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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 25.1915

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Heft 9
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Schäfer, Wilhelm: Wilhelm Lehmbruck
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https://doi.org/10.11588/diglit.26491#0314

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Wilhclm Lchrnbruck. Wcibl. Torso (Folkwang-Muscum).

Wilhelm Lehmbruck.

Torso (Lebensgröße).

Werk des Künstlers überblickt, durchaus uicht wie bei
Hoetger uor einem Vielerlei der Auregung und jäheu
Entschlüsse steht. Allerdings kam ihm augenscheinlich
eine größere Stetigkeit der Natur zugute, die weniger
auf dem Tempcrament als auf der Konsequenz der An-
schauung beruhte. So merkwürdig seine letzten Dinge
deshalb um ihres stilistischen Prinzips willen berühren,
so sehr scheinen sie doch von den ersten (fast klassisch an-
mutenden) Werken an durch den gleichen künstlerischen
Jnstinkt geschaffen.

Die Richtung dieses Jnstinkts geht, wie bei jeder
höher zielenden Kunst, aber hier noch im besonderen
Sinn auf Stil, und dieser besondere Sinn wird un-
gefahr durch das umschrieben, was Herniann Muthesius
in seiner hier angekündigten Schrift (Juliheft d. I.)
über die Einordnung der bildenden Künste in den Bereich
ihrer altehrwürdigen Mutter, der Baukunst, ausführte.
Nur so, und nicht aus dem naiven Vergleich mit der

eigenen Anschariung, den der Laie allzugern vor der
Kunst zur Hand hat, läßt sich die Merkwürdigkeit seiner
letzten Arbeiten dem Erfahrungskreis unserer Anschauung
einordnen. Natürlich darf dic künstlerische Aufgabe nicht
so verstanden werden, als ob es allein auf eine äußerliche
Einordnung der Bildhauerkunst in die Architektur an-
kämc; das ergäbe eben nur angewandte Kunst, wie sie
viele Arbeiten der Hildebrandschule vortrefflich dar-
stellen. Es kann sich dabei — um mit Nietzsche zu sprechen

— nur um eine Wiedergeburt im Geist der Architektur
handeln, um eine innere stilistische Einheit, wie sie

— jedeni deutlich — die gotischen Figuren an unsern
Domen aufzeigen. Niemand wird sich das so denken,
als ob damals die Baumeister etwa als Regisseure die
Arbeiten der Bildhauer gestellt hätten: beide schufen
aus dem gleichen Geist, der mitten in unserer irdischen
Wirklichkeit etwas aufrichten wollte, das der Übersinnlich-
keit der christlichen Religion entsprach. Man darf eben

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