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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 25.1915

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Heft 10
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Pfälzer, Karl: Das Kriegergrabmal
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https://doi.org/10.11588/diglit.26491#0353

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haft sein, daß die veranderte Gesinnung aus würdige
Ausführung drängt. Freilich sind es nur wenige, die
ihr Grab in der Heimat finden, die meisten werden in
fremde Erde gebettet und nicht immer haben die Kame-
raden Aeit, mehr als den Rasenhügel unserer Vorfahren
über die Einzel- und Massengräber zu decken; aber
namentlich im Westen, wo der Stellungskrieg die Toten
und Lebendigen nahe beieinander hält, ist es eine gern
erfüllte Liebespflicht geworden, selbst im Bereich der
Kugeln und Granaten ein mehreres für die Gräber der
gefallenen Kameraden zu tun. Was uns da von der
liebevollen Pslege der Grabstätten berichtet wird,
deutet einen der wertvollsten Aüge des deutschen Wesens
an, das sich in Tod und Grauen sein Gefühl für Würde
und Ordnung nicht verwirren läßt. Darüber hinaus
aber muß es überraschen, Abbildungen von Grabmälern
zu sehen, die in ihrer Herstellung nur Gelegenheits-
arbeiten nicht immer geübter Hände, in der Wirkung
aber vorbildliche Denksteine sind. Auch hier bestätigt
sich die Erfahrung, daß es weniger der Sinn unseres
Volkes als seine Bequemlichkeit ist, die das schlichte Ge-
fühl von dem Massenschund gewissenloser Fabrikanten
derart überschwemmen ließ, daß man an ihm selber
zweifeln mußte.

Uberblickt man in der Kenntnis dieser Sachlage die
beigegebenen Abbildungen als eine Darstellung dessen,
was nun die Wiesbadener Gesellschaft für Grabmal-
kunst bisher geleistet hat, um der unerwarteten Aufgabe
gerecht zu werden, so ist das Ergebnis noch kein günstiges.
Die Gesellschaft selber kann natürlich nicht direkt dafür
haftbar gemacht werden; sie ist aus einer richtigen Be-
schränkung nicht Herstellerin, sondern nur Vermittlungs-

H. F. Schon.

Abb. 6. H. F. Schon.

stelle, die Kunst und Bedürfnis in Beziehung bringen
will. Künstlerisch muß sie sich auf die Künstler verlassen,
die durch sie nur angerufen werden, und die Künstler
— so muß man annehmen — haben zunächst vor dieser
neuen Einstellung ihrer Aufgabe versagt. Es wird dem
Ganzen dienen, wenn die Gründe hierfür an den ein-
zelnen Dingen gesucht werden.

Was auf den ersten Blick auffallt, ist die Verwendung
griechischer Formen und Symbole, die als offenbare
Ratlosigkeit ziemlich kläglich wirkt. Aunächst haben wir
darin ein Ergebnis jener Aeitumstände zu sehen, aus
denen — wie anfangs gesagt — die Verbürgerlichung
unserer Friedhöfe ihre gebrauchlichen Grabmalformen
gewann; nur daß gerade jetzt, wo überall, zum Teil in
überhitziger Weise, das Volksgefühl zu eigenen Leistun-
gen aufgerufen wird, diese Abhangigkeit von einer
fremden Symbol- und Formenwelt besonders peinlich
wird. Natürlich läßt sich dagegen sagen, und es wird
auch gesagt, daß die humanistische Grundlage unserer
Bildung gerade in diesem Krieg in unerhörtem Helden-
tum sichtbar würde, weil sie eben in den ewigen Jdealen
der Menschheit beruhe, und daß deshalb auch die Symbole
dieser Bildung uns eigen geworden wären: aber damit
läßt sich nicht wegdisputieren, daß für unser natür-
liches Gefühl diese Säulen mit griechischen Kapitälen,
diese Speerbündel und Griechenhelme reichlich fremd sind,
und daß wir eine Armlichkeit darin sehen, wenn wir jetzt

Abb. ö.
 
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