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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 25.1915

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Heft 11
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Schaller, Hans Otto: Zu den Bildern von Karl Goll
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https://doi.org/10.11588/diglit.26491#0378

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Karl Goll. Steinschleiferei in Solenhofen I.

reichen Wunden tragen mußte, doch nnmer aufrecht blieb, doch für Zugestcindnisse an den schlechten Geschmack
des Publikums kaum je zu haben war. Die sichere Bewußthcit seineö aus das Wesen der Malerei abzielenden
Willens siegte sogar über die körperliche Scbwäche, in die ihn schwere, erst mit äußerster Auözehrung, später mit
heftigen Blutoerlusten verbundene Krankheiten wiederholt gebracht haben. Jch weiß, daß Du bei den meisten
Bildern Golls (der natürlich wie jeder Maler auch schwache Sachen gemacht hat) über Deine Bedenken hinweg-
gekommen wärst, selbst wcnn ich Dir den äußeren Grund der gerügten Verblasenheit nicht genannt hätte; denn je
länger man diese seine guten Bilder sieht, desto deutlicher spürt man auch ohne jeden biographischen Kommentar,
daß ihr Autor nicht etwa bei feinen Ansätzen bcdauerlichcrweise stehen geblieben ist und leider versäumt hat, im
Anschluß an seine besten Aeitgenossen zur Vollkommenheit aus.mbaue», waS in ihm lag, sondern daß er doch wohl
das Außerste gegeben hat, was er überhaupt zu geben sähig war. Die Parallele mit Kaspar David Friedrich liegt
nahe; daß ich Goll eher noch höher stelle, darfst Du mir nicht verübeln; ich will gar nicht in den Fehler verfallen,
bei jenem zu vermissen, was ein Constable damals schon zu geben wußte; aber daß die außerordentliche Bereicherung
und Stärknng des malerischen Schaffens und Empfindens, die der vollblütige und verstandesklaie Engländer an
erster Stelle wiedererobert hat, nun mit der lauteren Poesie deö Deutschen bei Goll in einer Weise sich vereint, die hier
und da entsernt an ganz feine Franzosen, an Renoir z. B., denken läßt - das halte ich sür einen tiefen Gewinn
und für ein schönes Zeichen des stolzen Abstandes, der unser größeres Deutschland von der Biedermeierzeit trennt.

ES ist merkwürdig, wie Goll ganz von sich aus, ohne irgendeine bewußte Anlehnung, nur dank seiner Fähigkeit,
gute Kunst zu erleben und zu schaffcn, in mancher Beziehung gerade mit jenen Großen sich berührt, deren Namens-
nennung und Wirkung viele jetzt endgültig verhindern zu können glauben; und es ist überaus bezeichnend, daß
dieser Mensch, ein reiner Schwabe und ein ganzer Deulscher, der alle seine Bilder aus der nächsten Umgebung
Sluttgarts hervorgezaubert und nie in seinem Leben daran gedacht hat, sich in der Fremde weiterzubilden, in
seinen engeren Verhältnissen und bei veränderten Kunstmaßstäben doch ganz denselben Leiden auögesetzt war, die
auch jene in ihrem Vaterland erdulden mußten. Wohl tauchten Golls seine kleine Bildchen immer und immcr
wieder in den Stultgarter KnnstvereinS-Ausstellungen anf; wohl war auch einmal cine größere Sammelausstel-
lung von ihm zu sehen (1907 in einem wenig günstigen Raum des Museums der bildenden Künfte), die Ein-

druck machte und derzufolge Konrad Lange die Absichr äußerte, ein Werk dieses Mannes in die Lundesgalerie zu

bringen. Aber während der Ara des nächsten Galeriedirektorö ift dieser Plan wieder in Vergessenheit geraten und
ebenso gründlich der Künstler selbst, der so gar nicht nach dem vorlanten Feldgeschrei von morgen und übermorgen
oder nach irgendwelchen Parteiverhältniffen sragte.

Goll, dessen Vater Ornamentenlehrer und Profeffor an der Stuttgarter Kunftgewerbeschule war, hat zunächst

diese Anstalt sowie das Polytechmkum besucht; 1891 kam er auf die Akademie; wer dort seine Lehrer waren, ist

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