cine Skizze (Abb. 1) abgebildct. Jn den Radicrungcn wird die Er-
innerung an Hodler noch lebhaft, in den gezeichneten Blättern ist ste zugunsten eines fast mathematischen
SchemaS anSgeschieden. Hodler geht immer von der einzelnen Figur aus, und auch wo cr Gruppen
bildet, bleiben es rhpthmisch gegeneinander gcstellte Figuren; man darf tuhig sagen, daß dies sein
fühlbarster Mangel ist. Gewiß bedeuten die Babbergerschen Zeichnungen dagegcn nur ein Schcma;
aber dieseS Schema fteht auf der Einstcht, daß eine Wandfläche nur so, d. h. aus dcm Ganzcn bildlich
organistert werdcn kann. Die kleine Skizze (Abb. I) ist hierin wcit über das Schcma hinauö gebracht;
sie steht schon ganz in der Farbigkeit deS abgebildeten AkteS (Farbcndruck), auch in der dnrchgeführten
Bewegung. Man braucht stch die einzelncn Figuren nur glcich dcm Betendcn Mädchcn durchgebildct
zu denken und man hat den Emdruck eineö wirklich monumentalcn WandbildeS.
Daß zu eincm solchen freilich mehr gehört alö cin geometrisch gcordneter Aufbaii, daS nmß nnr
noch besonders gesagt werden, weil Babbcrgcr bisher kein fcrtiges Werk aufzuweiscn hat, also nur
Baumaterial hier vorgezeigt werden kann, das im einzelnen betrachtet natürlich den seltsamstcn Miß-
vcrftändnissen ausgesetzt ist, besonders, wenn ihm der für die landläuffge Anschaimng gültige Geschmack
des Tafelbildes auferlegt wird. Zu einem monnmentalen Bild gehö'rt eben als inncrer Halt die Idee,
die etwas anderes als die Bildidee, nämlich deren geistige Grundlage ist. Kein noch so geschickt geord-
netes Nebeneinander von Fignren kann ein Bild auSmachen, wenn dieseS Nebeneinander nicht eben-
sowohl geistig wie geometrisch eine Einheit ist. Hodler glaubt als Prinzip einer solchen Einheit den
August Babberger. Betendes Madchen.
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feierliche odcr das festliche, daS crnste oder
fröhliche Leben zu dieser Geftaltung kommen,
immer aber wird cö eine Form annehmen
mnsteii, die weit nbcr den NatiiraliSmuS hin-
a»S ziim Stil gesteigert wird. Damit ist die
Aufgabe deö WandmalerS nach beiden Seiten
klargestellt: Strenger archirektonischer Aufban
und Übersteigerung dcr Formen zum Stil, dcr
dicsem Aufbau dicnen kanu. August Bab-
berger mit scinen drcißig Iahren kann kaum
schon cin Meistcr scin, nnd es wurde gesagt,
daß seine Arbeiten überall die Hand des eigen-
willig Lcrncndcn zeigen; aber wer ste nach
dcn beiden Grundforderungen dcs WandbildeS
iintersucht, wird überall die zur Meisterschaft
strebende Selbstzucht crkennen. Und auch nur,
wcr sie so ansieht, wird ste richtig einschätzen.
Schon der erwähnte Studicnkops von I9IO
(Tafel), so streng er nach der Natur gearbeitet
ift, zeigt deutlich die ftilistische Absicht, wie
er gewaltsam in die Bildftächc zurückgedreht
wurde, auS der sich der Körper abwandte.
Klarer wird die stilistische Verwertung schon
in dem Doppelbildnis des KünsilerS und seiner
Frau von 1911 (Abb. 2) und rein auSgesprochen
ift sie in dem Betenden Mädchen von 1915
(Abb. 5). Iede Zufälligkeit deS Modclls, die
bei dem Studienkopf noch deutlich mitspricht,
ist zugunsten der monumentalen Wirkung auSgeschiedcn; es ist nicht mehr daS Modell Soundso betend,
sondern gewissermaßen das betende Mädchen an sich, daö nun, in dieser Übersteigerung seiner DaseinS-
form, zur Erscheinnng und zum Bcstandtcil einer monumentalen Komposition wcrden kann.
Als Beispiele dieser KomposttionSabstchten stnd je zwei Blättcr auS einem radierten u»d einem
gezcichneten ZpkluS (Tafel) und cine Skizze (Abb. 1) abgebildct. Jn den Radicrungcn wird die Er-
innerung an Hodler noch lebhaft, in den gezeichneten Blättern ist ste zugunsten eines fast mathematischen
SchemaS anSgeschieden. Hodler geht immer von der einzelnen Figur aus, und auch wo cr Gruppen
bildet, bleiben es rhpthmisch gegeneinander gcstellte Figuren; man darf tuhig sagen, daß dies sein
fühlbarster Mangel ist. Gewiß bedeuten die Babbergerschen Zeichnungen dagegcn nur ein Schcma;
aber dieseS Schema fteht auf der Einstcht, daß eine Wandfläche nur so, d. h. aus dcm Ganzcn bildlich
organistert werdcn kann. Die kleine Skizze (Abb. I) ist hierin wcit über das Schcma hinauö gebracht;
sie steht schon ganz in der Farbigkeit deS abgebildeten AkteS (Farbcndruck), auch in der dnrchgeführten
Bewegung. Man braucht stch die einzelncn Figuren nur glcich dcm Betendcn Mädchcn durchgebildct
zu denken und man hat den Emdruck eineö wirklich monumentalcn WandbildeS.
Daß zu eincm solchen freilich mehr gehört alö cin geometrisch gcordneter Aufbaii, daS nmß nnr
noch besonders gesagt werden, weil Babbcrgcr bisher kein fcrtiges Werk aufzuweiscn hat, also nur
Baumaterial hier vorgezeigt werden kann, das im einzelnen betrachtet natürlich den seltsamstcn Miß-
vcrftändnissen ausgesetzt ist, besonders, wenn ihm der für die landläuffge Anschaimng gültige Geschmack
des Tafelbildes auferlegt wird. Zu einem monnmentalen Bild gehö'rt eben als inncrer Halt die Idee,
die etwas anderes als die Bildidee, nämlich deren geistige Grundlage ist. Kein noch so geschickt geord-
netes Nebeneinander von Fignren kann ein Bild auSmachen, wenn dieseS Nebeneinander nicht eben-
sowohl geistig wie geometrisch eine Einheit ist. Hodler glaubt als Prinzip einer solchen Einheit den
August Babberger. Betendes Madchen.
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