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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 5.1914-1915

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Nummer 17/18 (Erstes und zweites Dezemberheft 1914)
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Behne, Adolf: Deutsche Expressionisten: Vortrag zur Eröffnung der neuen Sturm-Ausstellung
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Kohl, Aage von: Der Weg durch die Nacht [20]: Roman
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https://doi.org/10.11588/diglit.33880#0118

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ziehungen. Er kam hierbei bereits atis innerer Not-
ven-digkeit zu jetier Vieideutigkeit der Forrn, die
nur bei ihm noch einen Rest von Materiaiismus hat.

Also fassen wir zusammen: Expressionismus
bezeichnet das Ziei. Die moderne Kunst wiH eine
Kunst des Ausdruckes sein. Kubismus bedeutet die
Sprache, deren sich vieie Expressionisten, nicht
aüe, bedierrcn. Futurismus ist ein Name fiir Qefiihis-
strömungen, die die Roiie des Anregers gespieit
haben.

Nun aber möchte ich Ihrem Qenuß an den ein-
zehten Biidern nticht iänger im Wege stehen.

Gedichte

August Stramm
Zwist

Callen foltcrm bäumen lösen
Knirschen zürnen meiden Haß
Ziftern stampfen schäumen grämen
Suchen beben forscheu bang
Wjenden zagen schaueu langen
Stehen rühren seufzen gehn
Streicheln klagen
Kosen schelten
Schämen schmäht
Und

Fliehen wirbt
Schmiegen wehret
Armen sträubet
Quälen küßt
Veergessen
Vergessen
Lacht!

Traum

Durch die Büsche winden Sterne
Augen tauchen blaken sinken
Flüstern plätschert
Blüten gehren
Düfte spritzen
Schauer stürzen

Winde schnellen prellen schwellen
Tücher reißen

Fallen schrickt in tiefe Nacht.

Erhört

Das Hauchen weht
Und

Wirft die Widerstände
Das'Wehen bebt
Und

Schüttelt Halt zu Boden
Das Hauchen braust
Und

Wirrt die wühle Tiefe
Das Brausen schwirrt
Und

Schluchzt das Herzblut auf.

Das Hauchen stürmt
Und

Keißt die Zeit in Ewig
Das Stürmen stürzt
Und

Wirbelt in das Nichtsein!

Du

Haucht

Das

D,u!

Und

Hauchen Hauchen

Hauchen

Stürmet

Du!

Mondscheln

Bleich und müde

Schmieg und weich

Kater duften

Blüten graunen

Wasser schlecken

Winde schluchzen

Scheiu entblößt die zitzen Brüste

Fiihlen stöhnt in meine Hand.

Seimen

Die Hände strecken

Starre bebt

Erde wächst an Erde

Dein Nahen fernt

Der Schritt ertrinkt

Das Stehen jagt vorüber

Ein Blick

Hat

Ist!

Wahnnichtig

Icht!

Wiedersehen

Dein Schreiten bebt
In Schauen stirbt der Blick
Dcr Wind
"Spielt

Blasse Bänder.

Du

Wendest

Fert!

Den Raum umwirbt die Zeit!

Heimlichkeit

Das Horchen spricht
Qluten klammen
Schauer schielen
Blut seufzt auf
Dein Knie lehnt stiH
Die heißen Ströme
Brausen
Heiß

Zu Meere
Und

Unsere Seelen
Rauscheu
Ein
In

Sich.

Schwermut

Schreiten Streben
Leben sehnt
Schauern Stehen
Blicke suchen
Sterben wächst
Das Kommen
Schreit!

Tief

Stummen

Wir.

Verzweifelt

Droben schmettert ein greller Stein
Nacht graut Qlas
Die Zeiten stekn
Ich

Steine.

Weit

Qlast

Du!

Der Weg
durch die Nacht

Roman

Aage von Kohl

SchiuS

Er rast dahiu, da draußen in der Dunkeiheit,
weiß schon iäugst, daß er zu spät kommen wird,
um ihr Leben zu retten, jawohl, aber den Mörder
will er errcichen, fort, er wili seiue Kuocheu in
den Adern dieses Mannes begraben — in den Ein-
geweiden dieses Tieres wili er von oben bis unten
baden!

Schäumend stürmt er dahin.

Unterscheidet jetzt d a s dort in der Nacht.

Eine Spitzenfiagge schimmert dicht über dem
schwarzen Erdboden.

Kari Mumme steht da auf gespreizten Beinen;
nngeheuer, das Messer rot fiammend in der Rech-
ten — ein Riese!

Einen Augenbiick umfängt Qiaß die Angst, daß
er fiiehn könnte — er strengt daher seinen Sturm-
Iauf noch mehr an, schreit ihm atemios während-
dessen zu —: Komm heran, jetzt gilt es dich und
mich! Komm heran, jetzt wiii ich totschiagen. wie
nie zuvor jemand! . . .

Afumme hat mit einer Schuiterbewegung Front
gemacht, die Zähne ihm entgegen.

Er schwingt seine Waffe mit einem Qrinsen da
oben in der Luft, die mächtigen Arme haben sich
geöffnet, um zu zermaimen!

Aber da ist Morton im seiben Nu bei ihm —:

Trifft von unten- her mit gebailter Hand seinen
Kiefer, liuks, mit einem Krachen, dann den rech-
ten.

Und ehe noch der andere mit einem QebrüII
sein Messer in einem pfeifenden Hieb gesenkt hat
— ist Qlaß blitzscbnell einen Schritt zurückge-
wichen, duckt sich zusammen.

Stürzt nun wieder vorwärts, wird diesmal
brennend ani Ohr von der Klinge gestreift, gelangt
jedoch von neuem dazu, seine Faust in Mummes
Schläfe hineinzudonnern — ist ihm gleichzeitig
hart auf dem Leibe, der Schädel als Sturmbock
rmter dem breiteu Kinn hinauf, die Arme in einem
zermalmenden Qriff um seinen Körper herumge-
schiossen . . . es knackt gedämpft da drinnen!

Er unterscheidet iiber seinem Kopf das Fauchen
des keuchenden Atems. Spiirt die Messerspitze,
die verwirrt in seinen Schuitern und seinem
Rücken wüiiit. Spannt nurnoch gewaitsamer den
Eisengürtei seiner Umarmung zusammen!

Dumpf stöhueud, auf tief tretendeu Absätzen
bewegen sici) die beiden — zu E i n e m zusam-
mengekiammert — in winzig kieinen, schieifenden
Schritten.

Die Brustkasten krachen, und das Qras zischt
taufeucht da unten.

Dnnkeiiieit saust und sprüht um sie her.

Rache!

In seinen Naseniöchern spürt Morton den Qe-
stank von Kari Mummes Schweiß, von seinern zu-
sammengeschnürten, todkämpfeuden Fieisch —
mitteu darm ein Biumenhauch von dem Duft aus
Annies Qewand, das er berührt hat . . . und da
wächst mit einem Ruck seine Kraft ungeheuer,
durch seine Afuskehr sprengt ein steinhartes und
mächtiges Schweiien heraus —: jetzt! jetzt soii es
geschehen! ich wili seine Rippen zertrümmern, bis
sie ais Nadeln durch seine Lungen mid sein Herz
hiiidurch spritzen:

J e t z t! . . .

Und da schraubt sich seine Umarmung, eine
Stahlzange, noch dichter zusammen — rund
 
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