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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung (9) — 1875

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April (No. 37 - 49)
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https://doi.org/10.11588/diglit.41571#0147
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Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag,
,nd Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen Be-
stellungen an.

mMkingkl
AmrsverkündigungsökalL für den Amis- und

Mtsgerichisöczirk Schwetzingen.

Badische Hopfen;eit»»g.

Viertcljährl. Adannemtni
SUr'r Wochenbl tt 1 Mark
Lv Pfennige.
Unterh-ltnnßSdlatt
35 Pfennige.
Inserate:
die »iergespaltene G»r-
„»ndzcile »der deren »tau«
12 Pfcunige.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Nyeinysalz.
Expedition Druck und Verlag der C. W. Moriel! 'schen Buchdruckerei in Schwetzingen

M. 37._ _ Donnerstag, 1. April 1875. IX. Jahrgang
Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Buveaux von Haasenstein L Kogler, Rudolf Molle und K. L. Pauke äk Ho., Süddeutsche Annoucen-Hrpedii»«
von K. Ht-Khardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Men, Zürich, Basel und Strastburg, sowie das ALger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M

Deutsches Reich.
Die Reise unseres Kaisers zum Besuche des Königs
Viktor Emanuel ist definitiv auf künftigen Mai festgesetzt.
Wenn damit dem Anschein nach nur ein Alt der Höflichkeit
erfüllt wird — Erwiederung des früheren Besuchs des
Königs von Italien —- so kann es doch wohl keinem Zwei-
fel unterliegen, daß die Stellung beider Reiche zum päpst-
lichen Stuhle, namentlich aber zu einer eventuellen Papst-
wahl, Gegenstand mancher Besprechung werden wird. Diese
Fragen greifen zu tief in die Lebensbedingungen Deutsch-
lands und Italiens ein, als daß sie bei dieser Monarchen-
begegnung unbeachtet bleiben sollten. — Wir dürfen hoffen,
daß sich trotz aller Verschiedenartigkeit der bisher von der
deutschen und der italienischen Politik gegenüber Rom ein-
geschlagenen Richtung bei diesen Besprechungen eine genügende
Gemeinsamkeit der Interessen und vielleicht selbst der Ziele
Herausstellen wird, um die italienische Regierung zu veran-
lassen, wenigstens dem künftigen Papste weniger Handhaben
zur Beruhigung anderer Staaten zu gewähren, als dies
Pio nouo gegenüber geschehen ist.
— Es darf als sicher betrachtet werden, daß Fürst
Bismarck den Kaiser auf der projektirten Reise nach Ita-
lien begleiten wird, sofern überhaupt von feststehenden Ent-
schlüssen bei diesem von dem Gesundheitszustände des Kaisers
und des Reichskanzlers abhängigen Vorhaben dieRede sein kann.
— Ein im „Reichsanzeiger" veröffentlichter Erlaß des
Kaisers vom 24. d. an den Reichskanzler spricht den
Dank des Kaisers für die zahlreichen Glückwünsche freudig
ansprechenden Inhalts aus, die er aus allen Theilen Deutsch-
lands, von jenseits der Grenzen und aus außereuropäischen
Ländern erhalten und die er als Beweise ihm persönlich
geltender Theilnahme nicht ohne tiefe Rührung zu überblicken
vermöge und die ihn zugleich erfrischten durch das wohlthu-
ende Bewußtsein, das er daraus schöpfte.
— Der Kaiser hat dem Landgrafen Friedrich Wil-
helm von Hessen das Prädikat „Königliche Hoheit"
beigelegt und zugleich genehmigt, daß der jedesmalige Erst-
geborene eines Landgrafen von Hessen auch schon bei Leb-
zeiten seines Vaters das Prädikat „König!. Hoheit", die
nachgeborenen Prinzen und Prinzessinnen aber den Titel
„Hoheit" führen.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben -ich unter
dem 9. Mürz d. I. gnädigst bewogen gefunden, dem Seminarlehrer
Johann Franz Flink in Meersburg das Ritterkreuz zweiter Klasse Höchst-
Jhres Ordens vom Zühringer Löwen zu verleihen.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben Sich gnädigst
bewogen gefunden, dem Kaufmann Theodor Gärtner in Mannheim die
unterthänigst nachgesuchte Erlaubniß zur Annahme und zum Tragen

des ihm von Sr. Majestät dem Kaiser von Oesterreich verliehenen Ritter-
kreuzes des Franz-Joseph-Oldcns zu erth-il-n.
Seine Königliche Hoheit der Groß Herzog haben Sich unter
dem 15. März d. I. gnädigst bewogen gefunden, dem Untcrerheber
Claudius Trost in Donaueschingen die silberne Verdienstmedaille zu
Verleihen.
Baden. Im Freiburger „Katholischen Kirchenblatt"
ist zu lesen, vaß der Fürst Löwcnstein, ein Verwandler des
Königs von Bayern und des Kaisers von Oesterreich, den
Neupriester Pfender, zuletzt in Hardheim, im Gefängniß zu
Wertheim besucht hat, um ihm seine Sympathie auszudrücken.
Es ist jedenfalls kein erfreuliches Zeichen, wenn der Ungehor-
sam gegen das Staatsgesetz von deutschen Skandesherrn in
dieser Weise aufgemuntert und ermulhigt wird.
— Die Stadtverordneten wählen in Mann-
heim werden am 15. und 16. April mit der Wahl der
Klaffe der Niederstbesteuerten ihren Anfang nehmen. Die
Klasse der Mittelbesteuerten wird am 21. April, diejenige
der Höchstbesteuerten am 28. April stimmen.
— Für viele Leser dürfte die Mitlheitung einiges In-
teresse haben, daß nach den statistischen Erhebungen im Jahre
1873 innerhalb des Großherzogthums 424 Brand fälle
vorkamen, welche sich auf 317 Gemeinden vertheilen und
1017 Gebäude beschädigten. Letztere gehörten 912 Personen,
die theils Von der Generalbrandkasse, Iheils von Privatver-
sicherungs-Gesellschaften 740,643 fl. E.-itschädigungsgelder für
Schaden an Gebäuden erhielien, während an 648 Personen
Brandschaden von Fahrnissen vergütet wurde im Betrage von
zusammen 365,507 fl. In 28 Brandfällen lag Brand-
stiftung vor, in 40 Fällen wurde der Brand durch Kinder
verschuldet.
— Dem Neupriester Karl Fehrend ach in Grießen
sollte kürzlich gepfändet werden, weil er die über ihn wegen
Ausübung kirchlicher Funktionen verhängten Strafen von
150 Mark und 50 Mark nicht bezahlte. Da das Dienst-
personal nichts zu pfänden vorfand, zog dasselbe wieder ab
mit dem Bewußtsein, seine Pflicht erfüllt zu haben. Die
Abführung dürfte nun nicht mehr lange auf sich warten
lassen.
— Am Mittwoch, 31. d., wurde in Säckingen über
die Einführung der gemischten Volksschule abgestimmt.
Resultat noch unbekannt.
— Das Präsidium des bad. Volkss ch u l lehrer-
vereins, die Herren Riegel in Heidelberg u id Müller
in Neckarbischofsheim, sowie die Redaktion der „Bad Schul-
zeitung", Herr Hug in Mannheim lassen auch für da§
laufende Jahr wieder eine Preisbewerbung eintreten
indem für die sechs besten Originalarbeitm folgende Preise
angeboten werden: Einer zu 60 Mark, einer zu 50, zwei

zu je 40 und zwei zu je 30 Mark. Die Wahl de» zu be-
handelnden Themas bleibt den Preisbewerbern freigegeben
und cs wird als äußerste Frist zur Einsendung der Arbeiten
der 31. August festgesetzt.
Stuttgart, 30. März. Der „StaaiSanzeiger" de-
meutirt in einem offiziösen Artikel die Behauptung der „Köln.
Ztg.", daß Bischof Hesele sich den vatikanischen Beschlüs-
sen nicht unterworfen ha^en würde, falls die württemdergi-
sche Regierung ihm ihren Schutz zugesichert hätte. Das Ge-
such um Zulassung von Schulschwestern an einem ka-
tholischen Erziehungsinstitute in Stuttgart wurde zurückge»
zogen.
München, 27. März. Die Mittheilung der „Donau-
zeitung" , wonach der Kardinal Fürst Hohenlohe der
Kandidat ver bayerischen Negierung für den erzbischöflichen
Stuhl in Bamberg wäre, entbehrt, wie das „Süddeutsche
Korrespondenzbureau" meldet, jeder Begründung und ist als
eine lediglich Parieizwecken dienende Erfindung zu bezeichnen.
Fulda, 30. März. Für die Konferenz werden
heute neun preußische Bischöfe erwartet. Sie steigen bei
den Domkapitularen ab. Die geheimen Sitzungen finden
nicht, wie früher, in dem jetzt geschloffenen Priesterseminar,
sondern bei einem Domkapitular statt. Muthm-rßlicher Be-
rathungsgegenstaud ist das Gesetz über die DotationSeittzie-
hung. Unverbürgtem Vernehmen nach wären die Intentio-
nen der Bischöfe persönliche.
Berlir», 19. März. DaZ kaiserl. General-Postamt
veröffenilicht folgende Warnung: Im innern Postbctricbe gibt
eS besondere Freimarken früher zu 10 und 30 Silbergroschen,
jetzt zu 2 Mark, welche nicht an das Publikum verkauft werden.
Gleichwohl befinden sich, wie neuerdings mehrere Fälle gezeigt
haben, von diesen Freimarken einzelne Stücke im öffentlichen
Verkehre, wo sie als Geldeswerth zur Begleichung kleiner
Geldbeträge umlaufen, bis sie schließlich zur Frankirung von
Postsendungen benutzt werden. Derartige Freimarken, welche
nur durch Mißbrauch in Umlauf gekommen sein können, sind
in den Händen des Publikums völlig werthlos; dieselben
werden von den Postanstolten okne Vergütung angehalten.
Das Publikum wird daher zur Vermeidung von Schaden ge-
warni, Freimarken der Reichs-Postoerwaltung zn 10 und 30
Silbergroschen und jetzt zu 2 Mark in Umlauf zu setzen oder
als Geloeswerth in Zahlung zu nehmen. Ferner erlaß, ge-
nanule Behörde folgende Bekanntmachung. die unzulässige
Verwendung der aus Briefumschlägen ausgeschnittenen Frauco-
stcmpel zur Frankirung betreffend. Die Verwendung der aus
gestempelten Briefumschlägen ausgeschnittenen Francostempel
zur Frankirung von Postsendungen ist nicht zulässig. Dagegen
können von jetzt an verdorbene gestempelte Briefumschläge,

Feuilleton.
Are Ließe kennt keine Grenze.
Novelle von W. M.
(Fortsetzung.)
Gehen wir unterdeß nach der Försterwohnung zurück.
Die Oberförstin hatte ein Gebetbuch herbeigeholt und
la» aus demselben eine Bitte für den Kranken.
Benno beobachtete seine Mutter, während sie las. Ein
wehmüthiges Lächeln spielte um seine Lippen.
Das Gebet war zu Ende gelesen. Die Oberförstin legte
das Buch bei Seile und ließ ihre Blicke wieder über ihren
Sohn gleiten. Ihr Blick begegnete dem seinigen.
„Willst Du erwaS, mein Benno?" fragte sie thcil-
nehmend.
„Nein, meine gute Mutier", antwortete er.
„Hast Du Schmerzen?"
„Wenig, Mutter, es ist mehr Brennen .... Ich glaube
überhaupt, ich könnte heute schon wieder ausgehen."
„Aber Benno!"
„Nun, nun, Mütterchen — es geschieht nicht. . > habe
nur kein Bangen."

„Das Sprechen strengt Dich doch nicht etwa an?"
„WaS Du denkst, Mutter. Ich will sogar plaudern.
Das Daliegen ist keine angenehme Beschäftigung."
Dann kannst Du mir ja wohl sagen, wer die junge
Dame auf dem Gute ist!"
„Du meinst Felice Manteau?"
»Ich glaube, so heißt sie."
Die etwas matten Züge Benno'S belebten sich.
„Sie ist die Tochter eines reichen Fabrikanten in Mül-
hausen, der in der Nähe von Guebweiler ein prächtiges Be-
sitzthum als Sommeraufenthalt hat. Wir hatten von der
Försterei HofmannZ bis nach dem Vogesenschloß, wie wir
das schloßähchjich gebaute Gut immer nannten, ungefähr zwei
Stunden. Ich habe mich oft mit Felice unterhalten und in
ihr ein eigenthümliches Wesen kennen gelernt, in der deutsches
und französisches Blut gemischt ist. Die deutsche Gründlich-
keit im Wissen und Können geht mit dem leichten, französi-
schen und gewandten Benehmen Hand in Hand. Wegen
ihrer Gründlichkeit habe ich sie achten und schätzen gelernt.
Meist jedoch lebten wir Beide auf Kriegsfuß mit einander,
denn Felice will durchaus eine Französin sein, während sie
doch im Grunde genommen eine Deutsche ist."
»Me Deutsche?"

„Sicher! . . . Nicht wahr, sie hat auch Dir gegenüber
alles Ernstes behauptet, daß sie eine echte Französin sei?"
„Allerdings!"
„Ich dachte cs mir schon; ich kann Dir aber versichern
und habe es von Hofmcnn mehr als einmal wiederholen
hören, daß sich der Großvater Felices sogar noch deutsch
„Mantel" genannt habe. Felice ist das einzige Kind; die
Mutter ist frühzeitig gestorben und so ist sie unter französi-
schen Gouvernanten erzogen und in einem französischen Pensio-
nat äußerlich vollständig französirl worden."
„Sie sagte ja aber, daß sie in einem deutschen Pensionat
mit Anna v. Hohenheim befreundet worden sei."
„Ist auch richtig, Mutter. Der Vater Felices ist im
Grunde genommen noch deutsch und hat deshalb Felice auch
noch eine deutsche Bildung angedeihen lassen."
Auf dem Hof der Försterei schlugen die Hunde an.
„Da kommt das gnädige Fräulein mit seinem Besuch!"
sagte die Oberförsterin in einer gewissen freudigen Aufregung,
als sie vom Fenster zurücktrat und ihren Sohn anblickte.
„Soll ich die Damen empfangen?"
„Nun, sie werden doch wohl keinen Krankenbesuch machen,
sondern nur spazieren gehen wollen.... indeß. Du kannst
ja sehen, was sie wünschen. Gehe nur hinab."
 
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