Die Magd trat ein. Peter starrte das Mädciien
mit biinden, hervorqueiienden Augen an. Man
konnte dem Mädchen ansehen, es habe inzwischen
geschiaten, seine Augen biinzeiten in dem heüen
Licht. Das Hemd des Mädchens war nun auch in
Unordnung, doch ietzt hing es von der anderen
Schuiter hinab und ats das Mädchen mit einer un-
wiiiküriichen Bewegung den Arm hob, um das
Hemd zurückzuschieben, sah Peter den gebräunten
praiien runden Bttsen und die dunkie Achseihöhie.
Schiaftrunken trug die Magd die Tasse hinaus
und Peter verfoigte sie mit den Augen wic ein ner-
vöser Jagdhund, während er zugteich ganz unbe-
wußt in die Karten sah.
„Aber Liebster!" sagte das Frauchen und zog
ihn bei den Haaren. „ du wirst doch nicht Atout
ausspieien," und mit iiebiichem.weibiichem Qerech-
tigkeitsgefühl nahm sie auch gteich die schon aus-
gespiette Karte zurück.
„Atso, spiet dn setbst," riefPeter aus und schob
die Karten seiner Frau zu. Er wurde rot, weit sie
ihn beschämt hatte, sein Qesicht gtühte und er
mußte sich abwenden. um seine Qeniertheit zu ver-
bergen.
Lächetnd übernahm die kteine Frau die Karten,
Peter aber machte sich fort. Er warf den Hut auf
den Kopf und ging hinaus.
Ats er den tangen Korridor enttang ging, btieb
er plötztich stehen. Seine Brust schnürte sich zu
zusammen, daß er dem Ersticken nahe war.
Das Dienstmädchen kam aus der Küche zurück,
wohin es das Qeschirr getragen hatte, und öffnete
nun die Türe des Dienstbotenzimmens, um schtafen
zu gehen.
Diese Stube war früher eine Kammer gewesen;
war erst jetzt für die Magd hergerichtet worden,
weii sich in dem gesondert stehenden Qesindehaus
kein Ptatz iand. Man brauchte das Mädchen auch,
und so schiief es hier aHein, — bei der Hand —.
„Susi!" rief Peter und wußte nicht einmai, was
er mit zitternder Stimme sprach. „Warten Sie!"
Er sprang zur Türe hin, auf den Fußspitzen
zwar, aber dennoch totldreist, denn die große Ace-
tylentampe der Veranda beleuchtete den ganzen
Gang. Man hätte ihn sehen müssen, wenn man
ihm nachgeblickt hätte.
Das Mädchen duckte sich furchtsam und er-
schrocken in die Türe.
„Ich wiH etwas," Iispelte Peter und sein ganzer
Körper erzitterte so stark, daß er fast in Schweiß
ausbrach. Er drängte das Mädchen zur Türe hin-
ein.
AIs er später hinaus kam, gähnte er, schaute
auf den Himmel, streckte sich, bog das Kreuz und
ließ die Rippen unter den Fingern krachen. Er
trat hinunter in den Kot, ging eine Weile in der au-
genehmen kühlen Luft umher und rauchte sich eine
Zigarre an.
„Es ist eine schöne Nacht," sagte er und lausch-
te dem Qestampfe der Rosse, das vom anderen
Hofe herüber drang.
AIs er sich genügend abgekühlt, beruhigt hatte,
ging er auf die Veranda zurück.
Er schaute den Spielern ein Weilchen zu, doch
widerte ihn ihr Lachen an, er verachtete ihre nich-
tige, durch die Karten verursachte Aufregung und
sagte einfach, phlegmatisch:
„Nun, mein Kind, gehen wir nicht schlafen?"
Die kleine Frau bentitzte rasch die Qelegenheit.
Sie hatte schon ein paar Qulden gewonnen und
wäre damit geme geflüchtet.
„Qehen wir, mein Alterchen, gehen wir."
„Dann gute Nacht." Qelassen, ohne jeden Neben-
gedanken reichte er den Männem die Hand.
„Brr, wie müde bin ich," sprach er dann im
Schlafzimmer, den Rock von sich werfend, „wie
müde man sich wegen eines solchen lumpigen
Hasen macht."
„Mein armes Männchen," erwiderte die Frau
unter der leichten Sommerdecke. „Komm, laß dir
einen Kuß geben."
Peter hielt ihr die Stime hin und dachte daran,
der Schaffner sei doch ein Schuft und betrüge ihn
ganz bestimmt. Er verrechnet täglich dreißig Tag-
löhner, aber es befanden sich nicht soviel Arbeiter
draußen, als sie auf der Jagd an dem Maisfelde
vorübergekommen waren.
Einzigautorisierte Übertragung von Stefan I. Kiein
Die Träume
Dichtungen
Kurt Heynicke
Ich ruh in tief verglastem Meer
und alle Qassen der versunknen Stadt
vorüber.
In sohlanken Händen toller Freudenhäuser
blitzt Qold
und ihren Schatten steht ein Lächeln im Gesicht.
Im Flafen starrt der Chor der vielen Segel
mit fremden Augen
flutversinkend
in den Mecrcn.
Ein Brunnen schluchzt auf lautem Markte.
Dort schöpft ein Qreis
alt
wie der letzte Schlag der Mitternacht
die Stunden aus dem Tage.
Ich fühlte
morgen bin ich alt wie er
Ja morgen
Klingen mir die Dome dieser Stadt.
Rings ernste Teppiche an den Wänden.
Seit tausend Jahren
sehen sie die Nächte östlicher Lust
flammend
wie Feuer in der Wüste.
Unter der gelben Lampe vertobte der heiße Wind
Küsse
die Karawanen verschütten.
Die Sklavin nimmt die Hand von meinem Leibe
ich hüHe meine Hüften stumm in grüne Seide
hinbettend
in die Qual der toten Augen,
Die weißen Monde reiten über Nacht
und vielen Sterne
haben selbe Qebärde:
Sie lächeln ewig
wenn ich weine.
Mein Stab sind die Himmel
und ich wiH gehen bis zur Morgenwache,
Still liegt die braune Brust des Weibes.
Ihr Traum trinkt Ruhe
wie die Quellen
Winters
im Norden.
Floch über Tannen
blühendes Licht
Ich peitsche meinen Rappen
und reite mein Blut tot.
Nur Gletscher wehen mir zur Seite
Kalt ist die Erde
wie mein WoIIen
Ich hebe meine Hände
Sieg
zu schlagen
und
bebe tastend erdenwärts.
Denn zwischen Pferdehals und Schenkeln
meine Fessel aus den Jahrhunderten:
Weib!
Das irgend-du
ist groß und hat so ferne Lippen.
Und meine Träne fühlt
daß ich nicht mehr bin
und mir von den Schultern gleite
wie die jungen Jahre.
Inhaitsverzeichnis
FünRer )ahrgang
Zweiies Haibjahr 1914/15
Beiträge Numrner Seite
Adoh Behne
Deutsche Expressionisten 17/18 114
Expressionistische Archltektur 19/20 135
Aibcrt Ehrenstein
Erkenntnis 19/20 135
Oesterreichische Prosa 13/14 98
Hermann Essig
Ein Weitereignis 15/16 108
Kurt Heynicke
Gedichte 13/i 4 93
Oedichte 19/20 134
Qedichte 23/24 156
Träume 23/24 159
Adoit Knobiauch
An die Gefährten 17/18 121
Die schwarze Fahne 19/20 127
Die schwarze Eahne 21/22 142
Die schwarze Fahne 23/24 156
Eriihe Gedichte 21/22 139
Kranz der Heimat 19/20 126
Aase von Kohi
Der Weg durch die Nacht / Roman
13/14
93
15/16
110
17/18
115
Die Hängematte des Riuge
15/16
102
Desider Kosztolanyi
Der Detektiv
19/20
132
Der fette Richter
17/18
121
Hochzeit
21/22
138
Ernst Wiiheim Lotz
Gedichte
19/20
132
August Macke
Die Masken
23/24
157
Zsigmond Moricz
Episode
23/24
158
Mynona
St — eine Aigebraeske
21/22
140
August Stramm
Erwachen
13/14
96
Gedichte
15/16
106
Gedichte
17/18
115
Gedichte
19/20
128
Gedichte
21/22
138
Kräfte
23/24
150
Herwarth Waiden
August Macke
21/22
138
Enthüiiungen
17/18
123
Kritiker
23/24
150
Kunstvorsteher
19/20
134
Rausch des Künstlers und des Nicht-
künstiers
15/16
111
Theater
21/22
143
Paui Zeeh
Das Vorgesicht 19/20 128
Zeichnungen
Vincenc Benes
Linoteumschnitt
13/14
89
Campendonk
Zeichnung
15/16
101
Jacoba van Heemskerck
Originatholzschnitte
15/16
105
Originaiholzschnitte
23/24
149
Originalholzschnitte
23/24
153
Originatholzschnitte
23/24
155
Stilleben / Holzschnitt
19/20
125
Viatisiav Hofman
Gartenpaviifon / Linoleumschnitt
17/18
119
Monumentaigebäude
13/14
94/95
Oskar Kokoschka
Zeichnung
17/18
113
August Macke
Originaizeichnuntg
21/22
137
Cari Mense
Originaiiinoieumschnitt
19/20
129
Originaiiinoieumschnitt
21/22
141
Originallinoieumschnitt
21/22
143
L. Waehimeier
Originaltinoteumschnitt
15/16
107
Originaiiinoieumschnitt
19/20
131
!59
mit biinden, hervorqueiienden Augen an. Man
konnte dem Mädchen ansehen, es habe inzwischen
geschiaten, seine Augen biinzeiten in dem heüen
Licht. Das Hemd des Mädchens war nun auch in
Unordnung, doch ietzt hing es von der anderen
Schuiter hinab und ats das Mädchen mit einer un-
wiiiküriichen Bewegung den Arm hob, um das
Hemd zurückzuschieben, sah Peter den gebräunten
praiien runden Bttsen und die dunkie Achseihöhie.
Schiaftrunken trug die Magd die Tasse hinaus
und Peter verfoigte sie mit den Augen wic ein ner-
vöser Jagdhund, während er zugteich ganz unbe-
wußt in die Karten sah.
„Aber Liebster!" sagte das Frauchen und zog
ihn bei den Haaren. „ du wirst doch nicht Atout
ausspieien," und mit iiebiichem.weibiichem Qerech-
tigkeitsgefühl nahm sie auch gteich die schon aus-
gespiette Karte zurück.
„Atso, spiet dn setbst," riefPeter aus und schob
die Karten seiner Frau zu. Er wurde rot, weit sie
ihn beschämt hatte, sein Qesicht gtühte und er
mußte sich abwenden. um seine Qeniertheit zu ver-
bergen.
Lächetnd übernahm die kteine Frau die Karten,
Peter aber machte sich fort. Er warf den Hut auf
den Kopf und ging hinaus.
Ats er den tangen Korridor enttang ging, btieb
er plötztich stehen. Seine Brust schnürte sich zu
zusammen, daß er dem Ersticken nahe war.
Das Dienstmädchen kam aus der Küche zurück,
wohin es das Qeschirr getragen hatte, und öffnete
nun die Türe des Dienstbotenzimmens, um schtafen
zu gehen.
Diese Stube war früher eine Kammer gewesen;
war erst jetzt für die Magd hergerichtet worden,
weii sich in dem gesondert stehenden Qesindehaus
kein Ptatz iand. Man brauchte das Mädchen auch,
und so schiief es hier aHein, — bei der Hand —.
„Susi!" rief Peter und wußte nicht einmai, was
er mit zitternder Stimme sprach. „Warten Sie!"
Er sprang zur Türe hin, auf den Fußspitzen
zwar, aber dennoch totldreist, denn die große Ace-
tylentampe der Veranda beleuchtete den ganzen
Gang. Man hätte ihn sehen müssen, wenn man
ihm nachgeblickt hätte.
Das Mädchen duckte sich furchtsam und er-
schrocken in die Türe.
„Ich wiH etwas," Iispelte Peter und sein ganzer
Körper erzitterte so stark, daß er fast in Schweiß
ausbrach. Er drängte das Mädchen zur Türe hin-
ein.
AIs er später hinaus kam, gähnte er, schaute
auf den Himmel, streckte sich, bog das Kreuz und
ließ die Rippen unter den Fingern krachen. Er
trat hinunter in den Kot, ging eine Weile in der au-
genehmen kühlen Luft umher und rauchte sich eine
Zigarre an.
„Es ist eine schöne Nacht," sagte er und lausch-
te dem Qestampfe der Rosse, das vom anderen
Hofe herüber drang.
AIs er sich genügend abgekühlt, beruhigt hatte,
ging er auf die Veranda zurück.
Er schaute den Spielern ein Weilchen zu, doch
widerte ihn ihr Lachen an, er verachtete ihre nich-
tige, durch die Karten verursachte Aufregung und
sagte einfach, phlegmatisch:
„Nun, mein Kind, gehen wir nicht schlafen?"
Die kleine Frau bentitzte rasch die Qelegenheit.
Sie hatte schon ein paar Qulden gewonnen und
wäre damit geme geflüchtet.
„Qehen wir, mein Alterchen, gehen wir."
„Dann gute Nacht." Qelassen, ohne jeden Neben-
gedanken reichte er den Männem die Hand.
„Brr, wie müde bin ich," sprach er dann im
Schlafzimmer, den Rock von sich werfend, „wie
müde man sich wegen eines solchen lumpigen
Hasen macht."
„Mein armes Männchen," erwiderte die Frau
unter der leichten Sommerdecke. „Komm, laß dir
einen Kuß geben."
Peter hielt ihr die Stime hin und dachte daran,
der Schaffner sei doch ein Schuft und betrüge ihn
ganz bestimmt. Er verrechnet täglich dreißig Tag-
löhner, aber es befanden sich nicht soviel Arbeiter
draußen, als sie auf der Jagd an dem Maisfelde
vorübergekommen waren.
Einzigautorisierte Übertragung von Stefan I. Kiein
Die Träume
Dichtungen
Kurt Heynicke
Ich ruh in tief verglastem Meer
und alle Qassen der versunknen Stadt
vorüber.
In sohlanken Händen toller Freudenhäuser
blitzt Qold
und ihren Schatten steht ein Lächeln im Gesicht.
Im Flafen starrt der Chor der vielen Segel
mit fremden Augen
flutversinkend
in den Mecrcn.
Ein Brunnen schluchzt auf lautem Markte.
Dort schöpft ein Qreis
alt
wie der letzte Schlag der Mitternacht
die Stunden aus dem Tage.
Ich fühlte
morgen bin ich alt wie er
Ja morgen
Klingen mir die Dome dieser Stadt.
Rings ernste Teppiche an den Wänden.
Seit tausend Jahren
sehen sie die Nächte östlicher Lust
flammend
wie Feuer in der Wüste.
Unter der gelben Lampe vertobte der heiße Wind
Küsse
die Karawanen verschütten.
Die Sklavin nimmt die Hand von meinem Leibe
ich hüHe meine Hüften stumm in grüne Seide
hinbettend
in die Qual der toten Augen,
Die weißen Monde reiten über Nacht
und vielen Sterne
haben selbe Qebärde:
Sie lächeln ewig
wenn ich weine.
Mein Stab sind die Himmel
und ich wiH gehen bis zur Morgenwache,
Still liegt die braune Brust des Weibes.
Ihr Traum trinkt Ruhe
wie die Quellen
Winters
im Norden.
Floch über Tannen
blühendes Licht
Ich peitsche meinen Rappen
und reite mein Blut tot.
Nur Gletscher wehen mir zur Seite
Kalt ist die Erde
wie mein WoIIen
Ich hebe meine Hände
Sieg
zu schlagen
und
bebe tastend erdenwärts.
Denn zwischen Pferdehals und Schenkeln
meine Fessel aus den Jahrhunderten:
Weib!
Das irgend-du
ist groß und hat so ferne Lippen.
Und meine Träne fühlt
daß ich nicht mehr bin
und mir von den Schultern gleite
wie die jungen Jahre.
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Zweiies Haibjahr 1914/15
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Adoh Behne
Deutsche Expressionisten 17/18 114
Expressionistische Archltektur 19/20 135
Aibcrt Ehrenstein
Erkenntnis 19/20 135
Oesterreichische Prosa 13/14 98
Hermann Essig
Ein Weitereignis 15/16 108
Kurt Heynicke
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Der Weg durch die Nacht / Roman
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Zeichnung
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Jacoba van Heemskerck
Originatholzschnitte
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Originaiholzschnitte
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Originaltinoteumschnitt
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