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des Auges, von Bitdern im künstlich hergestellten optischen Apparat spricht,
die kein bleibendes Dasein haben.
Das Gemalte wird nicht unter allen Umständen, nicht unbedingt:
»Gemälde« genannt. Ziemlich allgemein verlangt man vom Gemälde nahezu
in erster Linie einen gewissen Kunstwert, der recht verschieden sein
kann, je nach der Zeit und dem Ort der Entstehung. Eür ein Gemälde
heutigen Datums aus Abyssinien liegen ja ganz andere Bedingungen vor, als
für ein Bild, das in einem hochstehenden Zentrum, wie Paris, London,
Wien, Berlin, München, Newyork usw. entstanden ist. Florenz im lö. Jahr-
hundert ist etwas anderes als das heutige Florenz. Cimabue hat zu seiner
Zeit andere Bedingungen des Schaffens vorgefunden, als viel später Cornelius,
Führich, Overbeck: wieder andere Bedingungen waren gegeben für einen
Feuerbach, einen Makart, einen Max Klinger, Gustav Klimt, Fferni. Prell.
Der Kunstwert aber ist nur zu erkennen durch Vergleichung mit dem,
was in den Zeiten vor dem Schaffen des Einen oder Anderen vorhanden
war, durch Vergleichung mit dem, was er gesehen haben mußte. Die
Besten stehen hoch über der allgemeinen Kunststufe ihrer Zeit und ihres
Ortes. Die Mindesten aus den geringwertigen Kunstperioden nähern sich
in ihren Arbeiten dem, was man lieber »Gemaltes« oder »Gepinsel« statt
Gemälde nennen möchte.
Daß »Kunst« sprachlich und dem Sinne nach von Können her-
stammt, ist nicht zweifelhaft, hn weiten Sinn des Wortes ist Kunst ein
Können, über das gleichzeitig nicht viele verfügen. Das treffliche Können
führt nun entweder zur Kunstfertigkeit (handwerklichen Geschicklich-
keit) oder zum wirklichen Kunstschaffen, bei dem wir die mitarbeitende
Tätigkeit der regen Einbildungskraft mit Recht herkömmlicherweise
voraussetzen. Der ganze Gedankengang führt auch darauf, daß wir vom
Kunstwerk Eigenart verlangen. Nachahmen ist eben zumeist keine Kunst.*)
Das künstlerische Malen wäre also eine andauernde menschliche
Tätigkeit, die zu einem bleibenden Kunstwerk führt, das in Farben auf
einer Fläche ausgeführt ist. Und ein solches Kunstwerk heißt ein Ge-
mälde.
-X- *
*
Eine geordnete Summe von Kenntnissen über mannigfache Gemälde
läßt sich nun ganz wohl als Gemäldekunde ansprechen. Trügeich nicht
die begreifliche Scheu, neue Fremdwörter zu bilden, so würde ich diese
Wissenschaft Pinako!ogie.(von TrUaS, das Gemälde) nennen, in Nach-
ahmung der Ausdrücke: Zoologie, Mineralogie, Psychologie und ähnlicher.
Unbedingt ist die Trennung des Faches ebenso wissenschaftlich berechtigt,
*) Hiezu mein Heit ^Zur Kunstphiiosophie^ (1909).
des Auges, von Bitdern im künstlich hergestellten optischen Apparat spricht,
die kein bleibendes Dasein haben.
Das Gemalte wird nicht unter allen Umständen, nicht unbedingt:
»Gemälde« genannt. Ziemlich allgemein verlangt man vom Gemälde nahezu
in erster Linie einen gewissen Kunstwert, der recht verschieden sein
kann, je nach der Zeit und dem Ort der Entstehung. Eür ein Gemälde
heutigen Datums aus Abyssinien liegen ja ganz andere Bedingungen vor, als
für ein Bild, das in einem hochstehenden Zentrum, wie Paris, London,
Wien, Berlin, München, Newyork usw. entstanden ist. Florenz im lö. Jahr-
hundert ist etwas anderes als das heutige Florenz. Cimabue hat zu seiner
Zeit andere Bedingungen des Schaffens vorgefunden, als viel später Cornelius,
Führich, Overbeck: wieder andere Bedingungen waren gegeben für einen
Feuerbach, einen Makart, einen Max Klinger, Gustav Klimt, Fferni. Prell.
Der Kunstwert aber ist nur zu erkennen durch Vergleichung mit dem,
was in den Zeiten vor dem Schaffen des Einen oder Anderen vorhanden
war, durch Vergleichung mit dem, was er gesehen haben mußte. Die
Besten stehen hoch über der allgemeinen Kunststufe ihrer Zeit und ihres
Ortes. Die Mindesten aus den geringwertigen Kunstperioden nähern sich
in ihren Arbeiten dem, was man lieber »Gemaltes« oder »Gepinsel« statt
Gemälde nennen möchte.
Daß »Kunst« sprachlich und dem Sinne nach von Können her-
stammt, ist nicht zweifelhaft, hn weiten Sinn des Wortes ist Kunst ein
Können, über das gleichzeitig nicht viele verfügen. Das treffliche Können
führt nun entweder zur Kunstfertigkeit (handwerklichen Geschicklich-
keit) oder zum wirklichen Kunstschaffen, bei dem wir die mitarbeitende
Tätigkeit der regen Einbildungskraft mit Recht herkömmlicherweise
voraussetzen. Der ganze Gedankengang führt auch darauf, daß wir vom
Kunstwerk Eigenart verlangen. Nachahmen ist eben zumeist keine Kunst.*)
Das künstlerische Malen wäre also eine andauernde menschliche
Tätigkeit, die zu einem bleibenden Kunstwerk führt, das in Farben auf
einer Fläche ausgeführt ist. Und ein solches Kunstwerk heißt ein Ge-
mälde.
-X- *
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Eine geordnete Summe von Kenntnissen über mannigfache Gemälde
läßt sich nun ganz wohl als Gemäldekunde ansprechen. Trügeich nicht
die begreifliche Scheu, neue Fremdwörter zu bilden, so würde ich diese
Wissenschaft Pinako!ogie.(von TrUaS, das Gemälde) nennen, in Nach-
ahmung der Ausdrücke: Zoologie, Mineralogie, Psychologie und ähnlicher.
Unbedingt ist die Trennung des Faches ebenso wissenschaftlich berechtigt,
*) Hiezu mein Heit ^Zur Kunstphiiosophie^ (1909).